Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.Blüthen war; dann lobte sie diese und seine Der ausländische Nektarduft, der in fünf Blüthen war; dann lobte ſie dieſe und ſeine Der ausländiſche Nektarduft, der in fünf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0064" n="56"/> Blüthen war; dann lobte ſie dieſe und ſeine<lb/> Mühe. Der alte Mann wartete blos, bis je¬<lb/> der andere von der Geſellſchaft auch erſtaunet<lb/> war, darauf gieng er ſchläfrig mit dem feſten<lb/> Glauben fort zu Bette, Liane werd' ihn morgen<lb/> ſchon ſo bedenken, daß er zufrieden ſeyn müſſe.</p><lb/> <p>Der ausländiſche Nektarduft, der in fünf<lb/> weiſſen gleichſam mit braunem Blätterwerk be¬<lb/> kränzten Kelchen perlte, ergriff die Phantaſie.<lb/> Die Wohlgerüche aus dem Frühling eines heiſ¬<lb/> ſern Welttheils zogen ſie in entlegne Träume<lb/> hin. Liane ſtrich mit leiſem Finger, wie man<lb/> über Augenlieder gleitet, nur über die kleinen<lb/> Duft-Vaſen, ohne das volle Gärtchen von zar¬<lb/> ten Staubfäden, das ſich im Kelche drängte,<lb/> raubend anzuſtreifen: „Wie lieblich, wie ſo<lb/> „gar zart (ſagte ſie kindlich-froh). — Wie<lb/> „fünf kleine Abendſterne! — Warum kommen<lb/> „ſie nur Nachts, die lieben ſcheuen Blumen?“<lb/> — Karl ſchien eine brechen zu wollen. „O laſſ'<lb/> „ſie leben (bat ſie) — morgen ſind ſie ohnehin<lb/> „todt. — Karl! ſo welkt ſo viel.“ ſetzte ſie lei¬<lb/> ſer dazu. „Alles!“ ſagt' er barſch. — Aber<lb/> die Mutter hatt' es wider Lianens Willen ge¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0064]
Blüthen war; dann lobte ſie dieſe und ſeine
Mühe. Der alte Mann wartete blos, bis je¬
der andere von der Geſellſchaft auch erſtaunet
war, darauf gieng er ſchläfrig mit dem feſten
Glauben fort zu Bette, Liane werd' ihn morgen
ſchon ſo bedenken, daß er zufrieden ſeyn müſſe.
Der ausländiſche Nektarduft, der in fünf
weiſſen gleichſam mit braunem Blätterwerk be¬
kränzten Kelchen perlte, ergriff die Phantaſie.
Die Wohlgerüche aus dem Frühling eines heiſ¬
ſern Welttheils zogen ſie in entlegne Träume
hin. Liane ſtrich mit leiſem Finger, wie man
über Augenlieder gleitet, nur über die kleinen
Duft-Vaſen, ohne das volle Gärtchen von zar¬
ten Staubfäden, das ſich im Kelche drängte,
raubend anzuſtreifen: „Wie lieblich, wie ſo
„gar zart (ſagte ſie kindlich-froh). — Wie
„fünf kleine Abendſterne! — Warum kommen
„ſie nur Nachts, die lieben ſcheuen Blumen?“
— Karl ſchien eine brechen zu wollen. „O laſſ'
„ſie leben (bat ſie) — morgen ſind ſie ohnehin
„todt. — Karl! ſo welkt ſo viel.“ ſetzte ſie lei¬
ſer dazu. „Alles!“ ſagt' er barſch. — Aber
die Mutter hatt' es wider Lianens Willen ge¬
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