Aber Albano! -- Wie die Entdeckung ei¬ ner neuen Welt, kehrte diese seine alte um. Linda, dieser ausländische Tropikvogel, flog seinem na¬ hen Vater voraus, der wie ein reiches Land vor ihm aus der Ferne aufstieg -- Der Boden, wo er so viel Dornen und Blumen gefunden, sank bald hinter seinem Rücken mit allen Schä¬ tzen und Tagen ein. -- Nur Liane darf nicht mit verschwinden; diese Muse seiner Jugend muß er mit ins Land der Jugend ziehen. Durch diese gewöhnlichen Zauberkünste des Her¬ zens war von Linda's Nähe eine unüberwind¬ liche Sehnsucht nach Lianen in ihm wach ge¬ worden.
Er war nun entschieden, die Fürstin an ihr früheres Versprechen, den Lebensbalsam einer südlichen Reise auf Lianens kranke Nerven zu gießen, zu mahnen und durch sie noch früh ge¬ nug, eh' die Verwirrung des drängenden Au¬ genblickes etwas vereitele, die Ministerin zu be¬ stimmen und zu gewinnen, welche wie alle Hof¬ menschen gewiß schwer einem fürstlichen Wun¬ sche und einer Glücks-Perspektive widerstehen werde.
Aber Albano! — Wie die Entdeckung ei¬ ner neuen Welt, kehrte dieſe ſeine alte um. Linda, dieſer ausländiſche Tropikvogel, flog ſeinem na¬ hen Vater voraus, der wie ein reiches Land vor ihm aus der Ferne aufſtieg — Der Boden, wo er ſo viel Dornen und Blumen gefunden, ſank bald hinter ſeinem Rücken mit allen Schä¬ tzen und Tagen ein. — Nur Liane darf nicht mit verſchwinden; dieſe Muſe ſeiner Jugend muß er mit ins Land der Jugend ziehen. Durch dieſe gewöhnlichen Zauberkünſte des Her¬ zens war von Linda's Nähe eine unüberwind¬ liche Sehnſucht nach Lianen in ihm wach ge¬ worden.
Er war nun entſchieden, die Fürſtin an ihr früheres Verſprechen, den Lebensbalſam einer ſüdlichen Reiſe auf Lianens kranke Nerven zu gießen, zu mahnen und durch ſie noch früh ge¬ nug, eh' die Verwirrung des drängenden Au¬ genblickes etwas vereitele, die Miniſterin zu be¬ ſtimmen und zu gewinnen, welche wie alle Hof¬ menſchen gewiß ſchwer einem fürſtlichen Wun¬ ſche und einer Glücks-Perſpektive widerſtehen werde.
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Aber Albano! — Wie die Entdeckung ei¬
ner neuen Welt, kehrte dieſe ſeine alte um. Linda,
dieſer ausländiſche Tropikvogel, flog ſeinem na¬
hen Vater voraus, der wie ein reiches Land
vor ihm aus der Ferne aufſtieg — Der Boden,
wo er ſo viel Dornen und Blumen gefunden,
ſank bald hinter ſeinem Rücken mit allen Schä¬
tzen und Tagen ein. — Nur Liane darf nicht
mit verſchwinden; dieſe Muſe ſeiner Jugend
muß er mit ins Land der Jugend ziehen.
Durch dieſe gewöhnlichen Zauberkünſte des Her¬
zens war von Linda's Nähe eine unüberwind¬
liche Sehnſucht nach Lianen in ihm wach ge¬
worden.
Er war nun entſchieden, die Fürſtin an ihr
früheres Verſprechen, den Lebensbalſam einer
ſüdlichen Reiſe auf Lianens kranke Nerven zu
gießen, zu mahnen und durch ſie noch früh ge¬
nug, eh' die Verwirrung des drängenden Au¬
genblickes etwas vereitele, die Miniſterin zu be¬
ſtimmen und zu gewinnen, welche wie alle Hof¬
menſchen gewiß ſchwer einem fürſtlichen Wun¬
ſche und einer Glücks-Perſpektive widerſtehen
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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/339>, abgerufen am 06.10.2024.
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