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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Als er den andern Tag ins väterliche Zim¬
mer kam: fand er niemand darin als Julienne.
Sie küßte ihn kurz und kaum, um schnell mit
ihren Nachrichten fertig zu werden, da ihre Ab¬
wesenheit auf so viele Minuten eingeschlossen
war als die Fürstinn brauchte, um vom Kran¬
kenbette des Mannes in das Zimmer der Prin¬
zessinn zu kommen. "Sie heirathet Dich nicht,
(fieng sie leise an,) so sehr und so fein auch
Dein Vater ihr bei dem ersten Empfang nach
der Reise die Freude über das neue Glück sei¬
nes Sohnes ausdrückte, für das er nun bloß
nichts mehr zu wünschen brauchte, sagt' er, als
das Siegel der Fortdauer -- Es war noch fei¬
ner versilbert und vergoldet, ich weiß es nicht
mehr. -- Darauf erwiederte sie in ihrer Spra¬
che, die ich nie behalte, ihr und Dein Wille
wären das rechte Siegel, jedes andere politi¬
sche drücke Ketten und Sklaven auf dem schön¬
sten Leben aus." --

Hart wurd' Albano von einer offnen Wei¬
gerung verletzt, die ihn bisher als eine stille
und als Philosophie auftretende nur wie we¬
senloser Schatte unberührt umflossen hatte.

Als er den andern Tag ins väterliche Zim¬
mer kam: fand er niemand darin als Julienne.
Sie küßte ihn kurz und kaum, um ſchnell mit
ihren Nachrichten fertig zu werden, da ihre Ab¬
weſenheit auf ſo viele Minuten eingeſchloſſen
war als die Fürſtinn brauchte, um vom Kran¬
kenbette des Mannes in das Zimmer der Prin¬
zeſſinn zu kommen. „Sie heirathet Dich nicht,
(fieng ſie leiſe an,) ſo ſehr und ſo fein auch
Dein Vater ihr bei dem erſten Empfang nach
der Reiſe die Freude über das neue Glück ſei¬
nes Sohnes ausdrückte, für das er nun bloß
nichts mehr zu wünſchen brauchte, ſagt' er, als
das Siegel der Fortdauer — Es war noch fei¬
ner verſilbert und vergoldet, ich weiß es nicht
mehr. — Darauf erwiederte ſie in ihrer Spra¬
che, die ich nie behalte, ihr und Dein Wille
wären das rechte Siegel, jedes andere politi¬
ſche drücke Ketten und Sklaven auf dem ſchön¬
ſten Leben aus.“ —

Hart wurd' Albano von einer offnen Wei¬
gerung verletzt, die ihn bisher als eine ſtille
und als Philoſophie auftretende nur wie we¬
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[317/0329] Als er den andern Tag ins väterliche Zim¬ mer kam: fand er niemand darin als Julienne. Sie küßte ihn kurz und kaum, um ſchnell mit ihren Nachrichten fertig zu werden, da ihre Ab¬ weſenheit auf ſo viele Minuten eingeſchloſſen war als die Fürſtinn brauchte, um vom Kran¬ kenbette des Mannes in das Zimmer der Prin¬ zeſſinn zu kommen. „Sie heirathet Dich nicht, (fieng ſie leiſe an,) ſo ſehr und ſo fein auch Dein Vater ihr bei dem erſten Empfang nach der Reiſe die Freude über das neue Glück ſei¬ nes Sohnes ausdrückte, für das er nun bloß nichts mehr zu wünſchen brauchte, ſagt' er, als das Siegel der Fortdauer — Es war noch fei¬ ner verſilbert und vergoldet, ich weiß es nicht mehr. — Darauf erwiederte ſie in ihrer Spra¬ che, die ich nie behalte, ihr und Dein Wille wären das rechte Siegel, jedes andere politi¬ ſche drücke Ketten und Sklaven auf dem ſchön¬ ſten Leben aus.“ — Hart wurd' Albano von einer offnen Wei¬ gerung verletzt, die ihn bisher als eine ſtille und als Philoſophie auftretende nur wie we¬ ſenloſer Schatte unberührt umfloſſen hatte.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/329>, abgerufen am 22.11.2024.