Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.I. Abth. II. Cap. Von der Beichte durch die Gnade Christi mehr anzutreffen, so ist es nöthig, daßer zur Kirche komme, und die warhaffte Farbe des Glaubens, so er empfangen, zeige. Die übrigen Laster aber, als Kranck- heiten der Glieder und Sinne, heylet und bessert der Herr durch sich selbst in dem Gewissen und Verstand. Beda verweiset also nur diejenigen zu denen Priestern/ die den geistlichen Aussatz haben/ und erzehlet einige Arten davon. Die andern Sünden würden allein durch die Gnade Jesu Christi geho- ben/ und dürfften nicht vor den Beicht-Stuhl gebracht wer- den. Man hatte nehmlich dazumahl nur gewisse Verbre- chen von solcher Grösse gehalten/ daß sie nothwendig gebeich- tet werden müsten. Andere Sünden brauchten keine Beich- ten sondern würden vielmehr durch Bitten und Gebeth ge- tilget b). §. IX. Jn dem neunten Jahrhundert/ da alles ein te es b) Erzehlung von Martelle.Martellus hat auch eine grosse Sünde nicht entdecket noch gebeich- tet. Denn er bate Egidium, er möchte mit ihm GOtt um Ver- zeihung einer gewissen Sünde bitten, die so groß wäre, daß er sich scheuete solche jemand zu offenbahren. Vid. Centuriat. Magde- burg. cent. 8. cap. 6. Hieraus könte man auch dieses schliessen: daß die Offenbahrung und Beichte der Sünden nicht durchgehends auferlegt gewesen, man aber dennoch solche beichten können. Fer- ner daß sich die Priester dazumahl noch nicht der Gewalt angemas- set, sie vergeben die Sünden an GOttes statt, sondern wenn es viel gewesen, nur eine absolutionem declaratoriam, daß nehmlich GOtt die Sünde vergeben würde, gesprochen. Denn Martellus hat von Egidio nicht verlanget, daß er ihm die Sünde vergeben solte, sondern, daß er nebst ihm GOTT um Vergebung bitten möchte. Vornehmlich aber geschahe die Bekäntniß und Offen- bahrung der Sünden, damit die öffentliche Busse darnach einge- richtet würde. a) Unwissenheit
des IX. Seculi.Biinius ad Concil. Cabill. II. Tom. VI. Concil. Part. I. p. 223. hat an- gemercket, daß dazumahl die studia also begraben gewesen, daß wenn I. Abth. II. Cap. Von der Beichte durch die Gnade Chriſti mehr anzutreffen, ſo iſt es noͤthig, daßer zur Kirche komme, und die warhaffte Farbe des Glaubens, ſo er empfangen, zeige. Die uͤbrigen Laſter aber, als Kranck- heiten der Glieder und Sinne, heylet und beſſert der Herr durch ſich ſelbſt in dem Gewiſſen und Verſtand. Beda verweiſet alſo nur diejenigen zu denen Prieſtern/ die den geiſtlichen Auſſatz haben/ und erzehlet einige Arten davon. Die andern Suͤnden wuͤrden allein durch die Gnade Jeſu Chriſti geho- ben/ und duͤrfften nicht vor den Beicht-Stuhl gebracht wer- den. Man hatte nehmlich dazumahl nur gewiſſe Verbre- chen von ſolcher Groͤſſe gehalten/ daß ſie nothwendig gebeich- tet werden muͤſten. Andere Suͤnden brauchten keine Beich- ten ſondern wuͤrden vielmehr durch Bitten und Gebeth ge- tilget b). §. IX. Jn dem neunten Jahrhundert/ da alles ein te es b) Erzehlung von Martelle.Martellus hat auch eine groſſe Suͤnde nicht entdecket noch gebeich- tet. Denn er bate Egidium, er moͤchte mit ihm GOtt um Ver- zeihung einer gewiſſen Suͤnde bitten, die ſo groß waͤre, daß er ſich ſcheuete ſolche jemand zu offenbahren. Vid. Centuriat. Magde- burg. cent. 8. cap. 6. Hieraus koͤnte man auch dieſes ſchlieſſen: daß die Offenbahrung und Beichte der Suͤnden nicht durchgehends auferlegt geweſen, man aber dennoch ſolche beichten koͤnnen. Fer- ner daß ſich die Prieſter dazumahl noch nicht der Gewalt angemaſ- ſet, ſie vergeben die Suͤnden an GOttes ſtatt, ſondern wenn es viel geweſen, nur eine abſolutionem declaratoriam, daß nehmlich GOtt die Suͤnde vergeben wuͤrde, geſprochen. Denn Martellus hat von Egidio nicht verlanget, daß er ihm die Suͤnde vergeben ſolte, ſondern, daß er nebſt ihm GOTT um Vergebung bitten moͤchte. Vornehmlich aber geſchahe die Bekaͤntniß und Offen- bahrung der Suͤnden, damit die oͤffentliche Buſſe darnach einge- richtet wuͤrde. a) Unwiſſenheit
