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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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sagte Gaspard. "Nur weichliche, ehrlose, zwei¬
deutige, vielseitige Mattigkeit des Herzens hat
er; spricht von Kraft und kann nicht die dünn¬
ste Lust-Schlinge zerreißen" sagte Albano.

"Karl, (sagte Hiort weich als antwortete
er jenen,) ja, noch Eine Hülfe giebts. Wenn
am Leben eine frische Farbe nach der andern
verschießet -- wenn das Daseyn nun nichts
wird, kein Lust- kein Trauer-Spiel, nur
ein fades Schau-Spiel: so ist dem Menschen
noch ein Himmel offen, der ihn aufnimmt, die
Liebe. Schließet sich dieser zu, so ist er ewig
verdammt. Carlos, mein Carlos, ich könnte
noch glücklich werden -- denn ich habe Athe¬
nais
gesehen -- aber ich kann noch unglückli¬
cher werden, denn sie liebt mich nicht. In mei¬
nem Herzen liegt dieser prangende, aber scharf
fortschneidende Demant, an dem es blutet so
oft es schlägt." -- Ueberall ließ jetzt Roquai¬
rol Linda's Bild mitspielen. Hier brachte an¬
fangs Carlos den Freund mit der Nachricht in
Aufruhr, daß Athenais von seinem Vater zu
seiner Braut erlesen sey und bald komme; aber
er stillte ihn, da seine Schwester Lilia erschien,

ſagte Gaſpard. „Nur weichliche, ehrloſe, zwei¬
deutige, vielſeitige Mattigkeit des Herzens hat
er; ſpricht von Kraft und kann nicht die dünn¬
ſte Luſt-Schlinge zerreißen“ ſagte Albano.

„Karl, (ſagte Hiort weich als antwortete
er jenen,) ja, noch Eine Hülfe giebts. Wenn
am Leben eine friſche Farbe nach der andern
verſchießet — wenn das Daſeyn nun nichts
wird, kein Luſt- kein Trauer-Spiel, nur
ein fades Schau-Spiel: ſo iſt dem Menſchen
noch ein Himmel offen, der ihn aufnimmt, die
Liebe. Schließet ſich dieſer zu, ſo iſt er ewig
verdammt. Carlos, mein Carlos, ich könnte
noch glücklich werden — denn ich habe Athe¬
nais
geſehen — aber ich kann noch unglückli¬
cher werden, denn ſie liebt mich nicht. In mei¬
nem Herzen liegt dieſer prangende, aber ſcharf
fortſchneidende Demant, an dem es blutet ſo
oft es ſchlägt.“ — Ueberall ließ jetzt Roquai¬
rol Linda's Bild mitſpielen. Hier brachte an¬
fangs Carlos den Freund mit der Nachricht in
Aufruhr, daß Athenais von ſeinem Vater zu
ſeiner Braut erleſen ſey und bald komme; aber
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[398/0410] ſagte Gaſpard. „Nur weichliche, ehrloſe, zwei¬ deutige, vielſeitige Mattigkeit des Herzens hat er; ſpricht von Kraft und kann nicht die dünn¬ ſte Luſt-Schlinge zerreißen“ ſagte Albano. „Karl, (ſagte Hiort weich als antwortete er jenen,) ja, noch Eine Hülfe giebts. Wenn am Leben eine friſche Farbe nach der andern verſchießet — wenn das Daſeyn nun nichts wird, kein Luſt- kein Trauer-Spiel, nur ein fades Schau-Spiel: ſo iſt dem Menſchen noch ein Himmel offen, der ihn aufnimmt, die Liebe. Schließet ſich dieſer zu, ſo iſt er ewig verdammt. Carlos, mein Carlos, ich könnte noch glücklich werden — denn ich habe Athe¬ nais geſehen — aber ich kann noch unglückli¬ cher werden, denn ſie liebt mich nicht. In mei¬ nem Herzen liegt dieſer prangende, aber ſcharf fortſchneidende Demant, an dem es blutet ſo oft es ſchlägt.“ — Ueberall ließ jetzt Roquai¬ rol Linda's Bild mitſpielen. Hier brachte an¬ fangs Carlos den Freund mit der Nachricht in Aufruhr, daß Athenais von ſeinem Vater zu ſeiner Braut erleſen ſey und bald komme; aber er ſtillte ihn, da ſeine Schweſter Lilia erſchien,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/410>, abgerufen am 27.07.2024.