Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stühle,
Diese Schlüssel sind verschiedener Art. Entweder sind sie in
privat oder öffentlichem Gebrauch. Ein jeder Christe hat an-
vertraute Schlüssel, zum privat Gebrauch; indem bey einem
Nothfall auch ein Laye
absolviren kan, und wird des andern
Diener und Priester, wie
Augustinus eine Historie von zweyen
Christen erzehlet, da der eine einen
catechumenum getaufft,
welcher nachmahls den andern
absoluiret. Schilter saget auch/
daß ein Laye im Nothfall absolviren kan/ und führet ver-
schiedene auctoritates an b). Der gottseelige Spener hat
ebenfalls solches behauptet c). Wie hänget aber dieses mit

andern
habent, pro ratione ejus, cui sunt commissae. Sunt enim vel
priuato in vsu, vel publico. Quilibet Christianus claues habet si-
bi commissas, pro administratione priuata, cum in casu necessi-
tatis absoluere queat etiam Laicus & fiat minister & Pastor alteri-
us, sicut narrat Augustinus historiam de duobus Christianis in naui,
quorum alter baptizauerit
katekhuou'enon & is baptizatus deinde
absoluerit alterum.
b) Schilteri.Schilterus in Instit. jur. canon. Lib. II. Tit. IV. §. 13. In casu necessi-
tatis jus absoluendi exercere etiam is potest, qui non est Clericus.
Galat. vlt. pr. Jac. IV, 16. Dist. de consecr. c. sanctum. 36. Dist. 1. de
poenit. c. 88. Dist. 6. de poenit. c. 1. cap. vlt. X. de poenit.
Carpzov. Lib.
II. def. eccles. 283. 9.
c) Speners.Spener. in denen Theol. Bedencken. Vol. I. cap. I. sect. 14. pag. 84.
Daß auch ferner in dem Nothfall da ein Christlicher Bruder zu
Stärckung seines Glaubens, nicht nur des Trostes, daß ihm seine
Sünden von GOTT würden vergeben werden, sondern auch der
würcklichen, durch Menschen in GOttes Nahmen geschehenden
Vergebung sich benöthiget achtete, und aber dazu kein ordentli-
cher Prediger zu erlangen wäre, ein jeglicher anderer Christlicher
Mit-Bruder ihm solche Vergebung und absolution ertheilen, und
der Gültigkeit vor GOtt versichern könne, ist eine nicht weniger
ausgemachte Sache. Welche nicht allein Lutherus hin und wie-
der, sonderlich in der Kirchen-Postill (bey Quasimod und 19. Trin.)
stattlich treibet, sondern auch unsere übrige Lehrer hin und wieder
davon

I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Dieſe Schluͤſſel ſind verſchiedener Art. Entweder ſind ſie in
privat oder oͤffentlichem Gebrauch. Ein jeder Chriſte hat an-
vertraute Schluͤſſel, zum privat Gebrauch; indem bey einem
Nothfall auch ein Laye
abſolviren kan, und wird des andern
Diener und Prieſter, wie
Auguſtinus eine Hiſtorie von zweyen
Chriſten erzehlet, da der eine einen
catechumenum getaufft,
welcher nachmahls den andern
abſoluiret. Schilter ſaget auch/
daß ein Laye im Nothfall abſolviren kan/ und fuͤhret ver-
ſchiedene auctoritates an b). Der gottſeelige Spener hat
ebenfalls ſolches behauptet c). Wie haͤnget aber dieſes mit

andern
habent, pro ratione ejus, cui ſunt commiſſæ. Sunt enim vel
priuato in vſu, vel publico. Quilibet Chriſtianus claues habet ſi-
bi commiſſas, pro adminiſtratione priuata, cum in caſu neceſſi-
tatis abſoluere queat etiam Laicus & fiat miniſter & Paſtor alteri-
us, ſicut narrat Auguſtinus hiſtoriam de duobus Chriſtianis in naui,
quorum alter baptizauerit
κατηχύȣʹενον & is baptizatus deinde
abſoluerit alterum.
b) Schilteri.Schilterus in Inſtit. jur. canon. Lib. II. Tit. IV. §. 13. In caſu neceſſi-
tatis jus abſoluendi exercere etiam is poteſt, qui non eſt Clericus.
Galat. vlt. pr. Jac. IV, 16. Diſt. de conſecr. c. ſanctum. 36. Diſt. 1. de
pœnit. c. 88. Diſt. 6. de pœnit. c. 1. cap. vlt. X. de pœnit.
Carpzov. Lib.
II. def. eccleſ. 283. 9.
c) Speners.Spener. in denen Theol. Bedencken. Vol. I. cap. I. ſect. 14. pag. 84.
