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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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ke zu Staats-Zöllen und Partie-Geldern, ja
wohl Partie-Geldern herabzuziehen? -- Gute
Linda, nun stehen wir wieder auf dem Boden,
wo man die Blumen der Liebe zu Heu an¬
schlägt -- und wo es im Paradies keine an¬
dere Bäume giebt als Gränzbäume. -- Nein,
freies Wesen, durch mich sollst Du nie aufhö¬
ren, es zu seyn!" --

Julienne trat einige Schritte zurück, sagte:
"ich will Dich nur auslachen," that es und
setzte ernst dazu: "Sie also, willst Du, soll
Dir den Tag anberaumen, wo der alte Vater
sichtbar werden soll?" -- "Das folge gar nicht,"
sagt' er. Sie bemerkte ruhig, daß immer ein
hitziger Mann über die Hitze des andern klage
und daß Albano schon in der Ruhe zu strenge
auf fremdes und eignes Recht dringe; daß sol¬
che Leute dann in der Leidenschaft etwas über
das Recht hinaus verlangten, wie ein Stift,
der in der Uhr zu genau passet, erwärmt sie
durch seine Größe anhält. Jetzt bat sie ihn
liebreich, das Auseinanderzupfen des "gan¬
zen Wirrwarrs" bloß ihren Fingern zu überlas¬
sen und sanft und still zu bleiben, damit nicht

ke zu Staats-Zöllen und Partie-Geldern, ja
wohl Partie-Geldern herabzuziehen? — Gute
Linda, nun ſtehen wir wieder auf dem Boden,
wo man die Blumen der Liebe zu Heu an¬
ſchlägt — und wo es im Paradies keine an¬
dere Bäume giebt als Gränzbäume. — Nein,
freies Weſen, durch mich ſollſt Du nie aufhö¬
ren, es zu ſeyn!“ —

Julienne trat einige Schritte zurück, ſagte:
„ich will Dich nur auslachen,“ that es und
ſetzte ernſt dazu: „Sie alſo, willſt Du, ſoll
Dir den Tag anberaumen, wo der alte Vater
ſichtbar werden ſoll?“ — „Das folge gar nicht,“
ſagt' er. Sie bemerkte ruhig, daß immer ein
hitziger Mann über die Hitze des andern klage
und daß Albano ſchon in der Ruhe zu ſtrenge
auf fremdes und eignes Recht dringe; daß ſol¬
che Leute dann in der Leidenſchaft etwas über
das Recht hinaus verlangten, wie ein Stift,
der in der Uhr zu genau paſſet, erwärmt ſie
durch ſeine Größe anhält. Jetzt bat ſie ihn
liebreich, das Auseinanderzupfen des „gan¬
zen Wirrwarrs“ bloß ihren Fingern zu überlas¬
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[319/0331] ke zu Staats-Zöllen und Partie-Geldern, ja wohl Partie-Geldern herabzuziehen? — Gute Linda, nun ſtehen wir wieder auf dem Boden, wo man die Blumen der Liebe zu Heu an¬ ſchlägt — und wo es im Paradies keine an¬ dere Bäume giebt als Gränzbäume. — Nein, freies Weſen, durch mich ſollſt Du nie aufhö¬ ren, es zu ſeyn!“ — Julienne trat einige Schritte zurück, ſagte: „ich will Dich nur auslachen,“ that es und ſetzte ernſt dazu: „Sie alſo, willſt Du, ſoll Dir den Tag anberaumen, wo der alte Vater ſichtbar werden ſoll?“ — „Das folge gar nicht,“ ſagt' er. Sie bemerkte ruhig, daß immer ein hitziger Mann über die Hitze des andern klage und daß Albano ſchon in der Ruhe zu ſtrenge auf fremdes und eignes Recht dringe; daß ſol¬ che Leute dann in der Leidenſchaft etwas über das Recht hinaus verlangten, wie ein Stift, der in der Uhr zu genau paſſet, erwärmt ſie durch ſeine Größe anhält. Jetzt bat ſie ihn liebreich, das Auseinanderzupfen des „gan¬ zen Wirrwarrs“ bloß ihren Fingern zu überlas¬ ſen und ſanft und ſtill zu bleiben, damit nicht

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/331>, abgerufen am 02.06.2024.