schen. -- Aus Lilar kommt düster Albano, blickt die Erde, statt der Menschen an und auf der Sternwarte begierig den Himmel und sucht kei¬ nen Freund -- Roquairol treibt Pferde und Reiter zusammen und macht sich ausser Lands einen lustigen, trunknen Abend -- Augusti schüt¬ telt den Kopf über Briefe aus Spanien und sinnt verdrüßlich aber tief nach -- Liane lehnt in einem Schlafsessel, zerknickt mit dem gegen die Schulter fallenden Angesicht, worauf Nichts mehr blüht als die Unschuld -- der Vater schreitet rothbraun auf und ab, sie antwortet nur schwach, indem sie die gefalteten Hände von Zeit zu Zeit ein Wenig hebt -- -- Vor dem Nachtgeist auf der Wolke geht die Men¬ schen-Zeit schnell, als ein dahinfliegendes Flü¬ gel-Paar ohne Schnabel und Schweif; der Geist hat die ferne Woche neben sich, wo Al¬ bano Nachts auf der Sternwarte sieht, daß in der Blumenbühler Kirche ein Altarlicht brennt, daß Liane darin mit aufgehobnen Händen knieet und daß ein alter Mann die seinigen auf ihre heitere, glänzende Stirn auflegt, die sich mit thränenlosen Augen gen Himmel richtet.
ſchen. — Aus Lilar kommt düſter Albano, blickt die Erde, ſtatt der Menſchen an und auf der Sternwarte begierig den Himmel und ſucht kei¬ nen Freund — Roquairol treibt Pferde und Reiter zuſammen und macht ſich auſſer Lands einen luſtigen, trunknen Abend — Auguſti ſchüt¬ telt den Kopf über Briefe aus Spanien und ſinnt verdrüßlich aber tief nach — Liane lehnt in einem Schlafſeſſel, zerknickt mit dem gegen die Schulter fallenden Angeſicht, worauf Nichts mehr blüht als die Unſchuld — der Vater ſchreitet rothbraun auf und ab, ſie antwortet nur ſchwach, indem ſie die gefalteten Hände von Zeit zu Zeit ein Wenig hebt — — Vor dem Nachtgeiſt auf der Wolke geht die Men¬ ſchen-Zeit ſchnell, als ein dahinfliegendes Flü¬ gel-Paar ohne Schnabel und Schweif; der Geiſt hat die ferne Woche neben ſich, wo Al¬ bano Nachts auf der Sternwarte ſieht, daß in der Blumenbühler Kirche ein Altarlicht brennt, daß Liane darin mit aufgehobnen Händen knieet und daß ein alter Mann die ſeinigen auf ihre heitere, glänzende Stirn auflegt, die ſich mit thränenloſen Augen gen Himmel richtet.
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ſchen. — Aus Lilar kommt düſter Albano, blickt
die Erde, ſtatt der Menſchen an und auf der
Sternwarte begierig den Himmel und ſucht kei¬
nen Freund — Roquairol treibt Pferde und
Reiter zuſammen und macht ſich auſſer Lands
einen luſtigen, trunknen Abend — Auguſti ſchüt¬
telt den Kopf über Briefe aus Spanien und
ſinnt verdrüßlich aber tief nach — Liane lehnt
in einem Schlafſeſſel, zerknickt mit dem gegen
die Schulter fallenden Angeſicht, worauf Nichts
mehr blüht als die Unſchuld — der Vater
ſchreitet rothbraun auf und ab, ſie antwortet
nur ſchwach, indem ſie die gefalteten Hände
von Zeit zu Zeit ein Wenig hebt — — Vor
dem Nachtgeiſt auf der Wolke geht die Men¬
ſchen-Zeit ſchnell, als ein dahinfliegendes Flü¬
gel-Paar ohne Schnabel und Schweif; der
Geiſt hat die ferne Woche neben ſich, wo Al¬
bano Nachts auf der Sternwarte ſieht, daß in
der Blumenbühler Kirche ein Altarlicht brennt,
daß Liane darin mit aufgehobnen Händen
knieet und daß ein alter Mann die ſeinigen auf
ihre heitere, glänzende Stirn auflegt, die ſich
mit thränenloſen Augen gen Himmel richtet.
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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/197>, abgerufen am 24.11.2024.
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