Siebenkäs war vor dem glänzenden Stan¬ de und vor dem Feuer der Leidenschaftlichkeit, die er nur in gemeiner, nicht in edler Erschei¬ nung kannte, um einige Schritte zurückgetre¬ ten, die Albano nicht bemerkte, weil er sie nicht voraussetzte. So gut es gieng, suchte Sieben¬ käs -- indem dessen innerer Mensch seine im Grabe des Freundes starr gefrornen Glieder allmählich wieder aufwickelte -- den sanften Scherz wieder zu gewinnen und in diese Blu¬ menketten den heftigen Jüngling einzuschließen: "ich freue mich, (sagt' er,) daß ich der erste bin, der zu Ihrem Geburts- und Krönungs¬ tage Wünsche bringt, die aber alle in den ein¬ zigen gehen, daß sie immer Ihren Taufnahmen behaupten mögen -- denn Alban ist der be¬ kannte Schutzheilige der Landleute. -- Außer dem Haarhaarschen Prinzen, dem der Ritter recht mit der Devise seines Ordensstifters Phi¬ lipp trifft: ante ferit quam flamma micet, ist wohl niemand dabei zu bedauern als der Fi¬ nanzstempelschneider, der jetzt nichts neues zu schneiden erhält, da die Linie weiter regiert." Er setzte noch leicht hinzu, weil er den schweren
Siebenkäs war vor dem glänzenden Stan¬ de und vor dem Feuer der Leidenſchaftlichkeit, die er nur in gemeiner, nicht in edler Erſchei¬ nung kannte, um einige Schritte zurückgetre¬ ten, die Albano nicht bemerkte, weil er ſie nicht vorausſetzte. So gut es gieng, ſuchte Sieben¬ käs — indem deſſen innerer Menſch ſeine im Grabe des Freundes ſtarr gefrornen Glieder allmählich wieder aufwickelte — den ſanften Scherz wieder zu gewinnen und in dieſe Blu¬ menketten den heftigen Jüngling einzuſchließen: „ich freue mich, (ſagt' er,) daß ich der erſte bin, der zu Ihrem Geburts- und Krönungs¬ tage Wünſche bringt, die aber alle in den ein¬ zigen gehen, daß ſie immer Ihren Taufnahmen behaupten mögen — denn Alban iſt der be¬ kannte Schutzheilige der Landleute. — Außer dem Haarhaarſchen Prinzen, dem der Ritter recht mit der Deviſe ſeines Ordensſtifters Phi¬ lipp trifft: ante ferit quam flamma micet, iſt wohl niemand dabei zu bedauern als der Fi¬ nanzſtempelſchneider, der jetzt nichts neues zu ſchneiden erhält, da die Linie weiter regiert.“ Er ſetzte noch leicht hinzu, weil er den ſchweren
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Siebenkäs war vor dem glänzenden Stan¬
de und vor dem Feuer der Leidenſchaftlichkeit,
die er nur in gemeiner, nicht in edler Erſchei¬
nung kannte, um einige Schritte zurückgetre¬
ten, die Albano nicht bemerkte, weil er ſie nicht
vorausſetzte. So gut es gieng, ſuchte Sieben¬
käs — indem deſſen innerer Menſch ſeine im
Grabe des Freundes ſtarr gefrornen Glieder
allmählich wieder aufwickelte — den ſanften
Scherz wieder zu gewinnen und in dieſe Blu¬
menketten den heftigen Jüngling einzuſchließen:
„ich freue mich, (ſagt' er,) daß ich der erſte
bin, der zu Ihrem Geburts- und Krönungs¬
tage Wünſche bringt, die aber alle in den ein¬
zigen gehen, daß ſie immer Ihren Taufnahmen
behaupten mögen — denn Alban iſt der be¬
kannte Schutzheilige der Landleute. — Außer
dem Haarhaarſchen Prinzen, dem der Ritter
recht mit der Deviſe ſeines Ordensſtifters Phi¬
lipp trifft: ante ferit quam flamma micet, iſt
wohl niemand dabei zu bedauern als der Fi¬
nanzſtempelſchneider, der jetzt nichts neues zu
ſchneiden erhält, da die Linie weiter regiert.“
Er ſetzte noch leicht hinzu, weil er den ſchweren
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/547>, abgerufen am 22.11.2024.
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