einen gewissen Kies angesetzt, eine gewisse Grau¬ samkeit angenommen, welche der hinter der Binde und als Areopag ohne den Anblick der Schmerzen urthelnden Themis um so natürli¬ cher ist, da schon Diderot *) behauptet, daß Blinde grausamer wären -- und drittens war wohl niemand mehr bereit, sein Kind, das er wie sonst angeblich Juden und Hexen Chri¬ stenkinder, kreuzigte um wie jene mit dem Blu¬ te Etwas zu thun, tiefer zu betrauern, falls es stürbe, als er, da ohnehin die Eltern und über¬ haupt die Menschen zwar leicht das Unglück derer, die ihnen nahe liegen, aber schwer de¬ ren Verlust verschmerzen, so wie wir bei dem noch näher liegenden Haar nicht das Brennen und Schneiden, aber schmerzlich das Ausreissen desselben verspüren -- und viertens hatte Frou¬ lay immer das Unglück, daß Gedanken, die in seinem Kopfe eine leidliche, unschuldige Farbe hatten, gleich dem Hornsilber oder der guten Dinte auf der Stelle schwarz wurden, wenn sie ans Licht traten.
Sonst
*) Dessen Lettres sur les Aveugles.
einen gewiſſen Kies angeſetzt, eine gewiſſe Grau¬ ſamkeit angenommen, welche der hinter der Binde und als Areopag ohne den Anblick der Schmerzen urthelnden Themis um ſo natürli¬ cher iſt, da ſchon Diderot *) behauptet, daß Blinde grauſamer wären — und drittens war wohl niemand mehr bereit, ſein Kind, das er wie ſonſt angeblich Juden und Hexen Chri¬ ſtenkinder, kreuzigte um wie jene mit dem Blu¬ te Etwas zu thun, tiefer zu betrauern, falls es ſtürbe, als er, da ohnehin die Eltern und über¬ haupt die Menſchen zwar leicht das Unglück derer, die ihnen nahe liegen, aber ſchwer de¬ ren Verluſt verſchmerzen, ſo wie wir bei dem noch näher liegenden Haar nicht das Brennen und Schneiden, aber ſchmerzlich das Ausreiſſen deſſelben verſpüren — und viertens hatte Frou¬ lay immer das Unglück, daß Gedanken, die in ſeinem Kopfe eine leidliche, unſchuldige Farbe hatten, gleich dem Hornſilber oder der guten Dinte auf der Stelle ſchwarz wurden, wenn ſie ans Licht traten.
Sonſt
*) Deſſen Lettres sur les Aveugles.
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einen gewiſſen Kies angeſetzt, eine gewiſſe Grau¬
ſamkeit angenommen, welche der hinter der
Binde und als Areopag ohne den Anblick der
Schmerzen urthelnden Themis um ſo natürli¬
cher iſt, da ſchon Diderot *) behauptet, daß
Blinde grauſamer wären — und drittens war
wohl niemand mehr bereit, ſein Kind, das er
wie ſonſt angeblich Juden und Hexen Chri¬
ſtenkinder, kreuzigte um wie jene mit dem Blu¬
te Etwas zu thun, tiefer zu betrauern, falls es
ſtürbe, als er, da ohnehin die Eltern und über¬
haupt die Menſchen zwar leicht das Unglück
derer, die ihnen nahe liegen, aber ſchwer de¬
ren Verluſt verſchmerzen, ſo wie wir bei dem
noch näher liegenden Haar nicht das Brennen
und Schneiden, aber ſchmerzlich das Ausreiſſen
deſſelben verſpüren — und viertens hatte Frou¬
lay immer das Unglück, daß Gedanken, die in
ſeinem Kopfe eine leidliche, unſchuldige Farbe
hatten, gleich dem Hornſilber oder der guten
Dinte auf der Stelle ſchwarz wurden, wenn
ſie ans Licht traten.
Sonſt
*) Deſſen Lettres sur les Aveugles.
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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/252>, abgerufen am 27.11.2024.
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