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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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Sich, als wir vor dem Hause der lieben Cha¬
riton hielten und sie meiner Mutter die Hand
mit freudigen Thränen küßte: so war ich so
schwach, daß ich auch abgewandte vergoß,
aber andre und über die Frohlockende selber,
die ja nicht wissen konnte, ob nicht in dieser
Stunde ihr theurer Freund in Rom erkranke
oder untergehe. -- --

Nun aber ist der dunkelgraue Nebel auf
dem Blumengarten deiner kleinen Linda ganz
verweht und alle Blüthen des Lebens glänzen in
ihren reinen hohen Farben vor ihr. -- -- Nach
Mitternacht wich die Migraine meiner Mutter
fast ganz und sie schlummerte so süß noch an
diesem Morgen. O wie war mir da! -- Nach
5 Uhr schon gieng ich in den Garten hinunter
und fuhr über den Glanz zusammen, der im
Thaue und zwischen den Blättern brannte --
die Sonne sah erst unter den Triumpfthoren
herein -- alle Seen sprühten in einem breiten
Feuer -- ein glänzender Dampf umfloß wie ein
Heiligenschein den Erdenrand, den der Him¬
mel berührte -- und ein hohes Wehen und Sin¬
gen strömte durch die Morgenpracht -- -- --

Und

Sich, als wir vor dem Hauſe der lieben Cha¬
riton hielten und ſie meiner Mutter die Hand
mit freudigen Thränen küßte: ſo war ich ſo
ſchwach, daß ich auch abgewandte vergoß,
aber andre und über die Frohlockende ſelber,
die ja nicht wiſſen konnte, ob nicht in dieſer
Stunde ihr theurer Freund in Rom erkranke
oder untergehe. — —

Nun aber iſt der dunkelgraue Nebel auf
dem Blumengarten deiner kleinen Linda ganz
verweht und alle Blüthen des Lebens glänzen in
ihren reinen hohen Farben vor ihr. — — Nach
Mitternacht wich die Migraine meiner Mutter
fast ganz und ſie ſchlummerte ſo ſüß noch an
dieſem Morgen. O wie war mir da! — Nach
5 Uhr ſchon gieng ich in den Garten hinunter
und fuhr über den Glanz zuſammen, der im
Thaue und zwiſchen den Blättern brannte —
die Sonne ſah erſt unter den Triumpfthoren
herein — alle Seen ſprühten in einem breiten
Feuer — ein glänzender Dampf umfloß wie ein
Heiligenſchein den Erdenrand, den der Him¬
mel berührte — und ein hohes Wehen und Sin¬
gen ſtrömte durch die Morgenpracht — — —

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[416/0436] Sich, als wir vor dem Hauſe der lieben Cha¬ riton hielten und ſie meiner Mutter die Hand mit freudigen Thränen küßte: ſo war ich ſo ſchwach, daß ich auch abgewandte vergoß, aber andre und über die Frohlockende ſelber, die ja nicht wiſſen konnte, ob nicht in dieſer Stunde ihr theurer Freund in Rom erkranke oder untergehe. — — Nun aber iſt der dunkelgraue Nebel auf dem Blumengarten deiner kleinen Linda ganz verweht und alle Blüthen des Lebens glänzen in ihren reinen hohen Farben vor ihr. — — Nach Mitternacht wich die Migraine meiner Mutter fast ganz und ſie ſchlummerte ſo ſüß noch an dieſem Morgen. O wie war mir da! — Nach 5 Uhr ſchon gieng ich in den Garten hinunter und fuhr über den Glanz zuſammen, der im Thaue und zwiſchen den Blättern brannte — die Sonne ſah erſt unter den Triumpfthoren herein — alle Seen ſprühten in einem breiten Feuer — ein glänzender Dampf umfloß wie ein Heiligenſchein den Erdenrand, den der Him¬ mel berührte — und ein hohes Wehen und Sin¬ gen ſtrömte durch die Morgenpracht — — — Und

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/436>, abgerufen am 22.11.2024.