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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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er erkannte sie an, hielt sie fest, sah sie an,
sprach ihr zu: gehe nur ein wenig fort, rette
Ihn und dann komme wieder! --

Seine eigne Vervielfältigung ekelte ihn:
"müsset Ihr mich stören, ihr Ichs?" sagt' er,
und er legte sichs nun vor, wie er stehe vor
der reichsten, hellesten Minute und feinsten
Goldwage seines Daseyns, wie ein Grab und
ein großes Leben liege auf dieser Wage, und
wie sein Ich ihm schwinden müsse wie die nach¬
gemachten gläsernen Ichs umher. -- -- --
Plötzlich flog ihn eine Freude an, nicht über
den Werth seines Entschlusses, sondern über die
Gelegenheit dazu.

Endlich giengen nahe Thüren auf und dann
die nächste. -- Da trat mit noch halb zurückge¬
wandtem Kopfe eine große Gestalt herein, ganz
in lange schwarze Seide eingehüllt. Wie ein
entzückter Mond auf hohen Laubgipfeln, stand
auf der seidnen dunkeln Wolke ein üppig-blü¬
hender schmuckloser Kopf voll Leben vor ihm,
mit schwarzen Augen voll Blitze, mit dunkeln
Rosen auf dem blendenden Gesicht und mit ei¬
ner thronenden Schnee-Stirn unter dem brau¬

er erkannte ſie an, hielt ſie feſt, ſah ſie an,
ſprach ihr zu: gehe nur ein wenig fort, rette
Ihn und dann komme wieder! —

Seine eigne Vervielfältigung ekelte ihn:
„müſſet Ihr mich ſtören, ihr Ichs?“ ſagt' er,
und er legte ſichs nun vor, wie er ſtehe vor
der reichſten, helleſten Minute und feinſten
Goldwage ſeines Daſeyns, wie ein Grab und
ein großes Leben liege auf dieſer Wage, und
wie ſein Ich ihm ſchwinden müſſe wie die nach¬
gemachten gläſernen Ichs umher. — — —
Plötzlich flog ihn eine Freude an, nicht über
den Werth ſeines Entſchluſſes, ſondern über die
Gelegenheit dazu.

Endlich giengen nahe Thüren auf und dann
die nächſte. — Da trat mit noch halb zurückge¬
wandtem Kopfe eine große Geſtalt herein, ganz
in lange ſchwarze Seide eingehüllt. Wie ein
entzückter Mond auf hohen Laubgipfeln, ſtand
auf der ſeidnen dunkeln Wolke ein üppig-blü¬
hender ſchmuckloſer Kopf voll Leben vor ihm,
mit ſchwarzen Augen voll Blitze, mit dunkeln
Roſen auf dem blendenden Geſicht und mit ei¬
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[407/0419] er erkannte ſie an, hielt ſie feſt, ſah ſie an, ſprach ihr zu: gehe nur ein wenig fort, rette Ihn und dann komme wieder! — Seine eigne Vervielfältigung ekelte ihn: „müſſet Ihr mich ſtören, ihr Ichs?“ ſagt' er, und er legte ſichs nun vor, wie er ſtehe vor der reichſten, helleſten Minute und feinſten Goldwage ſeines Daſeyns, wie ein Grab und ein großes Leben liege auf dieſer Wage, und wie ſein Ich ihm ſchwinden müſſe wie die nach¬ gemachten gläſernen Ichs umher. — — — Plötzlich flog ihn eine Freude an, nicht über den Werth ſeines Entſchluſſes, ſondern über die Gelegenheit dazu. Endlich giengen nahe Thüren auf und dann die nächſte. — Da trat mit noch halb zurückge¬ wandtem Kopfe eine große Geſtalt herein, ganz in lange ſchwarze Seide eingehüllt. Wie ein entzückter Mond auf hohen Laubgipfeln, ſtand auf der ſeidnen dunkeln Wolke ein üppig-blü¬ hender ſchmuckloſer Kopf voll Leben vor ihm, mit ſchwarzen Augen voll Blitze, mit dunkeln Roſen auf dem blendenden Geſicht und mit ei¬ ner thronenden Schnee-Stirn unter dem brau¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/419>, abgerufen am 09.11.2024.