Daß auch ferner in dem Nothfall da ein Chriſtlicher Bruder zu
Staͤrckung ſeines Glaubens, nicht nur des Troſtes, daß ihm ſeine
Suͤnden von GOTT wuͤrden vergeben werden, ſondern auch der
wuͤrcklichen, durch Menſchen in GOttes Nahmen geſchehenden
Vergebung ſich benoͤthiget achtete, und aber dazu kein ordentli-
cher Prediger zu erlangen waͤre, ein jeglicher anderer Chriſtlicher
Mit-Bruder ihm ſolche Vergebung und abſolution ertheilen, und
der Guͤltigkeit vor GOtt verſichern koͤnne, iſt eine nicht weniger
ausgemachte Sache. Welche nicht allein Lutherus hin und wie-
der, ſonderlich in der Kirchen-Poſtill (bey Quaſimod und 19. Trin.)
ſtattlich treibet, ſondern auch unſere uͤbrige Lehrer hin und wieder
davon
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0175" n="156"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stu&#x0364;hle,</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">Die&#x017F;e Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el &#x017F;ind ver&#x017F;chiedener Art. Entweder &#x017F;ind &#x017F;ie in<lb/>
privat oder o&#x0364;ffentlichem Gebrauch. Ein jeder Chri&#x017F;te hat an-<lb/>
vertraute Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el, zum privat Gebrauch; indem bey einem<lb/>
Nothfall auch ein Laye</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ab&#x017F;olvi</hi></hi><hi rendition="#fr">ren kan, und wird des andern<lb/>
Diener und Prie&#x017F;ter, wie</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Augu&#x017F;tinus</hi></hi><hi rendition="#fr">eine Hi&#x017F;torie von zweyen<lb/>
Chri&#x017F;ten erzehlet, da der eine einen</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">catechumenum</hi></hi><hi rendition="#fr">getaufft,<lb/>
welcher nachmahls den andern</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ab&#x017F;olui</hi></hi><hi rendition="#fr">ret.</hi><hi rendition="#aq">Schilter</hi> &#x017F;aget auch/<lb/>
daß ein Laye im Nothfall <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olvi</hi>ren kan/ und fu&#x0364;hret ver-<lb/>
&#x017F;chiedene <hi rendition="#aq">auctoritates</hi> an <note place="foot" n="b)"><note place="left"><hi rendition="#aq">Schilteri.</hi></note><hi rendition="#aq">Schilterus <hi rendition="#i">in In&#x017F;tit. jur. canon. Lib. II. Tit. IV. §. 13.</hi> In ca&#x017F;u nece&#x017F;&#x017F;i-<lb/>
tatis jus ab&#x017F;oluendi exercere etiam is pote&#x017F;t, qui non e&#x017F;t Clericus.<lb/><hi rendition="#i">Galat. vlt. pr. Jac. IV, 16. Di&#x017F;t. de con&#x017F;ecr. c. &#x017F;anctum. 36. Di&#x017F;t. 1. de<lb/>
p&#x0153;nit. c. 88. Di&#x017F;t. 6. de p&#x0153;nit. c. 1. cap. vlt. X. de p&#x0153;nit.</hi> Carpzov. <hi rendition="#i">Lib.<lb/>
II. def. eccle&#x017F;. 283. 9.</hi></hi></note>. Der gott&#x017F;eelige Spener hat<lb/>
ebenfalls &#x017F;olches behauptet <note xml:id="g41" next="#g42" place="foot" n="c)"><note place="left"><hi rendition="#aq">Speners.</hi></note><hi rendition="#aq">Spener.</hi><hi rendition="#fr">in denen</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Theol.</hi></hi><hi rendition="#fr">Bedencken.</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Vol. I. cap. I. &#x017F;ect. 14. pag.</hi> 84.</hi><lb/>
Daß auch ferner in dem Nothfall da ein Chri&#x017F;tlicher Bruder zu<lb/>
Sta&#x0364;rckung &#x017F;eines Glaubens, nicht nur des Tro&#x017F;tes, daß ihm &#x017F;eine<lb/>
Su&#x0364;nden von GOTT wu&#x0364;rden vergeben werden, &#x017F;ondern auch der<lb/>
wu&#x0364;rcklichen, durch Men&#x017F;chen in GOttes Nahmen ge&#x017F;chehenden<lb/>
Vergebung &#x017F;ich beno&#x0364;thiget achtete, und aber dazu kein ordentli-<lb/>
cher Prediger zu erlangen wa&#x0364;re, ein jeglicher anderer Chri&#x017F;tlicher<lb/>
Mit-Bruder ihm &#x017F;olche Vergebung und <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olution</hi> ertheilen, und<lb/>
