Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.bey denen Protestirenden. "welche diejenigen besuchen müssen/ so zu dem Nachtmahl"des HErrn gehen wollen/ da sie dann vor ihrem Beicht- "Vater eine generale Bekäntniß der Sünden ablegen/ und "nachmahls von solchem an GOttes statt absolviret wer- den." Dieses ist die Beschaffenheit derselben bey denen Protestirenden. Jch wolte mir endlich diesen Gebrauch noch gefallen lassen/ wenn man nur eines und das andere ändern wolte. Die Lehrer solten ihren Zuhörern auf das nach- drücklichste einschärffen/ daß das Beicht-Wesen eine blose Ceremonie/ so von Menschen eingeführet worden. Sie sol- ten frey bekennen und sagen: Niemand könne Sünden ver- geben/ als GOtt. Was die Priester dabey zu verrichten hätten/ bestünde darinnen/ daß sie die Leute zur wahren Busse anmahneten/ ihnen den Weg hierzu zeigten. Sie trösteten die Betrübten und zeigten ihnen/ daß GOtt denen zerschlagenen Hertzen um Christi willen gnädig sey/ und die Sünden verziehe. Gewiß solche hochtrabende Formuln: Jch vergebe euch eure Sünden an GOttes statt, Jch vergebe sie Krafft meines heiligen Amtes etc. hat man vordiesen nicht gebraucht. Man hat sich in dem gröbsten Papstthum ei- nes bessern beschieden b). Warum solte man denn heute zu Tage b) Dallaeus de confess. auricul. Lib. IV. cap. 42. bringet aus dem Pseu-Erinnerung wegen der ab- solutions- formuln. do Alcuino und ordine Romano die gantze Handlung der Beich- te und absolution bey. Die absolution aber bestunde in nichts anders, als daß der Priester über den Bußfertigen folgendes Gebet gesprochen: Herr erhöre unser Gebet, und vergib die Sünde denen, die dir beichten. Oder auf solche Weise: Laß deine Barmhertzigkeit o HErr! ergehen über diesen deinen Knecht, u. s. w. Wenn dieses geschehen, hiesse man den Buß- fertigen von der Erde aufstehen, und der Priester erhube sich auch von seinem Stuhl. Beyde verfügten sich in den Tempel, fielen auf die Knie und beteten Psalmen/ z. E. HErr straff mich nicht in z 2
bey denen Proteſtirenden. „welche diejenigen beſuchen muͤſſen/ ſo zu dem Nachtmahl„des HErrn gehen wollen/ da ſie dann vor ihrem Beicht- „Vater eine generale Bekaͤntniß der Suͤnden ablegen/ und „nachmahls von ſolchem an GOttes ſtatt abſolviret wer- den.„ Dieſes iſt die Beſchaffenheit derſelben bey denen Proteſtirenden. Jch wolte mir endlich dieſen Gebrauch noch gefallen laſſen/ wenn man nur eines und das andere aͤndern wolte. Die Lehrer ſolten ihren Zuhoͤrern auf das nach- druͤcklichſte einſchaͤrffen/ daß das Beicht-Weſen eine bloſe Ceremonie/ ſo von Menſchen eingefuͤhret worden. Sie ſol- ten frey bekennen und ſagen: Niemand koͤnne Suͤnden ver- geben/ als GOtt. Was die Prieſter dabey zu verrichten haͤtten/ beſtuͤnde darinnen/ daß ſie die Leute zur wahren Buſſe anmahneten/ ihnen den Weg hierzu zeigten. Sie troͤſteten die Betruͤbten und zeigten ihnen/ daß GOtt denen zerſchlagenen Hertzen um Chriſti willen gnaͤdig ſey/ und die Suͤnden verziehe. Gewiß ſolche hochtrabende Formuln: Jch vergebe euch eure Suͤnden an GOttes ſtatt, Jch vergebe ſie Krafft meines heiligen Amtes ꝛc. hat man vordieſen nicht gebraucht. Man hat ſich in dem groͤbſten Papſtthum ei- nes beſſern beſchieden b). Warum ſolte man denn heute zu Tage b) Dallæus de confesſ. auricul. Lib. IV. cap. 42. bringet aus dem Pſeu-Erinnerung wegen der ab- ſolutions- formuln. do Alcuino und ordine Romano die gantze Handlung der Beich- te und abſolution bey. Die abſolution aber beſtunde in nichts anders, als daß der Prieſter uͤber den Bußfertigen folgendes Gebet geſprochen: Herr erhoͤre unſer Gebet, und vergib die Suͤnde denen, die dir beichten. Oder auf ſolche Weiſe: Laß deine Barmhertzigkeit o HErr! ergehen uͤber dieſen deinen Knecht, u. ſ. w. Wenn dieſes geſchehen, hieſſe man den Buß- fertigen von der Erde aufſtehen, und der Prieſter erhube ſich auch von ſeinem Stuhl. Beyde verfuͤgten ſich in den Tempel, fielen auf die Knie und beteten Pſalmen/ z. E. HErr ſtraff mich nicht in z 2
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bey denen Proteſtirenden.
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„des HErrn gehen wollen/ da ſie dann vor ihrem Beicht-
„Vater eine generale Bekaͤntniß der Suͤnden ablegen/ und
„nachmahls von ſolchem an GOttes ſtatt abſolviret wer-
den.„ Dieſes iſt die Beſchaffenheit derſelben bey denen
Proteſtirenden. Jch wolte mir endlich dieſen Gebrauch noch
gefallen laſſen/ wenn man nur eines und das andere aͤndern
wolte. Die Lehrer ſolten ihren Zuhoͤrern auf das nach-
druͤcklichſte einſchaͤrffen/ daß das Beicht-Weſen eine bloſe
Ceremonie/ ſo von Menſchen eingefuͤhret worden. Sie ſol-
ten frey bekennen und ſagen: Niemand koͤnne Suͤnden ver-
geben/ als GOtt. Was die Prieſter dabey zu verrichten
haͤtten/ beſtuͤnde darinnen/ daß ſie die Leute zur wahren
Buſſe anmahneten/ ihnen den Weg hierzu zeigten. Sie
troͤſteten die Betruͤbten und zeigten ihnen/ daß GOtt denen
zerſchlagenen Hertzen um Chriſti willen gnaͤdig ſey/ und die
Suͤnden verziehe. Gewiß ſolche hochtrabende Formuln:
Jch vergebe euch eure Suͤnden an GOttes ſtatt, Jch vergebe
ſie Krafft meines heiligen Amtes ꝛc. hat man vordieſen nicht
gebraucht. Man hat ſich in dem groͤbſten Papſtthum ei-
nes beſſern beſchieden b). Warum ſolte man denn heute zu
Tage
b) Dallæus de confesſ. auricul. Lib. IV. cap. 42. bringet aus dem Pſeu-
do Alcuino und ordine Romano die gantze Handlung der Beich-
te und abſolution bey. Die abſolution aber beſtunde in nichts
anders, als daß der Prieſter uͤber den Bußfertigen folgendes
Gebet geſprochen: Herr erhoͤre unſer Gebet, und vergib die
Suͤnde denen, die dir beichten. Oder auf ſolche Weiſe: Laß
deine Barmhertzigkeit o HErr! ergehen uͤber dieſen deinen
Knecht, u. ſ. w. Wenn dieſes geſchehen, hieſſe man den Buß-
fertigen von der Erde aufſtehen, und der Prieſter erhube ſich auch
von ſeinem Stuhl. Beyde verfuͤgten ſich in den Tempel, fielen
auf die Knie und beteten Pſalmen/ z. E. HErr ſtraff mich nicht
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