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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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Nebel hineinlaufendes Leben aufzuhellen, je¬
nen alten Weg, den er einmal (im 23sten Zy¬
kel) Nachts herwärts gemacht, um auf dem
Berge Elysium und Liane zu sehen. Der gan¬
ze blühende Steig war ihm eine römische Erde,
woraus er schönbemalte Vasen der Vergan¬
genheit ausgrub; und je näher dem Dorfe,
desto breiter wurden die geheiligten Plätze. Er
wunderte sich, daß die Lämmer und Hirten¬
knaben nicht wie das Gras, länger aufgeschos¬
sen während seiner Entfernung, die ihm durch
den Wachsthum seines Herzens und den bun¬
ten Wechsel seiner Erfahrungen selber verlän¬
gert vorkam. Wie ein Morgentrunk von hellem
Alpenwasser rann der alte Klang des Hirten¬
horns in seine Brust; aber die enge Erlenbahn,
worin er das Reitpferd des Direktors vor dem
Absatteln getummelt, und selber der Schloßhof,
sogar die vier Wände und das Deckenge¬
mälde des häuslichen Glücks krempten seiner
treibenden Seele, die in die Erde und in den
Himmel hinein wachsen wollte, Wurzel und
Gipfel ein; er war noch in den Jahren, wo
man vom Klavikord des Lebens mit einem

Nebel hineinlaufendes Leben aufzuhellen, je¬
nen alten Weg, den er einmal (im 23ſten Zy¬
kel) Nachts herwärts gemacht, um auf dem
Berge Elyſium und Liane zu ſehen. Der gan¬
ze blühende Steig war ihm eine römiſche Erde,
woraus er ſchönbemalte Vaſen der Vergan¬
genheit ausgrub; und je näher dem Dorfe,
deſto breiter wurden die geheiligten Plätze. Er
wunderte ſich, daß die Lämmer und Hirten¬
knaben nicht wie das Gras, länger aufgeſchoſ¬
ſen während ſeiner Entfernung, die ihm durch
den Wachsthum ſeines Herzens und den bun¬
ten Wechſel ſeiner Erfahrungen ſelber verlän¬
gert vorkam. Wie ein Morgentrunk von hellem
Alpenwaſſer rann der alte Klang des Hirten¬
horns in ſeine Bruſt; aber die enge Erlenbahn,
worin er das Reitpferd des Direktors vor dem
Abſatteln getummelt, und ſelber der Schloßhof,
ſogar die vier Wände und das Deckenge¬
mälde des häuslichen Glücks krempten ſeiner
treibenden Seele, die in die Erde und in den
Himmel hinein wachſen wollte, Wurzel und
Gipfel ein; er war noch in den Jahren, wo
man vom Klavikord des Lebens mit einem

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[166/0174] Nebel hineinlaufendes Leben aufzuhellen, je¬ nen alten Weg, den er einmal (im 23ſten Zy¬ kel) Nachts herwärts gemacht, um auf dem Berge Elyſium und Liane zu ſehen. Der gan¬ ze blühende Steig war ihm eine römiſche Erde, woraus er ſchönbemalte Vaſen der Vergan¬ genheit ausgrub; und je näher dem Dorfe, deſto breiter wurden die geheiligten Plätze. Er wunderte ſich, daß die Lämmer und Hirten¬ knaben nicht wie das Gras, länger aufgeſchoſ¬ ſen während ſeiner Entfernung, die ihm durch den Wachsthum ſeines Herzens und den bun¬ ten Wechſel ſeiner Erfahrungen ſelber verlän¬ gert vorkam. Wie ein Morgentrunk von hellem Alpenwaſſer rann der alte Klang des Hirten¬ horns in ſeine Bruſt; aber die enge Erlenbahn, worin er das Reitpferd des Direktors vor dem Abſatteln getummelt, und ſelber der Schloßhof, ſogar die vier Wände und das Deckenge¬ mälde des häuslichen Glücks krempten ſeiner treibenden Seele, die in die Erde und in den Himmel hinein wachſen wollte, Wurzel und Gipfel ein; er war noch in den Jahren, wo man vom Klavikord des Lebens mit einem

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/174>, abgerufen am 23.11.2024.