Idoine hieng mit inniger Liebe, als wär' alles neu durch diesen Abend, an den doppel¬ ten Gruppen. "Nur der Landmann allein ist so glücklich, (sagte sie,) daß er in allen ar¬ kadischen Verhältnissen seiner Kindheit fort¬ lebt. Der Greis sieht nichts um sich als Ge¬ räthschaften und Arbeiten, die er auch als Kind gesehen und getrieben. Endlich geht er jenen Garten drüben hinauf und schläft aus." -- Sie zeigte auf den Gottesacker am Berge, der ein wahrer Garten mit Blumenbeeten und ei¬ ner Mauer aus Fruchtbäumen war. Julienne blickte erschüttert hin, sie sah den schwarzen Vorhang zittern, hinter welchen ihr kranker Bruder bald getrieben wurde.
Mit durchsichtigem Abend-Goldstaub war der Garten überweht -- der laute Tag war gedämpft und das Leben friedlich, Öhlzweige und ihre Blüthen sanken aus dem stillen Him¬ mel langsam nieder. -- "Dort ist der einzige Ort, (sagte Idoine,) wo der Mensch mit sich und andern einen ewigen Frieden schließet, sagte so schön zu mir ein französischer Geistli¬ cher." -- "Solchen christ-katholischen Jam¬
Idoine hieng mit inniger Liebe, als wär' alles neu durch dieſen Abend, an den doppel¬ ten Gruppen. „Nur der Landmann allein iſt ſo glücklich, (ſagte ſie,) daß er in allen ar¬ kadiſchen Verhältniſſen ſeiner Kindheit fort¬ lebt. Der Greis ſieht nichts um ſich als Ge¬ räthſchaften und Arbeiten, die er auch als Kind geſehen und getrieben. Endlich geht er jenen Garten drüben hinauf und ſchläft aus.“ — Sie zeigte auf den Gottesacker am Berge, der ein wahrer Garten mit Blumenbeeten und ei¬ ner Mauer aus Fruchtbäumen war. Julienne blickte erſchüttert hin, ſie ſah den ſchwarzen Vorhang zittern, hinter welchen ihr kranker Bruder bald getrieben wurde.
Mit durchſichtigem Abend-Goldſtaub war der Garten überweht — der laute Tag war gedämpft und das Leben friedlich, Öhlzweige und ihre Blüthen ſanken aus dem ſtillen Him¬ mel langſam nieder. — „Dort iſt der einzige Ort, (ſagte Idoine,) wo der Menſch mit ſich und andern einen ewigen Frieden ſchließet, ſagte ſo ſchön zu mir ein franzöſiſcher Geiſtli¬ cher.“ — „Solchen chriſt-katholiſchen Jam¬
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Idoine hieng mit inniger Liebe, als wär'
alles neu durch dieſen Abend, an den doppel¬
ten Gruppen. „Nur der Landmann allein iſt
ſo glücklich, (ſagte ſie,) daß er in allen ar¬
kadiſchen Verhältniſſen ſeiner Kindheit fort¬
lebt. Der Greis ſieht nichts um ſich als Ge¬
räthſchaften und Arbeiten, die er auch als Kind
geſehen und getrieben. Endlich geht er jenen
Garten drüben hinauf und ſchläft aus.“ —
Sie zeigte auf den Gottesacker am Berge, der
ein wahrer Garten mit Blumenbeeten und ei¬
ner Mauer aus Fruchtbäumen war. Julienne
blickte erſchüttert hin, ſie ſah den ſchwarzen
Vorhang zittern, hinter welchen ihr kranker
Bruder bald getrieben wurde.
Mit durchſichtigem Abend-Goldſtaub war
der Garten überweht — der laute Tag war
gedämpft und das Leben friedlich, Öhlzweige
und ihre Blüthen ſanken aus dem ſtillen Him¬
mel langſam nieder. — „Dort iſt der einzige
Ort, (ſagte Idoine,) wo der Menſch mit ſich
und andern einen ewigen Frieden ſchließet,
ſagte ſo ſchön zu mir ein franzöſiſcher Geiſtli¬
cher.“ — „Solchen chriſt-katholiſchen Jam¬
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/345>, abgerufen am 22.11.2024.
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