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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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ter entgegenzulaufen sondern ihn nur zu erwar¬
ten. -- Gleichwohl verflatterte bald das ge¬
rührte Zürnen und er bewilligte dem ersten
Blättchen des so lange gesuchten Lieblings im¬
mer schönere Milderungen: -- Karl konnte ja
z. B. in dieses huldigende Getöse nicht gern
die heilige Zeit des ersten Erkennens mengen
wollen -- oder die erste selbst-mörderische Re¬
tude machte ihm jede zur begeisternden Aera
eines neuen zweiten Lebens -- oder er wußte
wohl gar um Albanos Geburtstag -- oder
endlich dieser glühende Mensch gieng oder flog
seinen eignen Pfad. -- --

Indeß machte dessen Blatt, daß sich der
Graf sein eignes vorrückte als eine Sünde ge¬
gen seinen -- Schoppe; er hielt das Sehnen
in der Freundschaft nach der Freundschaft für
Sünde; aber du irrest, schöne Seele! Die
Freundschaft hat Stufen, die am Throne Got¬
tes durch alle Geister hinaufsteigen bis zum un¬
endlichen; nur die Liebe ist ersättlich und immer
dieselbe und wie die Wahrheit ohne drei Verglei¬
chungsgrade und ein einziges Wesen füllet ihr
Herz. Auch hatten sich Albano und Schoppe bei

ter entgegenzulaufen ſondern ihn nur zu erwar¬
ten. — Gleichwohl verflatterte bald das ge¬
rührte Zürnen und er bewilligte dem erſten
Blättchen des ſo lange geſuchten Lieblings im¬
mer ſchönere Milderungen: — Karl konnte ja
z. B. in dieſes huldigende Getöſe nicht gern
die heilige Zeit des erſten Erkennens mengen
wollen — oder die erſte ſelbſt-mörderiſche Re¬
tude machte ihm jede zur begeiſternden Aera
eines neuen zweiten Lebens — oder er wußte
wohl gar um Albanos Geburtstag — oder
endlich dieſer glühende Menſch gieng oder flog
ſeinen eignen Pfad. — —

Indeß machte deſſen Blatt, daß ſich der
Graf ſein eignes vorrückte als eine Sünde ge¬
gen ſeinen — Schoppe; er hielt das Sehnen
in der Freundſchaft nach der Freundſchaft für
Sünde; aber du irreſt, ſchöne Seele! Die
Freundſchaft hat Stufen, die am Throne Got¬
tes durch alle Geiſter hinaufſteigen bis zum un¬
endlichen; nur die Liebe iſt erſättlich und immer
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Herz. Auch hatten ſich Albano und Schoppe bei

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[470/0490] ter entgegenzulaufen ſondern ihn nur zu erwar¬ ten. — Gleichwohl verflatterte bald das ge¬ rührte Zürnen und er bewilligte dem erſten Blättchen des ſo lange geſuchten Lieblings im¬ mer ſchönere Milderungen: — Karl konnte ja z. B. in dieſes huldigende Getöſe nicht gern die heilige Zeit des erſten Erkennens mengen wollen — oder die erſte ſelbſt-mörderiſche Re¬ tude machte ihm jede zur begeiſternden Aera eines neuen zweiten Lebens — oder er wußte wohl gar um Albanos Geburtstag — oder endlich dieſer glühende Menſch gieng oder flog ſeinen eignen Pfad. — — Indeß machte deſſen Blatt, daß ſich der Graf ſein eignes vorrückte als eine Sünde ge¬ gen ſeinen — Schoppe; er hielt das Sehnen in der Freundſchaft nach der Freundſchaft für Sünde; aber du irreſt, ſchöne Seele! Die Freundſchaft hat Stufen, die am Throne Got¬ tes durch alle Geiſter hinaufſteigen bis zum un¬ endlichen; nur die Liebe iſt erſättlich und immer dieſelbe und wie die Wahrheit ohne drei Verglei¬ chungsgrade und ein einziges Weſen füllet ihr Herz. Auch hatten ſich Albano und Schoppe bei

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/490>, abgerufen am 22.11.2024.