Mantel gewickelt wie gegen böses Wetter, -- blind und taub gegen sich und die Welt -- und wie ein Mensch, der stirbt, den Augen¬ blick erwartend, wo er entweder vernichtet hin¬ abraucht oder neu belebt in göttliche Welten hinein fliegt.
Als er Lilar betrat, verzerrte sich der Gar¬ ten nicht wie neulich sondern er verschwand ihm bloß. Er gieng nahe an einigen vermummten Leuten vorüber, die ein Grab zu machen schie¬ nen: "Unrecht ist's doch, (sagte einer davon,) er gehört auf den Anger wie jedes Vieh." Al¬ bano blickte hin, sah eine bedeckte Leiche, glaubte schaudernd, es sey der Selbstmörder, bis er den zweiten Gräber sagen hörte: "ein Affe, Peter, wenn er vornehm gehalten wird, in Kleidern, sieht reputirlicher aus als mancher Mensch, und ich glaube, er stände auch wieder von Todten auf, wenn man ihn nur ordentlich taufte." --
Eben da ihm der Gibbon der Fürstinn, der hier begraben wurde, wieder jenen gewit¬ tervollen Freitag vor die Seele zog: erblickte er Linda, unweit des Traumtempels am Arme
D d 2
Mantel gewickelt wie gegen böſes Wetter, — blind und taub gegen ſich und die Welt — und wie ein Menſch, der ſtirbt, den Augen¬ blick erwartend, wo er entweder vernichtet hin¬ abraucht oder neu belebt in göttliche Welten hinein fliegt.
Als er Lilar betrat, verzerrte ſich der Gar¬ ten nicht wie neulich ſondern er verſchwand ihm bloß. Er gieng nahe an einigen vermummten Leuten vorüber, die ein Grab zu machen ſchie¬ nen: „Unrecht iſt's doch, (ſagte einer davon,) er gehört auf den Anger wie jedes Vieh.“ Al¬ bano blickte hin, ſah eine bedeckte Leiche, glaubte ſchaudernd, es ſey der Selbſtmörder, bis er den zweiten Gräber ſagen hörte: „ein Affe, Peter, wenn er vornehm gehalten wird, in Kleidern, ſieht reputirlicher aus als mancher Menſch, und ich glaube, er ſtände auch wieder von Todten auf, wenn man ihn nur ordentlich taufte.“ —
Eben da ihm der Gibbon der Fürſtinn, der hier begraben wurde, wieder jenen gewit¬ tervollen Freitag vor die Seele zog: erblickte er Linda, unweit des Traumtempels am Arme
D d 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0431"n="419"/>
Mantel gewickelt wie gegen böſes Wetter, —<lb/>
blind und taub gegen ſich und die Welt —<lb/>
und wie ein Menſch, der ſtirbt, den Augen¬<lb/>
blick erwartend, wo er entweder vernichtet hin¬<lb/>
abraucht oder neu belebt in göttliche Welten<lb/>
hinein fliegt.</p><lb/><p>Als er Lilar betrat, verzerrte ſich der Gar¬<lb/>
ten nicht wie neulich ſondern er verſchwand ihm<lb/>
bloß. Er gieng nahe an einigen vermummten<lb/>
Leuten vorüber, die ein Grab zu machen ſchie¬<lb/>
nen: „Unrecht iſt's doch, (ſagte einer davon,)<lb/>
er gehört auf den Anger wie jedes Vieh.“ Al¬<lb/>
bano blickte hin, ſah eine bedeckte Leiche, glaubte<lb/>ſchaudernd, es ſey der Selbſtmörder, bis er den<lb/>
zweiten Gräber ſagen hörte: „ein Affe, Peter,<lb/>
wenn er vornehm gehalten wird, in Kleidern,<lb/>ſieht reputirlicher aus als mancher Menſch,<lb/>
und ich glaube, er ſtände auch wieder von<lb/>
Todten auf, wenn man ihn nur ordentlich<lb/>
taufte.“—</p><lb/><p>Eben da ihm der Gibbon der Fürſtinn,<lb/>
der hier begraben wurde, wieder jenen gewit¬<lb/>
tervollen Freitag vor die Seele zog: erblickte<lb/>
er Linda, unweit des Traumtempels am Arme<lb/><fwplace="bottom"type="sig">D d 2<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[419/0431]
Mantel gewickelt wie gegen böſes Wetter, —
blind und taub gegen ſich und die Welt —
und wie ein Menſch, der ſtirbt, den Augen¬
blick erwartend, wo er entweder vernichtet hin¬
abraucht oder neu belebt in göttliche Welten
hinein fliegt.
Als er Lilar betrat, verzerrte ſich der Gar¬
ten nicht wie neulich ſondern er verſchwand ihm
bloß. Er gieng nahe an einigen vermummten
Leuten vorüber, die ein Grab zu machen ſchie¬
nen: „Unrecht iſt's doch, (ſagte einer davon,)
er gehört auf den Anger wie jedes Vieh.“ Al¬
bano blickte hin, ſah eine bedeckte Leiche, glaubte
ſchaudernd, es ſey der Selbſtmörder, bis er den
zweiten Gräber ſagen hörte: „ein Affe, Peter,
wenn er vornehm gehalten wird, in Kleidern,
ſieht reputirlicher aus als mancher Menſch,
und ich glaube, er ſtände auch wieder von
Todten auf, wenn man ihn nur ordentlich
taufte.“ —
Eben da ihm der Gibbon der Fürſtinn,
der hier begraben wurde, wieder jenen gewit¬
tervollen Freitag vor die Seele zog: erblickte
er Linda, unweit des Traumtempels am Arme
D d 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/431>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.