der Gu&#x0364;ltigkeit vor GOtt ver&#x017F;ichern ko&#x0364;nne, i&#x017F;t eine nicht weniger<lb/>
ausgemachte Sache. Welche nicht allein <hi rendition="#aq">Lutherus</hi> hin und wie-<lb/>
der, &#x017F;onderlich in der Kirchen-Po&#x017F;till (bey <hi rendition="#aq">Qua&#x017F;imod</hi> und 19. <hi rendition="#aq">Trin.</hi>)<lb/>
&#x017F;tattlich treibet, &#x017F;ondern auch un&#x017F;ere u&#x0364;brige Lehrer hin und wieder<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">davon</fw></note>. Wie ha&#x0364;nget aber die&#x017F;es mit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">andern</fw><lb/><note xml:id="g40" prev="#g39" place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">habent, pro ratione ejus, cui &#x017F;unt commi&#x017F;&#x017F;æ. Sunt enim vel<lb/>
priuato in v&#x017F;u, vel publico. Quilibet Chri&#x017F;tianus claues habet &#x017F;i-<lb/>
bi commi&#x017F;&#x017F;as, pro admini&#x017F;tratione priuata, cum in ca&#x017F;u nece&#x017F;&#x017F;i-<lb/>
tatis ab&#x017F;oluere queat etiam Laicus &amp; fiat mini&#x017F;ter &amp; Pa&#x017F;tor alteri-<lb/>
us, &#x017F;icut narrat Augu&#x017F;tinus hi&#x017F;toriam de duobus Chri&#x017F;tianis in naui,<lb/>
quorum alter baptizauerit</hi> &#x03BA;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B7;&#x03C7;&#x03CD;&#x0223;&#x0374;&#x03B5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03BD; <hi rendition="#aq">&amp; is baptizatus deinde<lb/>
ab&#x017F;oluerit alterum.</hi></note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0175] I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle, Dieſe Schluͤſſel ſind verſchiedener Art. Entweder ſind ſie in privat oder oͤffentlichem Gebrauch. Ein jeder Chriſte hat an- vertraute Schluͤſſel, zum privat Gebrauch; indem bey einem Nothfall auch ein Laye abſolviren kan, und wird des andern Diener und Prieſter, wie Auguſtinus eine Hiſtorie von zweyen Chriſten erzehlet, da der eine einen catechumenum getaufft, welcher nachmahls den andern abſoluiret. Schilter ſaget auch/ daß ein Laye im Nothfall abſolviren kan/ und fuͤhret ver- ſchiedene auctoritates an b). Der gottſeelige Spener hat ebenfalls ſolches behauptet c). Wie haͤnget aber dieſes mit andern (a) b) Schilterus in Inſtit. jur. canon. Lib. II. Tit. IV. §. 13. In caſu neceſſi- tatis jus abſoluendi exercere etiam is poteſt, qui non eſt Clericus. Galat. vlt. pr. Jac. IV, 16. Diſt. de conſecr. c. ſanctum. 36. Diſt. 1. de pœnit. c. 88. Diſt. 6. de pœnit. c. 1. cap. vlt. X. de pœnit. Carpzov. Lib. II. def. eccleſ. 283. 9. c) Spener. in denen Theol. Bedencken. Vol. I. cap. I. ſect. 14. pag. 84. Daß auch ferner in dem Nothfall da ein Chriſtlicher Bruder zu Staͤrckung ſeines Glaubens, nicht nur des Troſtes, daß ihm ſeine Suͤnden von GOTT wuͤrden vergeben werden, ſondern auch der wuͤrcklichen, durch Menſchen in GOttes Nahmen geſchehenden Vergebung ſich benoͤthiget achtete, und aber dazu kein ordentli- cher Prediger zu erlangen waͤre, ein jeglicher anderer Chriſtlicher Mit-Bruder ihm ſolche Vergebung und abſolution ertheilen, und der Guͤltigkeit vor GOtt verſichern koͤnne, iſt eine nicht weniger ausgemachte Sache. Welche nicht allein Lutherus hin und wie- der, ſonderlich in der Kirchen-Poſtill (bey Quaſimod und 19. Trin.) ſtattlich treibet, ſondern auch unſere uͤbrige Lehrer hin und wieder davon (a) habent, pro ratione ejus, cui ſunt commiſſæ. Sunt enim vel priuato in vſu, vel publico. Quilibet Chriſtianus claues habet ſi- bi commiſſas, pro adminiſtratione priuata, cum in caſu neceſſi- tatis abſoluere queat etiam Laicus & fiat miniſter & Paſtor alteri- us, ſicut narrat Auguſtinus hiſtoriam de duobus Chriſtianis in naui, quorum alter baptizauerit κατηχύȣʹενον & is baptizatus deinde abſoluerit alterum.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/175
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/175>, abgerufen am 24.11.2024.