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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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mir es derb abgeschlagen; aber morgen erwartet
er uns im Prinzengarten."

Verändert -- weich -- mit verklärten Au¬
gen sagte Linda mit gesunkner Stimme: "mein
Freund liebt mich so sehr? -- Ich lieb' ihn
aber auch sehr, den Reinen. Morgen will ich
zu ihm sagen, nimm meine Freiheit und bleibe
ewig bei mir. Vom Altare ziehen wir davon,
meine Julienne, Du und er und ich nach Va¬
lencia
, nach Isola bella oder wohin er will
und bleiben beisammen. Du guter Mond und
Musik! Wie die Töne und die Strahlen so
kindlich mit einander spielen! -- Umarme mich,
meine Geliebte, vergieb, daß Linda unartig
gewesen!" -- Hier war der Sturm des Her¬
zens in süßes Weinen zergangen. So wird in
den Ländern unter der scheitel-rechten Sonne täg¬
lich der blaue Himmel Donner, Sturm und
schwarzer Regen, und täglich geht die Sonne
wieder blau und golden unter.

Julienne versetzte bloß: "Schön! nun wol¬
len wir hinauf!", weniger als sie zu schnellen
Übergängen fähig. Als sie oben die stille, helle,
nichts begehrende Idoine wieder sah -- die fest

mir es derb abgeſchlagen; aber morgen erwartet
er uns im Prinzengarten.“

Verändert — weich — mit verklärten Au¬
gen ſagte Linda mit geſunkner Stimme: „mein
Freund liebt mich ſo ſehr? — Ich lieb' ihn
aber auch ſehr, den Reinen. Morgen will ich
zu ihm ſagen, nimm meine Freiheit und bleibe
ewig bei mir. Vom Altare ziehen wir davon,
meine Julienne, Du und er und ich nach Va¬
lencia
, nach Isola bella oder wohin er will
und bleiben beiſammen. Du guter Mond und
Muſik! Wie die Töne und die Strahlen ſo
kindlich mit einander ſpielen! — Umarme mich,
meine Geliebte, vergieb, daß Linda unartig
geweſen!“ — Hier war der Sturm des Her¬
zens in ſüßes Weinen zergangen. So wird in
den Ländern unter der ſcheitel-rechten Sonne täg¬
lich der blaue Himmel Donner, Sturm und
ſchwarzer Regen, und täglich geht die Sonne
wieder blau und golden unter.

Julienne verſetzte bloß: „Schön! nun wol¬
len wir hinauf!“, weniger als ſie zu ſchnellen
Übergängen fähig. Als ſie oben die ſtille, helle,
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[347/0359] mir es derb abgeſchlagen; aber morgen erwartet er uns im Prinzengarten.“ Verändert — weich — mit verklärten Au¬ gen ſagte Linda mit geſunkner Stimme: „mein Freund liebt mich ſo ſehr? — Ich lieb' ihn aber auch ſehr, den Reinen. Morgen will ich zu ihm ſagen, nimm meine Freiheit und bleibe ewig bei mir. Vom Altare ziehen wir davon, meine Julienne, Du und er und ich nach Va¬ lencia, nach Isola bella oder wohin er will und bleiben beiſammen. Du guter Mond und Muſik! Wie die Töne und die Strahlen ſo kindlich mit einander ſpielen! — Umarme mich, meine Geliebte, vergieb, daß Linda unartig geweſen!“ — Hier war der Sturm des Her¬ zens in ſüßes Weinen zergangen. So wird in den Ländern unter der ſcheitel-rechten Sonne täg¬ lich der blaue Himmel Donner, Sturm und ſchwarzer Regen, und täglich geht die Sonne wieder blau und golden unter. Julienne verſetzte bloß: „Schön! nun wol¬ len wir hinauf!“, weniger als ſie zu ſchnellen Übergängen fähig. Als ſie oben die ſtille, helle, nichts begehrende Idoine wieder ſah — die feſt

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/359>, abgerufen am 22.11.2024.