Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

auf der einen Seite an, wie die Tischler in ih¬
rem Leimtopfe keinen bessern Leim hätten als
was da vor ihnen stehe -- er binde eben so im
Menschen -- doch würd' er für seine Person
ihn lieber mit D. Junker wie Arsenik äußerlich
überschlagen; -- aber er gestand auch auf der
andern Seite, daß der Schabziger für den
Lektor Gift sey. "Ich wollte mich dafür ver¬
"pfänden, (sagt' er,) daß Sie, wenn man Sie
"untersuchen könnte, hektisch wären; die lan¬
"gen Finger und der lange Hals sprechen für
"mich und besonders sind die weißen schönen
"Zähne nach Camper ein böses Zeichen. Perso¬
"nen hingegen, die ein Gebiß haben wie meine
"Frau da, dürfen sicher seyn."

Augusti lächelte und fragte bloß die Dok¬
torinn, zu welcher Zeit man am besten zum
Minister komme.

Solche vergiftende Reflexionen so wie den
Mittags-Katzentisch, gab er nicht aus satyri¬
scher Bosheit sondern aus bloßer Gleichgültig¬
keit gegen andre, auf die er gleich einem
Rechtschaffnen, nie unter seinem Handeln Rück¬
sicht nahm. Mit der Freiheitsmütze des Dok¬

auf der einen Seite an, wie die Tiſchler in ih¬
rem Leimtopfe keinen beſſern Leim hätten als
was da vor ihnen ſtehe — er binde eben ſo im
Menſchen — doch würd' er für ſeine Perſon
ihn lieber mit D. Junker wie Arſenik äußerlich
überſchlagen; — aber er geſtand auch auf der
andern Seite, daß der Schabziger für den
Lektor Gift ſey. „Ich wollte mich dafür ver¬
„pfänden, (ſagt' er,) daß Sie, wenn man Sie
„unterſuchen könnte, hektiſch wären; die lan¬
„gen Finger und der lange Hals ſprechen für
„mich und beſonders ſind die weißen ſchönen
„Zähne nach Camper ein böſes Zeichen. Perſo¬
„nen hingegen, die ein Gebiß haben wie meine
„Frau da, dürfen ſicher ſeyn.“

Auguſti lächelte und fragte bloß die Dok¬
torinn, zu welcher Zeit man am beſten zum
Miniſter komme.

Solche vergiftende Reflexionen ſo wie den
Mittags-Katzentiſch, gab er nicht aus ſatyri¬
ſcher Bosheit ſondern aus bloßer Gleichgültig¬
keit gegen andre, auf die er gleich einem
Rechtſchaffnen, nie unter ſeinem Handeln Rück¬
ſicht nahm. Mit der Freiheitsmütze des Dok¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0334" n="314"/>
auf der einen Seite an, wie die Ti&#x017F;chler in ih¬<lb/>
rem Leimtopfe keinen be&#x017F;&#x017F;ern Leim hätten als<lb/>
was da vor ihnen &#x017F;tehe &#x2014; er binde eben &#x017F;o im<lb/>
Men&#x017F;chen &#x2014; doch würd' er für &#x017F;eine Per&#x017F;on<lb/>
ihn lieber mit <hi rendition="#aq">D</hi>. Junker wie Ar&#x017F;enik äußerlich<lb/>
über&#x017F;chlagen; &#x2014; aber er ge&#x017F;tand auch auf der<lb/>
andern Seite, daß der Schabziger für den<lb/>
Lektor Gift &#x017F;ey. &#x201E;Ich wollte mich dafür ver¬<lb/>
&#x201E;pfänden, (&#x017F;agt' er,) daß Sie, wenn man Sie<lb/>
&#x201E;unter&#x017F;uchen könnte, hekti&#x017F;ch wären; die lan¬<lb/>
&#x201E;gen Finger und der lange Hals &#x017F;prechen für<lb/>
&#x201E;mich und be&#x017F;onders &#x017F;ind die weißen &#x017F;chönen<lb/>
&#x201E;Zähne nach Camper ein bö&#x017F;es Zeichen. Per&#x017F;<lb/>
&#x201E;nen hingegen, die ein Gebiß haben wie meine<lb/>
&#x201E;Frau da, dürfen &#x017F;icher &#x017F;eyn.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Augu&#x017F;ti lächelte und fragte bloß die Dok¬<lb/>
torinn, zu welcher Zeit man am be&#x017F;ten zum<lb/>
Mini&#x017F;ter komme.</p><lb/>
          <p>Solche vergiftende Reflexionen &#x017F;o wie den<lb/>
Mittags-Katzenti&#x017F;ch, gab er nicht aus &#x017F;atyri¬<lb/>
&#x017F;cher Bosheit &#x017F;ondern aus bloßer Gleichgültig¬<lb/>
keit gegen andre, auf die er gleich einem<lb/>
Recht&#x017F;chaffnen, nie unter &#x017F;einem Handeln Rück¬<lb/>
&#x017F;icht nahm. Mit der Freiheitsmütze des Dok¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0334] auf der einen Seite an, wie die Tiſchler in ih¬ rem Leimtopfe keinen beſſern Leim hätten als was da vor ihnen ſtehe — er binde eben ſo im Menſchen — doch würd' er für ſeine Perſon ihn lieber mit D. Junker wie Arſenik äußerlich überſchlagen; — aber er geſtand auch auf der andern Seite, daß der Schabziger für den Lektor Gift ſey. „Ich wollte mich dafür ver¬ „pfänden, (ſagt' er,) daß Sie, wenn man Sie „unterſuchen könnte, hektiſch wären; die lan¬ „gen Finger und der lange Hals ſprechen für „mich und beſonders ſind die weißen ſchönen „Zähne nach Camper ein böſes Zeichen. Perſo¬ „nen hingegen, die ein Gebiß haben wie meine „Frau da, dürfen ſicher ſeyn.“ Auguſti lächelte und fragte bloß die Dok¬ torinn, zu welcher Zeit man am beſten zum Miniſter komme. Solche vergiftende Reflexionen ſo wie den Mittags-Katzentiſch, gab er nicht aus ſatyri¬ ſcher Bosheit ſondern aus bloßer Gleichgültig¬ keit gegen andre, auf die er gleich einem Rechtſchaffnen, nie unter ſeinem Handeln Rück¬ ſicht nahm. Mit der Freiheitsmütze des Dok¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/334
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/334>, abgerufen am 24.11.2024.