Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801."Geister-Wesen, was mich überall verfolgt?" -- Albano trat in die Einsamkeit der reinli¬ „Geiſter-Weſen, was mich überall verfolgt?“ — Albano trat in die Einſamkeit der reinli¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0126" n="118"/> „Geiſter-Weſen, was mich überall verfolgt?“ —<lb/> „Du haſt (ſagte der Alte, ihm liebend und er¬<lb/> „quickend, auf die Stirn die Finger legend)<lb/> „lauter unſichtbare Freunde um Dich — und<lb/> „verlaſſe Dich überall auf Gott. Es ſagen ſo<lb/> „viele Chriſten, Gott ſey nahe oder ferne, ſeine<lb/> „Weisheit und ſeine Güte erſcheine ganz ab¬<lb/> „ſonderlich in einem <hi rendition="#aq">Saeculo</hi> oder in einem<lb/> „andern — das iſt ja eitel Trug — iſt er nicht<lb/> „die unveränderliche ewige Liebe und er liebt<lb/> „und ſeegnet uns in der einen Stunde nicht<lb/> „anders als in der andern?“ Wie wir die<lb/> Sonnenfinſterniß eigentlich eine Erdfinſterniß<lb/> nennen ſollten, ſo wird nur der Menſch verfin¬<lb/> ſtert, nie der Unendliche; aber wir gleichen dem<lb/> Volke, das der Verfinſterung der Sonne im<lb/> Waſſer zuſieht und dann wenn dieſes zittert,<lb/> ausruft: ſeht wie die liebe Sonne kämpft.</p><lb/> <p>Albano trat in die Einſamkeit der reinli¬<lb/> chen geordneten Wohnung des alten Mannes,<lb/> nur beklommen, weil in der heißen Aſche ſeines<lb/> Vulkans alles üppiger trieb und grünte. Spe¬<lb/> ner zeigte von ſeinem Bergrücken hinüber auf<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118/0126]
„Geiſter-Weſen, was mich überall verfolgt?“ —
„Du haſt (ſagte der Alte, ihm liebend und er¬
„quickend, auf die Stirn die Finger legend)
„lauter unſichtbare Freunde um Dich — und
„verlaſſe Dich überall auf Gott. Es ſagen ſo
„viele Chriſten, Gott ſey nahe oder ferne, ſeine
„Weisheit und ſeine Güte erſcheine ganz ab¬
„ſonderlich in einem Saeculo oder in einem
„andern — das iſt ja eitel Trug — iſt er nicht
„die unveränderliche ewige Liebe und er liebt
„und ſeegnet uns in der einen Stunde nicht
„anders als in der andern?“ Wie wir die
Sonnenfinſterniß eigentlich eine Erdfinſterniß
nennen ſollten, ſo wird nur der Menſch verfin¬
ſtert, nie der Unendliche; aber wir gleichen dem
Volke, das der Verfinſterung der Sonne im
Waſſer zuſieht und dann wenn dieſes zittert,
ausruft: ſeht wie die liebe Sonne kämpft.
Albano trat in die Einſamkeit der reinli¬
chen geordneten Wohnung des alten Mannes,
nur beklommen, weil in der heißen Aſche ſeines
Vulkans alles üppiger trieb und grünte. Spe¬
ner zeigte von ſeinem Bergrücken hinüber auf
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/126>, abgerufen am 16.02.2025. |