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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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verschwisterten Herzen an einander und küßte
die Schwester; als er über Lianens bestürztes
Wegbeugen des Kopfes erschrack und bluthroth
aufflammte. -- --

Er mußte entfliehen. Mit diesen wilden
Erschütterungen konnt' er nicht vor Lianen und
vor den kalten Spiegeln der Gesellschaft blei¬
ben. Aber die Nacht sollte so wunderbar wer¬
den wie der Tag; er eilte mit Lebens-Blicken,
die wie zornige aussahen, aus der Stadt zur
Titanide, zur Natur, die uns zugleich stillet
und erhebet. Er gieng vor aufgedeckten Müh¬
lenrädern vorbei, um welche sich der Strom
schäumend wand. -- Die Abendwolken streckten
sich wie ausruhende Riesen aus und sonnten
sich im Morgenroth Amerikas -- und der
Sturm fuhr unter sie und die feurigen Zenti¬
manen standen auf -- die Nacht bauete den
Triumphbogen der Milchstraße und die Riesen
zogen finster hindurch. -- Und in jedem Ele¬
mente schlug die Natur wie ein Sturmvogel den
rauschenden Flügel.

Albano lag, ohne es kaum zu wissen, auf
der Wald-Brücke Lilars, worunter die Wind¬

verſchwiſterten Herzen an einander und küßte
die Schweſter; als er über Lianens beſtürztes
Wegbeugen des Kopfes erſchrack und bluthroth
aufflammte. — —

Er mußte entfliehen. Mit dieſen wilden
Erſchütterungen konnt' er nicht vor Lianen und
vor den kalten Spiegeln der Geſellſchaft blei¬
ben. Aber die Nacht ſollte ſo wunderbar wer¬
den wie der Tag; er eilte mit Lebens-Blicken,
die wie zornige ausſahen, aus der Stadt zur
Titanide, zur Natur, die uns zugleich ſtillet
und erhebet. Er gieng vor aufgedeckten Müh¬
lenrädern vorbei, um welche ſich der Strom
ſchäumend wand. — Die Abendwolken ſtreckten
ſich wie ausruhende Rieſen aus und ſonnten
ſich im Morgenroth Amerikas — und der
Sturm fuhr unter ſie und die feurigen Zenti¬
manen ſtanden auf — die Nacht bauete den
Triumphbogen der Milchſtraße und die Rieſen
zogen finſter hindurch. — Und in jedem Ele¬
mente ſchlug die Natur wie ein Sturmvogel den
rauſchenden Flügel.

Albano lag, ohne es kaum zu wiſſen, auf
der Wald-Brücke Lilars, worunter die Wind¬

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[109/0117] verſchwiſterten Herzen an einander und küßte die Schweſter; als er über Lianens beſtürztes Wegbeugen des Kopfes erſchrack und bluthroth aufflammte. — — Er mußte entfliehen. Mit dieſen wilden Erſchütterungen konnt' er nicht vor Lianen und vor den kalten Spiegeln der Geſellſchaft blei¬ ben. Aber die Nacht ſollte ſo wunderbar wer¬ den wie der Tag; er eilte mit Lebens-Blicken, die wie zornige ausſahen, aus der Stadt zur Titanide, zur Natur, die uns zugleich ſtillet und erhebet. Er gieng vor aufgedeckten Müh¬ lenrädern vorbei, um welche ſich der Strom ſchäumend wand. — Die Abendwolken ſtreckten ſich wie ausruhende Rieſen aus und ſonnten ſich im Morgenroth Amerikas — und der Sturm fuhr unter ſie und die feurigen Zenti¬ manen ſtanden auf — die Nacht bauete den Triumphbogen der Milchſtraße und die Rieſen zogen finſter hindurch. — Und in jedem Ele¬ mente ſchlug die Natur wie ein Sturmvogel den rauſchenden Flügel. Albano lag, ohne es kaum zu wiſſen, auf der Wald-Brücke Lilars, worunter die Wind¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/117>, abgerufen am 21.11.2024.