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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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Er sprach bald von dem, worin sein Herz
athmete und lebte; aber in einer sonderbaren
halb theologischen halb französischen, Wolfiani¬
schen und poetischen Sprache. Man sollte von
manches Schwärmers Poesie und Philosophie
statt der Verbal-, Realübersetzungen geben, da¬
mit man sähe, wie die gold-reine Wahrheit
unter allen Hüllen glühe. Spener sagt in mei¬
ner Übersetzung: "er habe sich sonst, eh' er das
"Rechte gefunden, in jeder menschlichen Freund¬
"schaft und Liebe gemartert. Er habe, wenn
"er inbrünstig geliebt wurde, zu sich gesagt,
"daß er sich selber ja nie so ansehen oder lie¬
"ben könne; und eben so könne ja das geliebte We¬
"sen, nicht so von sich denken wie das liebende,
"und wär' es noch so vollkommen oder so ei¬
"genliebig. Sähe jeder den andern an wie
"er sich: so gäb' es keine feurige Liebe. Aber
"jede fordere einen unendlichen Werth und
"sterbe an jedem unauflößlichen deutlich er¬
"kannten Fehl; sie hebe ihren Gegenstand aus
"allen heraus und über alle, und verlange eine
"Gegenliebe ohne Gränze, ohne allen Eigennutz,
"ohne Theilung, ohne Stillstand, ohn' Ende.

Er ſprach bald von dem, worin ſein Herz
athmete und lebte; aber in einer ſonderbaren
halb theologiſchen halb franzöſiſchen, Wolfiani¬
ſchen und poetiſchen Sprache. Man ſollte von
manches Schwärmers Poeſie und Philoſophie
ſtatt der Verbal-, Realüberſetzungen geben, da¬
mit man ſähe, wie die gold-reine Wahrheit
unter allen Hüllen glühe. Spener ſagt in mei¬
ner Überſetzung: „er habe ſich ſonſt, eh' er das
„Rechte gefunden, in jeder menſchlichen Freund¬
„ſchaft und Liebe gemartert. Er habe, wenn
„er inbrünſtig geliebt wurde, zu ſich geſagt,
„daß er ſich ſelber ja nie ſo anſehen oder lie¬
„ben könne; und eben ſo könne ja das geliebte We¬
„ſen, nicht ſo von ſich denken wie das liebende,
„und wär' es noch ſo vollkommen oder ſo ei¬
„genliebig. Sähe jeder den andern an wie
„er ſich: ſo gäb' es keine feurige Liebe. Aber
„jede fordere einen unendlichen Werth und
„ſterbe an jedem unauflößlichen deutlich er¬
„kannten Fehl; ſie hebe ihren Gegenſtand aus
„allen heraus und über alle, und verlange eine
„Gegenliebe ohne Gränze, ohne allen Eigennutz,
„ohne Theilung, ohne Stillſtand, ohn' Ende.

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[182/0190] Er ſprach bald von dem, worin ſein Herz athmete und lebte; aber in einer ſonderbaren halb theologiſchen halb franzöſiſchen, Wolfiani¬ ſchen und poetiſchen Sprache. Man ſollte von manches Schwärmers Poeſie und Philoſophie ſtatt der Verbal-, Realüberſetzungen geben, da¬ mit man ſähe, wie die gold-reine Wahrheit unter allen Hüllen glühe. Spener ſagt in mei¬ ner Überſetzung: „er habe ſich ſonſt, eh' er das „Rechte gefunden, in jeder menſchlichen Freund¬ „ſchaft und Liebe gemartert. Er habe, wenn „er inbrünſtig geliebt wurde, zu ſich geſagt, „daß er ſich ſelber ja nie ſo anſehen oder lie¬ „ben könne; und eben ſo könne ja das geliebte We¬ „ſen, nicht ſo von ſich denken wie das liebende, „und wär' es noch ſo vollkommen oder ſo ei¬ „genliebig. Sähe jeder den andern an wie „er ſich: ſo gäb' es keine feurige Liebe. Aber „jede fordere einen unendlichen Werth und „ſterbe an jedem unauflößlichen deutlich er¬ „kannten Fehl; ſie hebe ihren Gegenſtand aus „allen heraus und über alle, und verlange eine „Gegenliebe ohne Gränze, ohne allen Eigennutz, „ohne Theilung, ohne Stillſtand, ohn' Ende.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/190>, abgerufen am 23.11.2024.