Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

war so glücklich! Ach ihr armes reines Herz wur¬
de ja noch von keinem geliebt und darum glüht
es mit den frischen Kräften der ersten Liebe so
hell und treu vor einem mächtigen, das zu ihm
segnend wie ein liebender Gott niederzukommen
scheint und einen ganzen Himmel nachzieht! --
Roquairol sah, wie reizend die arbeitsame Be¬
weglichkeit im Spielraum ihres Eigenthums
und ihrer Geschäfte das schwer niederhängende
Laub verschiebe, das im Visitenzimmer sich fin¬
ster über ihren Werth herzog; sie wurde sogar
schöner durch das dunklere nette Hauskleid,
nachdem er durch Predigten jede weisse Drap¬
perie ihrer brünetten Gestalt in den Kleider¬
schrank zurückgeschickt. Sie gehorchte der Mut¬
ter hierin nicht eher als bis er es verlangt hat¬
te. Ja er hatte sie gestern dahingebracht, die
Uhr womit die stolze Ministerin sie beschenkt,
wirklich an sich herumzutragen mit heißem Er¬
röthen über den ungewohnten Schmuck. Indes
wollt' er mit ihr gleichsam einen recht geschlän¬
gelten Blumenweg zum Altare seines lauten
Ja's der Liebe nehmen -- das stumme sagt'
er hinlänglich --; er wußte, sie sitze sogleich ein,

war ſo glücklich! Ach ihr armes reines Herz wur¬
de ja noch von keinem geliebt und darum glüht
es mit den friſchen Kräften der erſten Liebe ſo
hell und treu vor einem mächtigen, das zu ihm
ſegnend wie ein liebender Gott niederzukommen
ſcheint und einen ganzen Himmel nachzieht! —
Roquairol ſah, wie reizend die arbeitſame Be¬
weglichkeit im Spielraum ihres Eigenthums
und ihrer Geſchäfte das ſchwer niederhängende
Laub verſchiebe, das im Viſitenzimmer ſich fin¬
ſter über ihren Werth herzog; ſie wurde ſogar
ſchöner durch das dunklere nette Hauskleid,
nachdem er durch Predigten jede weiſſe Drap¬
perie ihrer brünetten Geſtalt in den Kleider¬
ſchrank zurückgeſchickt. Sie gehorchte der Mut¬
ter hierin nicht eher als bis er es verlangt hat¬
te. Ja er hatte ſie geſtern dahingebracht, die
Uhr womit die ſtolze Miniſterin ſie beſchenkt,
wirklich an ſich herumzutragen mit heißem Er¬
röthen über den ungewohnten Schmuck. Indes
wollt' er mit ihr gleichſam einen recht geſchlän¬
gelten Blumenweg zum Altare ſeines lauten
Ja's der Liebe nehmen — das ſtumme ſagt'
er hinlänglich —; er wußte, ſie ſitze ſogleich ein,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0178" n="170"/>
war &#x017F;o glücklich! Ach ihr armes reines Herz wur¬<lb/>
de ja noch von keinem geliebt und darum glüht<lb/>
es mit den fri&#x017F;chen Kräften der er&#x017F;ten Liebe &#x017F;o<lb/>
hell und treu vor einem mächtigen, das zu ihm<lb/>
&#x017F;egnend wie ein liebender Gott niederzukommen<lb/>
&#x017F;cheint und einen ganzen Himmel nachzieht! &#x2014;<lb/>
Roquairol &#x017F;ah, wie reizend die arbeit&#x017F;ame Be¬<lb/>
weglichkeit im Spielraum ihres Eigenthums<lb/>
und ihrer Ge&#x017F;chäfte das &#x017F;chwer niederhängende<lb/>
Laub ver&#x017F;chiebe, das im Vi&#x017F;itenzimmer &#x017F;ich fin¬<lb/>
&#x017F;ter über ihren Werth herzog; &#x017F;ie wurde &#x017F;ogar<lb/>
&#x017F;chöner durch das dunklere nette Hauskleid,<lb/>
nachdem er durch Predigten jede wei&#x017F;&#x017F;e Drap¬<lb/>
perie ihrer brünetten Ge&#x017F;talt in den Kleider¬<lb/>
&#x017F;chrank zurückge&#x017F;chickt. Sie gehorchte der Mut¬<lb/>
ter hierin nicht eher als bis er es verlangt hat¬<lb/>
te. Ja er hatte &#x017F;ie ge&#x017F;tern dahingebracht, die<lb/>
Uhr womit die &#x017F;tolze Mini&#x017F;terin &#x017F;ie be&#x017F;chenkt,<lb/>
wirklich an &#x017F;ich herumzutragen mit heißem Er¬<lb/>
röthen über den ungewohnten Schmuck. Indes<lb/>
wollt' er mit ihr gleich&#x017F;am einen recht ge&#x017F;chlän¬<lb/>
gelten Blumenweg zum Altare &#x017F;eines <hi rendition="#g">lauten</hi><lb/>
Ja's der Liebe nehmen &#x2014; das <hi rendition="#g">&#x017F;tumme</hi> &#x017F;agt'<lb/>
er hinlänglich &#x2014;; er wußte, &#x017F;ie &#x017F;itze &#x017F;ogleich ein,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0178] war ſo glücklich! Ach ihr armes reines Herz wur¬ de ja noch von keinem geliebt und darum glüht es mit den friſchen Kräften der erſten Liebe ſo hell und treu vor einem mächtigen, das zu ihm ſegnend wie ein liebender Gott niederzukommen ſcheint und einen ganzen Himmel nachzieht! — Roquairol ſah, wie reizend die arbeitſame Be¬ weglichkeit im Spielraum ihres Eigenthums und ihrer Geſchäfte das ſchwer niederhängende Laub verſchiebe, das im Viſitenzimmer ſich fin¬ ſter über ihren Werth herzog; ſie wurde ſogar ſchöner durch das dunklere nette Hauskleid, nachdem er durch Predigten jede weiſſe Drap¬ perie ihrer brünetten Geſtalt in den Kleider¬ ſchrank zurückgeſchickt. Sie gehorchte der Mut¬ ter hierin nicht eher als bis er es verlangt hat¬ te. Ja er hatte ſie geſtern dahingebracht, die Uhr womit die ſtolze Miniſterin ſie beſchenkt, wirklich an ſich herumzutragen mit heißem Er¬ röthen über den ungewohnten Schmuck. Indes wollt' er mit ihr gleichſam einen recht geſchlän¬ gelten Blumenweg zum Altare ſeines lauten Ja's der Liebe nehmen — das ſtumme ſagt' er hinlänglich —; er wußte, ſie ſitze ſogleich ein,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/178
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/178>, abgerufen am 23.11.2024.