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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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wollte nicht aus ihm fahren. Er war im Stan¬
de, die Kleidergeißel, womit der Bediente we¬
nige Stäubchen im Staatsrocke sitzen lassen,
gegen die Livree selber in Schwung zu setzen;
noch gefährlicher wars -- weil er zwischen zwei
Spiegeln saß, dem Friseur und dem großen
Spiegel im Ofenschirm --, auf seine eigne
Wolle den Staub recht aufzutragen; und am
schwersten wurd' er vom Putze seiner Kinder be¬
friedigt. -- Liane als Zeichnerin mußte ihm nun
jetzt die rechte Farbe eines neuen Überbalgs
vorschlagen -- Sachets oder Riechsäcke ließ er
füllen und mit diesen die Schubsäcke -- und ei¬
nen Moschuspflanzen-Topf in sein Fenster stel¬
len, nicht weil er die Blätter zum Riechen (das
erwartete er von seinen Fingern) sondern weil
er sie zum Einölen für diese durch Reiben brau¬
chen wollte -- Patentpomade für Fäuste und
englisches gepreßtes Zier-Papier auch für diese
(wenn sie eine Billetdour-Feder ansetzen woll¬
ten) und andere Nippes erregten weniger Auf¬
merksamkeit als der Schnupftabak, den er sich
anschaffte, aber nicht für die Nase, sondern für
die Lippen, um solche roth zu reiben. -- In

wollte nicht aus ihm fahren. Er war im Stan¬
de, die Kleidergeißel, womit der Bediente we¬
nige Stäubchen im Staatsrocke ſitzen laſſen,
gegen die Livree ſelber in Schwung zu ſetzen;
noch gefährlicher wars — weil er zwiſchen zwei
Spiegeln ſaß, dem Friſeur und dem großen
Spiegel im Ofenſchirm —, auf ſeine eigne
Wolle den Staub recht aufzutragen; und am
ſchwerſten wurd' er vom Putze ſeiner Kinder be¬
friedigt. — Liane als Zeichnerin mußte ihm nun
jetzt die rechte Farbe eines neuen Überbalgs
vorſchlagen — Sachets oder Riechſäcke ließ er
füllen und mit dieſen die Schubſäcke — und ei¬
nen Moſchuspflanzen-Topf in ſein Fenſter ſtel¬
len, nicht weil er die Blätter zum Riechen (das
erwartete er von ſeinen Fingern) ſondern weil
er ſie zum Einölen für dieſe durch Reiben brau¬
chen wollte — Patentpomade für Fäuſte und
engliſches gepreßtes Zier-Papier auch für dieſe
(wenn ſie eine Billetdour-Feder anſetzen woll¬
ten) und andere Nippes erregten weniger Auf¬
merkſamkeit als der Schnupftabak, den er ſich
anſchaffte, aber nicht für die Naſe, ſondern für
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[142/0154] wollte nicht aus ihm fahren. Er war im Stan¬ de, die Kleidergeißel, womit der Bediente we¬ nige Stäubchen im Staatsrocke ſitzen laſſen, gegen die Livree ſelber in Schwung zu ſetzen; noch gefährlicher wars — weil er zwiſchen zwei Spiegeln ſaß, dem Friſeur und dem großen Spiegel im Ofenſchirm —, auf ſeine eigne Wolle den Staub recht aufzutragen; und am ſchwerſten wurd' er vom Putze ſeiner Kinder be¬ friedigt. — Liane als Zeichnerin mußte ihm nun jetzt die rechte Farbe eines neuen Überbalgs vorſchlagen — Sachets oder Riechſäcke ließ er füllen und mit dieſen die Schubſäcke — und ei¬ nen Moſchuspflanzen-Topf in ſein Fenſter ſtel¬ len, nicht weil er die Blätter zum Riechen (das erwartete er von ſeinen Fingern) ſondern weil er ſie zum Einölen für dieſe durch Reiben brau¬ chen wollte — Patentpomade für Fäuſte und engliſches gepreßtes Zier-Papier auch für dieſe (wenn ſie eine Billetdour-Feder anſetzen woll¬ ten) und andere Nippes erregten weniger Auf¬ merkſamkeit als der Schnupftabak, den er ſich anſchaffte, aber nicht für die Naſe, ſondern für die Lippen, um ſolche roth zu reiben. — In

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/154>, abgerufen am 24.11.2024.