des IX. Seculi.Biinius ad Concil. Cabill. II. Tom. VI. Concil. Part. I. p. 223. hat an- gemercket, daß dazumahl die ſtudia alſo begraben geweſen, daß wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0111" n="92"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">II.</hi> Cap. Von der Beichte</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">durch die Gnade Chriſti mehr anzutreffen, ſo iſt es noͤthig, daß<lb/> er zur Kirche komme, und die warhaffte Farbe des Glaubens,<lb/> ſo er empfangen, zeige. Die uͤbrigen Laſter aber, als Kranck-<lb/> heiten der Glieder und Sinne, heylet und beſſert der Herr durch<lb/> ſich ſelbſt in dem Gewiſſen und Verſtand.</hi><hi rendition="#aq">Beda</hi> verweiſet<lb/> alſo nur diejenigen zu denen Prieſtern/ die den geiſtlichen<lb/> Auſſatz haben/ und erzehlet einige Arten davon. Die andern<lb/> Suͤnden wuͤrden allein durch die Gnade Jeſu Chriſti geho-<lb/> ben/ und duͤrfften nicht vor den Beicht-Stuhl gebracht wer-<lb/> den. Man hatte nehmlich dazumahl nur gewiſſe Verbre-<lb/> chen von ſolcher Groͤſſe gehalten/ daß ſie nothwendig gebeich-<lb/> tet werden muͤſten. Andere Suͤnden brauchten keine Beich-<lb/> ten ſondern wuͤrden vielmehr durch Bitten und Gebeth ge-<lb/> tilget <note place="foot" n="b)"><note place="left">Erzehlung von<lb/><hi rendition="#aq">Martelle.</hi></note><hi rendition="#aq">Martellus</hi> hat auch eine groſſe Suͤnde nicht entdecket noch gebeich-<lb/> tet. Denn er bate <hi rendition="#aq">Egidium,</hi> er moͤchte mit ihm GOtt um Ver-<lb/> zeihung einer gewiſſen Suͤnde bitten, die ſo groß waͤre, daß er ſich<lb/> ſcheuete ſolche jemand zu offenbahren. <hi rendition="#aq">Vid. Centuriat. Magde-<lb/> burg. <hi rendition="#i">cent. 8. cap. 6.</hi></hi> Hieraus koͤnte man auch dieſes ſchlieſſen: daß<lb/> die Offenbahrung und Beichte der Suͤnden nicht durchgehends<lb/> auferlegt geweſen, man aber dennoch ſolche beichten koͤnnen. Fer-<lb/> ner daß ſich die Prieſter dazumahl noch nicht der Gewalt angemaſ-<lb/> ſet, ſie vergeben die Suͤnden an GOttes ſtatt, ſondern wenn es<lb/> viel geweſen, nur eine <hi rendition="#aq">abſolutionem declaratoriam,</hi> daß nehmlich<lb/> GOtt die Suͤnde vergeben wuͤrde, geſprochen. Denn <hi rendition="#aq">Martellus</hi><lb/> hat von <hi rendition="#aq">Egidio</hi> nicht verlanget, daß er ihm die Suͤnde vergeben<lb/> ſolte, ſondern, daß er nebſt ihm GOTT um Vergebung bitten<lb/> moͤchte. Vornehmlich aber geſchahe die Bekaͤntniß und Offen-<lb/> bahrung der Suͤnden, damit die oͤffentliche Buſſe darnach einge-<lb/> richtet wuͤrde.</note>.</p><lb/> <note place="left">Beichte im<hi rendition="#aq">IX. Seculo.</hi></note> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. <hi rendition="#aq">IX.</hi></head> <p>Jn dem neunten Jahrhundert/ da alles ein<lb/> ſchlimmers Anſehen gewonne/ als es bißher gehabt <note xml:id="f77" next="#f78" place="foot" n="a)"><note place="left">Unwiſſenheit<lb/> des <hi rendition="#aq">IX. Seculi.</hi></note><hi rendition="#aq">Biinius <hi rendition="#i">ad Concil. Cabill. II. Tom. VI. Concil. Part. I. p. 223.</hi></hi> hat an-<lb/> gemercket, daß dazumahl die <hi rendition="#aq">ſtudia</hi> alſo begraben geweſen, daß<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wenn</fw></note>/ kun-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">te es</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0111]
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er zur Kirche komme, und die warhaffte Farbe des Glaubens,
ſo er empfangen, zeige. Die uͤbrigen Laſter aber, als Kranck-
heiten der Glieder und Sinne, heylet und beſſert der Herr durch
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alſo nur diejenigen zu denen Prieſtern/ die den geiſtlichen
Auſſatz haben/ und erzehlet einige Arten davon. Die andern
Suͤnden wuͤrden allein durch die Gnade Jeſu Chriſti geho-
ben/ und duͤrfften nicht vor den Beicht-Stuhl gebracht wer-
den. Man hatte nehmlich dazumahl nur gewiſſe Verbre-
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§. IX. Jn dem neunten Jahrhundert/ da alles ein
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burg. cent. 8. cap. 6. Hieraus koͤnte man auch dieſes ſchlieſſen: daß
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GOtt die Suͤnde vergeben wuͤrde, geſprochen. Denn Martellus
hat von Egidio nicht verlanget, daß er ihm die Suͤnde vergeben
ſolte, ſondern, daß er nebſt ihm GOTT um Vergebung bitten
moͤchte. Vornehmlich aber geſchahe die Bekaͤntniß und Offen-
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a) Biinius ad Concil. Cabill. II. Tom. VI. Concil. Part. I. p. 223. hat an-
gemercket, daß dazumahl die ſtudia alſo begraben geweſen, daß
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