Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.wie auf der Erde die edle Menschengestalt in Da schimmerte das goldne Gefilde von un¬ Ich war allein, blickte umher und das ein¬ wie auf der Erde die edle Menſchengeſtalt in Da ſchimmerte das goldne Gefilde von un¬ Ich war allein, blickte umher und das ein¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0438" n="426"/> wie auf der Erde die edle Menſchengeſtalt in<lb/> der finſtern Spiegel Kette der Thiere hinab¬<lb/> kriecht: ſo flog ſie droben hinauf an reinen, hel¬<lb/> len, freien Göttern von Gott geſandt — Die<lb/> Welten berührten die Sonne und zerfloſſen<lb/> auf ihr — auch die Sonne zergieng, um in<lb/> das Land der Liebe herabzufließen und wur¬<lb/> de ein wehender Glanz — Da ſtreckten die<lb/> ſchönen Götter und die ſchönen Göttinnen ge¬<lb/> geneinander die Arme aus und berührten<lb/> ſich, vor Liebe bebend; aber wie wogende Sai¬<lb/> ten vergiengen ſie Freude-zitternd dem Auge<lb/> und ihr Daſeyn wurde nur eine unſichtbare<lb/> Melodie und es ſangen ſich die Töne: „„ich bin<lb/> „„bei Dir und bin bei Gott““ — Und andere<lb/> ſangen: „„Die Sonne war Gott!““ —</p><lb/> <p>Da ſchimmerte das goldne Gefilde von un¬<lb/> zähligen Freudenthränen, die unter der unſichtba¬<lb/> ren Umarmung niedergefallen waren; die Ewig¬<lb/> keit wurde ſtill und die Lüfte ruhten und nur<lb/> das fortwehende Roſenlicht der aufgelöſten<lb/> Sonne bewegte ſanft die naſſen Blumen.</p><lb/> <p>Ich war allein, blickte umher und das ein¬<lb/> ſame Herz ſehnte ſich ſterbend nach einem Ster¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [426/0438]
wie auf der Erde die edle Menſchengeſtalt in
der finſtern Spiegel Kette der Thiere hinab¬
kriecht: ſo flog ſie droben hinauf an reinen, hel¬
len, freien Göttern von Gott geſandt — Die
Welten berührten die Sonne und zerfloſſen
auf ihr — auch die Sonne zergieng, um in
das Land der Liebe herabzufließen und wur¬
de ein wehender Glanz — Da ſtreckten die
ſchönen Götter und die ſchönen Göttinnen ge¬
geneinander die Arme aus und berührten
ſich, vor Liebe bebend; aber wie wogende Sai¬
ten vergiengen ſie Freude-zitternd dem Auge
und ihr Daſeyn wurde nur eine unſichtbare
Melodie und es ſangen ſich die Töne: „„ich bin
„„bei Dir und bin bei Gott““ — Und andere
ſangen: „„Die Sonne war Gott!““ —
Da ſchimmerte das goldne Gefilde von un¬
zähligen Freudenthränen, die unter der unſichtba¬
ren Umarmung niedergefallen waren; die Ewig¬
keit wurde ſtill und die Lüfte ruhten und nur
das fortwehende Roſenlicht der aufgelöſten
Sonne bewegte ſanft die naſſen Blumen.
Ich war allein, blickte umher und das ein¬
ſame Herz ſehnte ſich ſterbend nach einem Ster¬
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/438>, abgerufen am 16.02.2025. |