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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Idoine hieng mit inniger Liebe, als wär'
alles neu durch diesen Abend, an den doppel¬
ten Gruppen. "Nur der Landmann allein ist
so glücklich, (sagte sie,) daß er in allen ar¬
kadischen Verhältnissen seiner Kindheit fort¬
lebt. Der Greis sieht nichts um sich als Ge¬
räthschaften und Arbeiten, die er auch als Kind
gesehen und getrieben. Endlich geht er jenen
Garten drüben hinauf und schläft aus." --
Sie zeigte auf den Gottesacker am Berge, der
ein wahrer Garten mit Blumenbeeten und ei¬
ner Mauer aus Fruchtbäumen war. Julienne
blickte erschüttert hin, sie sah den schwarzen
Vorhang zittern, hinter welchen ihr kranker
Bruder bald getrieben wurde.

Mit durchsichtigem Abend-Goldstaub war
der Garten überweht -- der laute Tag war
gedämpft und das Leben friedlich, Öhlzweige
und ihre Blüthen sanken aus dem stillen Him¬
mel langsam nieder. -- "Dort ist der einzige
Ort, (sagte Idoine,) wo der Mensch mit sich
und andern einen ewigen Frieden schließet,
sagte so schön zu mir ein französischer Geistli¬
cher." -- "Solchen christ-katholischen Jam¬

Idoine hieng mit inniger Liebe, als wär'
alles neu durch dieſen Abend, an den doppel¬
ten Gruppen. „Nur der Landmann allein iſt
ſo glücklich, (ſagte ſie,) daß er in allen ar¬
kadiſchen Verhältniſſen ſeiner Kindheit fort¬
lebt. Der Greis ſieht nichts um ſich als Ge¬
räthſchaften und Arbeiten, die er auch als Kind
geſehen und getrieben. Endlich geht er jenen
Garten drüben hinauf und ſchläft aus.“ —
Sie zeigte auf den Gottesacker am Berge, der
ein wahrer Garten mit Blumenbeeten und ei¬
ner Mauer aus Fruchtbäumen war. Julienne
blickte erſchüttert hin, ſie ſah den ſchwarzen
Vorhang zittern, hinter welchen ihr kranker
Bruder bald getrieben wurde.

Mit durchſichtigem Abend-Goldſtaub war
der Garten überweht — der laute Tag war
gedämpft und das Leben friedlich, Öhlzweige
und ihre Blüthen ſanken aus dem ſtillen Him¬
mel langſam nieder. — „Dort iſt der einzige
Ort, (ſagte Idoine,) wo der Menſch mit ſich
und andern einen ewigen Frieden ſchließet,
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cher.“ — „Solchen chriſt-katholiſchen Jam¬

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[333/0345] Idoine hieng mit inniger Liebe, als wär' alles neu durch dieſen Abend, an den doppel¬ ten Gruppen. „Nur der Landmann allein iſt ſo glücklich, (ſagte ſie,) daß er in allen ar¬ kadiſchen Verhältniſſen ſeiner Kindheit fort¬ lebt. Der Greis ſieht nichts um ſich als Ge¬ räthſchaften und Arbeiten, die er auch als Kind geſehen und getrieben. Endlich geht er jenen Garten drüben hinauf und ſchläft aus.“ — Sie zeigte auf den Gottesacker am Berge, der ein wahrer Garten mit Blumenbeeten und ei¬ ner Mauer aus Fruchtbäumen war. Julienne blickte erſchüttert hin, ſie ſah den ſchwarzen Vorhang zittern, hinter welchen ihr kranker Bruder bald getrieben wurde. Mit durchſichtigem Abend-Goldſtaub war der Garten überweht — der laute Tag war gedämpft und das Leben friedlich, Öhlzweige und ihre Blüthen ſanken aus dem ſtillen Him¬ mel langſam nieder. — „Dort iſt der einzige Ort, (ſagte Idoine,) wo der Menſch mit ſich und andern einen ewigen Frieden ſchließet, ſagte ſo ſchön zu mir ein franzöſiſcher Geiſtli¬ cher.“ — „Solchen chriſt-katholiſchen Jam¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/345>, abgerufen am 22.11.2024.