sagte Gaspard. "Nur weichliche, ehrlose, zwei¬ deutige, vielseitige Mattigkeit des Herzens hat er; spricht von Kraft und kann nicht die dünn¬ ste Lust-Schlinge zerreißen" sagte Albano.
"Karl, (sagte Hiort weich als antwortete er jenen,) ja, noch Eine Hülfe giebts. Wenn am Leben eine frische Farbe nach der andern verschießet -- wenn das Daseyn nun nichts wird, kein Lust- kein Trauer-Spiel, nur ein fades Schau-Spiel: so ist dem Menschen noch ein Himmel offen, der ihn aufnimmt, die Liebe. Schließet sich dieser zu, so ist er ewig verdammt. Carlos, mein Carlos, ich könnte noch glücklich werden -- denn ich habe Athe¬ nais gesehen -- aber ich kann noch unglückli¬ cher werden, denn sie liebt mich nicht. In mei¬ nem Herzen liegt dieser prangende, aber scharf fortschneidende Demant, an dem es blutet so oft es schlägt." -- Ueberall ließ jetzt Roquai¬ rol Linda's Bild mitspielen. Hier brachte an¬ fangs Carlos den Freund mit der Nachricht in Aufruhr, daß Athenais von seinem Vater zu seiner Braut erlesen sey und bald komme; aber er stillte ihn, da seine Schwester Lilia erschien,
ſagte Gaſpard. „Nur weichliche, ehrloſe, zwei¬ deutige, vielſeitige Mattigkeit des Herzens hat er; ſpricht von Kraft und kann nicht die dünn¬ ſte Luſt-Schlinge zerreißen“ ſagte Albano.
„Karl, (ſagte Hiort weich als antwortete er jenen,) ja, noch Eine Hülfe giebts. Wenn am Leben eine friſche Farbe nach der andern verſchießet — wenn das Daſeyn nun nichts wird, kein Luſt- kein Trauer-Spiel, nur ein fades Schau-Spiel: ſo iſt dem Menſchen noch ein Himmel offen, der ihn aufnimmt, die Liebe. Schließet ſich dieſer zu, ſo iſt er ewig verdammt. Carlos, mein Carlos, ich könnte noch glücklich werden — denn ich habe Athe¬ nais geſehen — aber ich kann noch unglückli¬ cher werden, denn ſie liebt mich nicht. In mei¬ nem Herzen liegt dieſer prangende, aber ſcharf fortſchneidende Demant, an dem es blutet ſo oft es ſchlägt.“ — Ueberall ließ jetzt Roquai¬ rol Linda's Bild mitſpielen. Hier brachte an¬ fangs Carlos den Freund mit der Nachricht in Aufruhr, daß Athenais von ſeinem Vater zu ſeiner Braut erleſen ſey und bald komme; aber er ſtillte ihn, da ſeine Schweſter Lilia erſchien,
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ſagte Gaſpard. „Nur weichliche, ehrloſe, zwei¬
deutige, vielſeitige Mattigkeit des Herzens hat
er; ſpricht von Kraft und kann nicht die dünn¬
ſte Luſt-Schlinge zerreißen“ ſagte Albano.
„Karl, (ſagte Hiort weich als antwortete
er jenen,) ja, noch Eine Hülfe giebts. Wenn
am Leben eine friſche Farbe nach der andern
verſchießet — wenn das Daſeyn nun nichts
wird, kein Luſt- kein Trauer-Spiel, nur
ein fades Schau-Spiel: ſo iſt dem Menſchen
noch ein Himmel offen, der ihn aufnimmt, die
Liebe. Schließet ſich dieſer zu, ſo iſt er ewig
verdammt. Carlos, mein Carlos, ich könnte
noch glücklich werden — denn ich habe Athe¬
nais geſehen — aber ich kann noch unglückli¬
cher werden, denn ſie liebt mich nicht. In mei¬
nem Herzen liegt dieſer prangende, aber ſcharf
fortſchneidende Demant, an dem es blutet ſo
oft es ſchlägt.“ — Ueberall ließ jetzt Roquai¬
rol Linda's Bild mitſpielen. Hier brachte an¬
fangs Carlos den Freund mit der Nachricht in
Aufruhr, daß Athenais von ſeinem Vater zu
ſeiner Braut erleſen ſey und bald komme; aber
er ſtillte ihn, da ſeine Schweſter Lilia erſchien,
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/410>, abgerufen am 22.11.2024.
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