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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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entschiede; aber --" Albano zuckte die Ach¬
seln wie entrüstet, schwieg aber. "So lange
bleib' ich indeß hier, (fuhr jener sanfter fort,)
bis der Hügel auf dem Seeligen liegt; dann
steck' ich das hölzerne schwarze Kreuz auf ihn,
und schreibe alle seine Nahmen daran." --
"Wohl! So werd' es (sagte Albano)! Aber
seinen Hund nehm' ich, weil er mich länger
kennt. Ich bin ein junger Mensch, noch jung
an verlohrnen Jahren, aber schon sehr alt an
verlohrnen Zeiten und verstehe so gut wie man¬
cher, den die Zeit bückt, was Menschen-Ver¬
liehren ist. Sonderbar ist's, daß ich immer
auf Gräbern Spiegel finde, worin die Todten
wieder lebendig gehen und blicken. So fand
ich auf Lianens Grabe ihr lebendiges Bild und
Echo; meinen alten liegenden Schoppe fand ich,
wie Sie wissen, auch hinter einem Spiegelglas
aufrecht und rege, durch das meine Hand eben
so wenig durchkann. Ich versichere Sie, sogar
meine Eltern werden mir vorgespiegelt,
meinen Vater kann ich in einem Zylinderspie¬
gel, und meine Mutter durch ein Objektivglas
sehen. -- Hier ist nun nichts zu thun, wenn

entſchiede; aber —“ Albano zuckte die Ach¬
ſeln wie entrüſtet, ſchwieg aber. „So lange
bleib' ich indeß hier, (fuhr jener ſanfter fort,)
bis der Hügel auf dem Seeligen liegt; dann
ſteck' ich das hölzerne ſchwarze Kreuz auf ihn,
und ſchreibe alle ſeine Nahmen daran.“ —
„Wohl! So werd' es (ſagte Albano)! Aber
ſeinen Hund nehm' ich, weil er mich länger
kennt. Ich bin ein junger Menſch, noch jung
an verlohrnen Jahren, aber ſchon ſehr alt an
verlohrnen Zeiten und verſtehe ſo gut wie man¬
cher, den die Zeit bückt, was Menſchen-Ver¬
liehren iſt. Sonderbar iſt's, daß ich immer
auf Gräbern Spiegel finde, worin die Todten
wieder lebendig gehen und blicken. So fand
ich auf Lianens Grabe ihr lebendiges Bild und
Echo; meinen alten liegenden Schoppe fand ich,
wie Sie wiſſen, auch hinter einem Spiegelglas
aufrecht und rege, durch das meine Hand eben
ſo wenig durchkann. Ich verſichere Sie, ſogar
meine Eltern werden mir vorgeſpiegelt,
meinen Vater kann ich in einem Zylinderſpie¬
gel, und meine Mutter durch ein Objektivglas
ſehen. — Hier iſt nun nichts zu thun, wenn

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[537/0549] entſchiede; aber —“ Albano zuckte die Ach¬ ſeln wie entrüſtet, ſchwieg aber. „So lange bleib' ich indeß hier, (fuhr jener ſanfter fort,) bis der Hügel auf dem Seeligen liegt; dann ſteck' ich das hölzerne ſchwarze Kreuz auf ihn, und ſchreibe alle ſeine Nahmen daran.“ — „Wohl! So werd' es (ſagte Albano)! Aber ſeinen Hund nehm' ich, weil er mich länger kennt. Ich bin ein junger Menſch, noch jung an verlohrnen Jahren, aber ſchon ſehr alt an verlohrnen Zeiten und verſtehe ſo gut wie man¬ cher, den die Zeit bückt, was Menſchen-Ver¬ liehren iſt. Sonderbar iſt's, daß ich immer auf Gräbern Spiegel finde, worin die Todten wieder lebendig gehen und blicken. So fand ich auf Lianens Grabe ihr lebendiges Bild und Echo; meinen alten liegenden Schoppe fand ich, wie Sie wiſſen, auch hinter einem Spiegelglas aufrecht und rege, durch das meine Hand eben ſo wenig durchkann. Ich verſichere Sie, ſogar meine Eltern werden mir vorgeſpiegelt, meinen Vater kann ich in einem Zylinderſpie¬ gel, und meine Mutter durch ein Objektivglas ſehen. — Hier iſt nun nichts zu thun, wenn

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/549>, abgerufen am 22.11.2024.