Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

der Tempel zugleich mit sich in ihn hineintreibe."
Gaspard sagte, alles mit einem großen Sinne neh¬
mend: "steht nur einmal das Erhabne wirklich
da, so verschlingt und vertilgt es eben seiner
Natur nach alle kleinen Zierden um sich her."
Er führte zum Beweise den Münsterthurm und
die Natur selber an, die durch ihre Gräser und
Dörfer nicht kleiner werde.

Die Fürstinn genoß unter so vielen Kunst¬
verständigen schweigend.

Das Ersteigen der Kuppel rieth Gaspard ei¬
nem regen- und wolkenlosen Tage aufzuheben,
um die Welt-Königinn Roma auf und von
dem rechten Throne zu schauen; er schlug da¬
für sehr eifrig den Besuch des Pantheons vor,
weil er es gern schnell hinter den Eindrücken
der Peterskirche wollte folgen lassen. Sie gien¬
gen dahin. Wie einfach und groß thut sich
die Halle auf! Acht gelbe Säulen tragen ihre
Stirn, und majestätisch wie das Haupt des
Homerischen Jupiters, wölbt sich sein Tempel!
Es ist die Rotonda oder das Pantheon. --
"O der Niedrigen, (rief Albano,) die uns
neue Tempel geben wollen! Hebt die alten

der Tempel zugleich mit ſich in ihn hineintreibe.“
Gaſpard ſagte, alles mit einem großen Sinne neh¬
mend: „ſteht nur einmal das Erhabne wirklich
da, ſo verſchlingt und vertilgt es eben ſeiner
Natur nach alle kleinen Zierden um ſich her.“
Er führte zum Beweiſe den Münſterthurm und
die Natur ſelber an, die durch ihre Gräſer und
Dörfer nicht kleiner werde.

Die Fürſtinn genoß unter ſo vielen Kunſt¬
verſtändigen ſchweigend.

Das Erſteigen der Kuppel rieth Gaſpard ei¬
nem regen- und wolkenloſen Tage aufzuheben,
um die Welt-Königinn Roma auf und von
dem rechten Throne zu ſchauen; er ſchlug da¬
für ſehr eifrig den Beſuch des Pantheons vor,
weil er es gern ſchnell hinter den Eindrücken
der Peterskirche wollte folgen laſſen. Sie gien¬
gen dahin. Wie einfach und groß thut ſich
die Halle auf! Acht gelbe Säulen tragen ihre
Stirn, und majeſtätiſch wie das Haupt des
Homeriſchen Jupiters, wölbt ſich ſein Tempel!
Es iſt die Rotonda oder das Pantheon. —
„O der Niedrigen, (rief Albano,) die uns
neue Tempel geben wollen! Hebt die alten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0051" n="39"/>
der Tempel zugleich mit &#x017F;ich in ihn hineintreibe.&#x201C;<lb/>
Ga&#x017F;pard &#x017F;agte, alles mit einem großen Sinne neh¬<lb/>
mend: &#x201E;&#x017F;teht nur einmal das Erhabne wirklich<lb/>
da, &#x017F;o ver&#x017F;chlingt und vertilgt es eben &#x017F;einer<lb/>
Natur nach alle kleinen Zierden um &#x017F;ich her.&#x201C;<lb/>
Er führte zum Bewei&#x017F;e den Mün&#x017F;terthurm und<lb/>
die Natur &#x017F;elber an, die durch ihre Grä&#x017F;er und<lb/>
Dörfer nicht kleiner werde.</p><lb/>
          <p>Die Für&#x017F;tinn genoß unter &#x017F;o vielen Kun&#x017F;<lb/>
ver&#x017F;tändigen &#x017F;chweigend.</p><lb/>
          <p>Das Er&#x017F;teigen der Kuppel rieth Ga&#x017F;pard ei¬<lb/>
nem regen- und wolkenlo&#x017F;en Tage aufzuheben,<lb/>
um die Welt-Königinn Roma auf und von<lb/>
dem rechten Throne zu &#x017F;chauen; er &#x017F;chlug da¬<lb/>
für &#x017F;ehr eifrig den Be&#x017F;uch des Pantheons vor,<lb/>
weil er es gern &#x017F;chnell hinter den Eindrücken<lb/>
der Peterskirche wollte folgen la&#x017F;&#x017F;en. Sie gien¬<lb/>
gen dahin. Wie einfach und groß thut &#x017F;ich<lb/>
die Halle auf! Acht gelbe Säulen tragen ihre<lb/>
Stirn, und maje&#x017F;täti&#x017F;ch wie das Haupt des<lb/>
Homeri&#x017F;chen Jupiters, wölbt &#x017F;ich &#x017F;ein Tempel!<lb/>
Es i&#x017F;t die Rotonda oder das Pantheon. &#x2014;<lb/>
&#x201E;O der Niedrigen, (rief Albano,) die uns<lb/>
neue Tempel geben wollen! Hebt die alten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0051] der Tempel zugleich mit ſich in ihn hineintreibe.“ Gaſpard ſagte, alles mit einem großen Sinne neh¬ mend: „ſteht nur einmal das Erhabne wirklich da, ſo verſchlingt und vertilgt es eben ſeiner Natur nach alle kleinen Zierden um ſich her.“ Er führte zum Beweiſe den Münſterthurm und die Natur ſelber an, die durch ihre Gräſer und Dörfer nicht kleiner werde. Die Fürſtinn genoß unter ſo vielen Kunſt¬ verſtändigen ſchweigend. Das Erſteigen der Kuppel rieth Gaſpard ei¬ nem regen- und wolkenloſen Tage aufzuheben, um die Welt-Königinn Roma auf und von dem rechten Throne zu ſchauen; er ſchlug da¬ für ſehr eifrig den Beſuch des Pantheons vor, weil er es gern ſchnell hinter den Eindrücken der Peterskirche wollte folgen laſſen. Sie gien¬ gen dahin. Wie einfach und groß thut ſich die Halle auf! Acht gelbe Säulen tragen ihre Stirn, und majeſtätiſch wie das Haupt des Homeriſchen Jupiters, wölbt ſich ſein Tempel! Es iſt die Rotonda oder das Pantheon. — „O der Niedrigen, (rief Albano,) die uns neue Tempel geben wollen! Hebt die alten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/51
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/51>, abgerufen am 24.11.2024.