als ihr offnes Herz. O, Du hast mehr zu retten, Dein warmes, Dein ganzes und leben¬ diges! -- Die Mutter tadelte nun ihr aus al¬ ter Gewohnheit halb glaubend, nichts weiter als die ganze Sache, ihre Unschicklichkeit, Un¬ möglichkeit, Tollheit. "O, gute Mutter, (sagte Liane bloß immer sanft unter dem harten Ab¬ malen des künftigen Albano,) o, so ist er nicht, gewiß nicht!" -- Eben so sanft sah sie über das mit schwarzen Strichen vorgezeichnete Nein Don Gaspards weg, weil für ihren Glauben die Erde nur ein im Aether hängender, blühender Grabeshügel war: "ach, (sagte sie, ihre Erden- Eile meinend,) unsere Liebe ist so wichtig nicht." Die Mutter nahm dieses Wort und den gan¬ zen sanften Widerstand für Vorspiele des leichten Siegs.
Jetzt gieng Albano's Schwiegervater her¬ ein, mit einer Heerpaucke, Sturmglocke, Feuer¬ trommel und Klapperschlange im Gürtel, um sich damit vernehmlich zu machen. Zuerst fragt' er -- er hatte vergeblich gehorcht -- ganz er¬ boßet die Ministerin, wohin sie sein Ohr ver¬ steckt habe -- (es war das blecherne Koppelohr,
als ihr offnes Herz. O, Du haſt mehr zu retten, Dein warmes, Dein ganzes und leben¬ diges! — Die Mutter tadelte nun ihr aus al¬ ter Gewohnheit halb glaubend, nichts weiter als die ganze Sache, ihre Unſchicklichkeit, Un¬ möglichkeit, Tollheit. „O, gute Mutter, (ſagte Liane bloß immer ſanft unter dem harten Ab¬ malen des künftigen Albano,) o, ſo iſt er nicht, gewiß nicht!“ — Eben ſo ſanft ſah ſie über das mit ſchwarzen Strichen vorgezeichnete Nein Don Gaſpards weg, weil für ihren Glauben die Erde nur ein im Aether hängender, blühender Grabeshügel war: „ach, (ſagte ſie, ihre Erden- Eile meinend,) unſere Liebe iſt ſo wichtig nicht.“ Die Mutter nahm dieſes Wort und den gan¬ zen ſanften Widerſtand für Vorſpiele des leichten Siegs.
Jetzt gieng Albano's Schwiegervater her¬ ein, mit einer Heerpaucke, Sturmglocke, Feuer¬ trommel und Klapperſchlange im Gürtel, um ſich damit vernehmlich zu machen. Zuerſt fragt' er — er hatte vergeblich gehorcht — ganz er¬ boßet die Miniſterin, wohin ſie ſein Ohr ver¬ ſteckt habe — (es war das blecherne Koppelohr,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0126"n="114"/>
als ihr <hirendition="#g">offnes</hi> Herz. O, Du haſt mehr zu<lb/>
retten, Dein warmes, Dein ganzes und leben¬<lb/>
diges! — Die Mutter tadelte nun ihr aus al¬<lb/>
ter Gewohnheit halb glaubend, nichts weiter<lb/>
als die ganze Sache, ihre Unſchicklichkeit, Un¬<lb/>
möglichkeit, Tollheit. „O, gute Mutter, (ſagte<lb/>
Liane bloß immer ſanft unter dem harten Ab¬<lb/>
malen des künftigen Albano,) o, ſo iſt er nicht,<lb/>
gewiß nicht!“— Eben ſo ſanft ſah ſie über<lb/>
das mit ſchwarzen Strichen vorgezeichnete Nein<lb/>
Don Gaſpards weg, weil für ihren Glauben die<lb/>
Erde nur ein im Aether hängender, blühender<lb/>
Grabeshügel war: „ach, (ſagte ſie, ihre Erden-<lb/>
Eile meinend,) unſere Liebe iſt ſo wichtig nicht.“<lb/>
Die Mutter nahm dieſes Wort und den gan¬<lb/>
zen ſanften Widerſtand für Vorſpiele des<lb/>
leichten Siegs.</p><lb/><p>Jetzt gieng Albano's Schwiegervater her¬<lb/>
ein, mit einer Heerpaucke, Sturmglocke, Feuer¬<lb/>
trommel und Klapperſchlange im Gürtel, um<lb/>ſich damit vernehmlich zu machen. Zuerſt fragt'<lb/>
er — er hatte vergeblich gehorcht — ganz er¬<lb/>
boßet die Miniſterin, wohin ſie ſein Ohr ver¬<lb/>ſteckt habe — (es war das blecherne Koppelohr,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[114/0126]
als ihr offnes Herz. O, Du haſt mehr zu
retten, Dein warmes, Dein ganzes und leben¬
diges! — Die Mutter tadelte nun ihr aus al¬
ter Gewohnheit halb glaubend, nichts weiter
als die ganze Sache, ihre Unſchicklichkeit, Un¬
möglichkeit, Tollheit. „O, gute Mutter, (ſagte
Liane bloß immer ſanft unter dem harten Ab¬
malen des künftigen Albano,) o, ſo iſt er nicht,
gewiß nicht!“ — Eben ſo ſanft ſah ſie über
das mit ſchwarzen Strichen vorgezeichnete Nein
Don Gaſpards weg, weil für ihren Glauben die
Erde nur ein im Aether hängender, blühender
Grabeshügel war: „ach, (ſagte ſie, ihre Erden-
Eile meinend,) unſere Liebe iſt ſo wichtig nicht.“
Die Mutter nahm dieſes Wort und den gan¬
zen ſanften Widerſtand für Vorſpiele des
leichten Siegs.
Jetzt gieng Albano's Schwiegervater her¬
ein, mit einer Heerpaucke, Sturmglocke, Feuer¬
trommel und Klapperſchlange im Gürtel, um
ſich damit vernehmlich zu machen. Zuerſt fragt'
er — er hatte vergeblich gehorcht — ganz er¬
boßet die Miniſterin, wohin ſie ſein Ohr ver¬
ſteckt habe — (es war das blecherne Koppelohr,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/126>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.