Dich immer unmäßig lobte. -- Und nun nous voici donc. -- Gestern erhielt ich in Neapel den traurigen Brief meines Bruders. Von Deiner Ankunft wußt' ich noch nichts. Ich ließ die Gräfinn allein zu Deinem Ton-Fest gehen und eilte mit dem schweren Herzen heim. Da sie freudig kam, that sie ihres auf und sagte mir alles -- und dann ich ihr alles. -- Ach, Gott Lob, (setzte sie ihm an den Hals fallend dazu,) daß wir nun endlich im Elysium ausgestiegen sind und daß uns der morsche Charons-Kahn nicht hat ersaufen lassen. -- Aber für ganz Europa, auch für Deinen Dian, bleibet auf un¬ serer Verwandtschaft das Sekretsinsiegel daran, merke!" Er mußte noch einige Fragen thun; sie antwortete immer aufgeweckt, der Oktober, der Oktober! bis sie auf einmal wie erwachend ausrief: "o wie kann ich das so lustig sagen?" aber ohne sich darüber zu erklären.
"Jetzt will ich Dich, wie ichs bisher machte, zur Gräfinn bringen, aber über einen kürzern Weg!" sagte sie, nahm seine Hand, führte ihn hinaus, öffnete das Zimmer gegenüber, wo Linda wohnte, und sagte: "ich stelle Dir mei¬
Dich immer unmäßig lobte. — Und nun nous voici donc. — Geſtern erhielt ich in Neapel den traurigen Brief meines Bruders. Von Deiner Ankunft wußt' ich noch nichts. Ich ließ die Gräfinn allein zu Deinem Ton-Feſt gehen und eilte mit dem ſchweren Herzen heim. Da ſie freudig kam, that ſie ihres auf und ſagte mir alles — und dann ich ihr alles. — Ach, Gott Lob, (ſetzte ſie ihm an den Hals fallend dazu,) daß wir nun endlich im Elyſium ausgeſtiegen ſind und daß uns der morſche Charons-Kahn nicht hat erſaufen laſſen. — Aber für ganz Europa, auch für Deinen Dian, bleibet auf un¬ ſerer Verwandtſchaft das Sekretsinſiegel daran, merke!“ Er mußte noch einige Fragen thun; ſie antwortete immer aufgeweckt, der Oktober, der Oktober! bis ſie auf einmal wie erwachend ausrief: „o wie kann ich das ſo luſtig ſagen?“ aber ohne ſich darüber zu erklären.
„Jetzt will ich Dich, wie ichs bisher machte, zur Gräfinn bringen, aber über einen kürzern Weg!“ ſagte ſie, nahm ſeine Hand, führte ihn hinaus, öffnete das Zimmer gegenüber, wo Linda wohnte, und ſagte: „ich ſtelle Dir mei¬
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Dich immer unmäßig lobte. — Und nun nous
voici donc. — Geſtern erhielt ich in Neapel den
traurigen Brief meines Bruders. Von Deiner
Ankunft wußt' ich noch nichts. Ich ließ die
Gräfinn allein zu Deinem Ton-Feſt gehen und
eilte mit dem ſchweren Herzen heim. Da ſie
freudig kam, that ſie ihres auf und ſagte mir
alles — und dann ich ihr alles. — Ach, Gott
Lob, (ſetzte ſie ihm an den Hals fallend dazu,)
daß wir nun endlich im Elyſium ausgeſtiegen
ſind und daß uns der morſche Charons-Kahn
nicht hat erſaufen laſſen. — Aber für ganz
Europa, auch für Deinen Dian, bleibet auf un¬
ſerer Verwandtſchaft das Sekretsinſiegel daran,
merke!“ Er mußte noch einige Fragen thun;
ſie antwortete immer aufgeweckt, der Oktober,
der Oktober! bis ſie auf einmal wie erwachend
ausrief: „o wie kann ich das ſo luſtig ſagen?“
aber ohne ſich darüber zu erklären.
„Jetzt will ich Dich, wie ichs bisher machte,
zur Gräfinn bringen, aber über einen kürzern
Weg!“ ſagte ſie, nahm ſeine Hand, führte ihn
hinaus, öffnete das Zimmer gegenüber, wo
Linda wohnte, und ſagte: „ich ſtelle Dir mei¬
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/162>, abgerufen am 27.11.2024.
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