großen Welt gelebt; er schien wie dieser ganze Hof-Schlag, zehen Jahre älter zu seyn, denn er war wirklich erst 37 Jahre.
Man hätt' es auszubaden unter dem um¬ gekehrten Dintentopf rezensirender Xantippen, wenn man die Rezensenten oder Xantippen in der Unwissenheit ließe, wer der Prinz eigentlich war, dessen wir alle oben erwähnten. Es war der Erbprinz von Hohenflies, in dessen Dor¬ fe Blumenbühl der Graf erzogen war und in dessen Hauptstadt er nun ziehen sollte. Der Hohenfliessische Infant jagte aus Italien, wor¬ in er viele Nothmünzen und Territorial¬ mandate nachgelassen hatte, stäubend und keuchend nach Deutschland zurück, um da auf sich Huldigungsmünzen auszuprägen, weil sein regierender Vater die Treppe in das Erb¬ begräbniß hinabgieng und nur noch einige Stu¬ fen zum Sarge hatte.
Unter dem Essen sprach der Lektor Augusti mit wahrem Geschmack über die liebliche Ge¬ gend, aber mit wenig Sturm und Drang, und
großen Welt gelebt; er ſchien wie dieſer ganze Hof-Schlag, zehen Jahre älter zu ſeyn, denn er war wirklich erſt 37 Jahre.
Man hätt' es auszubaden unter dem um¬ gekehrten Dintentopf rezenſirender Xantippen, wenn man die Rezenſenten oder Xantippen in der Unwiſſenheit ließe, wer der Prinz eigentlich war, deſſen wir alle oben erwähnten. Es war der Erbprinz von Hohenflies, in deſſen Dor¬ fe Blumenbühl der Graf erzogen war und in deſſen Hauptſtadt er nun ziehen ſollte. Der Hohenflieſſiſche Infant jagte aus Italien, wor¬ in er viele Nothmünzen und Territorial¬ mandate nachgelaſſen hatte, ſtäubend und keuchend nach Deutſchland zurück, um da auf ſich Huldigungsmünzen auszuprägen, weil ſein regierender Vater die Treppe in das Erb¬ begräbniß hinabgieng und nur noch einige Stu¬ fen zum Sarge hatte.
Unter dem Eſſen ſprach der Lektor Auguſti mit wahrem Geſchmack über die liebliche Ge¬ gend, aber mit wenig Sturm und Drang, und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0050"n="30"/>
großen Welt gelebt; er ſchien wie dieſer ganze<lb/>
Hof-Schlag, zehen Jahre älter zu ſeyn, denn er<lb/>
war wirklich erſt 37 Jahre.</p><lb/><p>Man hätt' es auszubaden unter dem um¬<lb/>
gekehrten Dintentopf rezenſirender Xantippen,<lb/>
wenn man die Rezenſenten oder Xantippen in<lb/>
der Unwiſſenheit ließe, wer der Prinz eigentlich<lb/>
war, deſſen wir alle oben erwähnten. Es war<lb/>
der Erbprinz von <hirendition="#g">Hohenflies</hi>, in deſſen Dor¬<lb/>
fe Blumenbühl der Graf erzogen war und in<lb/>
deſſen Hauptſtadt er nun ziehen ſollte. Der<lb/>
Hohenflieſſiſche Infant jagte aus Italien, wor¬<lb/>
in er viele <hirendition="#g">Nothmünzen</hi> und Territorial¬<lb/>
mandate nachgelaſſen hatte, ſtäubend und<lb/>
keuchend nach Deutſchland zurück, um da auf<lb/>ſich <hirendition="#g">Huldigungsmünzen</hi> auszuprägen, weil<lb/>ſein regierender Vater die Treppe in das Erb¬<lb/>
begräbniß hinabgieng und nur noch einige Stu¬<lb/>
fen zum Sarge hatte.</p><lb/><p>Unter dem Eſſen ſprach der Lektor Auguſti<lb/>
mit wahrem Geſchmack über die liebliche Ge¬<lb/>
gend, aber mit wenig Sturm und Drang, und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[30/0050]
großen Welt gelebt; er ſchien wie dieſer ganze
Hof-Schlag, zehen Jahre älter zu ſeyn, denn er
war wirklich erſt 37 Jahre.
Man hätt' es auszubaden unter dem um¬
gekehrten Dintentopf rezenſirender Xantippen,
wenn man die Rezenſenten oder Xantippen in
der Unwiſſenheit ließe, wer der Prinz eigentlich
war, deſſen wir alle oben erwähnten. Es war
der Erbprinz von Hohenflies, in deſſen Dor¬
fe Blumenbühl der Graf erzogen war und in
deſſen Hauptſtadt er nun ziehen ſollte. Der
Hohenflieſſiſche Infant jagte aus Italien, wor¬
in er viele Nothmünzen und Territorial¬
mandate nachgelaſſen hatte, ſtäubend und
keuchend nach Deutſchland zurück, um da auf
ſich Huldigungsmünzen auszuprägen, weil
ſein regierender Vater die Treppe in das Erb¬
begräbniß hinabgieng und nur noch einige Stu¬
fen zum Sarge hatte.
Unter dem Eſſen ſprach der Lektor Auguſti
mit wahrem Geſchmack über die liebliche Ge¬
gend, aber mit wenig Sturm und Drang, und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/50>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.