Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.man zur Beichte gehen soll. zur Beichte gehen/ und verachtet solche/ darum verachteter auch des HErrn Nachtmahl. Du sprichst: Genug/ die Beichte ist die Vorbereitung dazu. Wo stehet aber dieses geschrieben? du wirst alsobald heraus platzen: Es sey ja ohnumgänglich nöthig/ daß man vor Geniessung des A- bendmahls sich wohl prüfe, sein gantzes Leben untersuche/ und die begangene Sünden bereue. Man würde sonst ein unwürdiger Gast. Jch sage solches auch. Aber ist denn die Beichte zu solcher Prüfung unumgänglich vonnöthen? Jch glaube solches nicht. Das Tridentinische concilium hat zwar verordnet b): Die Kirchen-Gewohnheit giebet zu verstehen, diejenige Prüffung sey nöthig, damit niemand, der sich einer Tod-Sünde bewust, ob er gleich meinet, er ha- be ein zerknirrschtes Hertz, ohne geheime Beichte zum Abend- mahl gehen soll. Damit auch diese Verordnung desto steiffer gehalten würde/ so hat gedachtes concilium zu- gleich feste gesetzet/ diejenigen/ so anders lehreten/ solten sogleich in dem Bann seyn. Aber was gehet uns dieses an? Die ersten Christen waren auch würdige Gäste bey dem Tisch des Herrn/ ob sie gleich durch die Beichte zu solchem nicht zubereitet worden. Hieraus wirst du erkennen/ daß es etwas unrechtes sey/ wenn man die Leute zum Beicht- gehen zwingen will. Jn dem gröbsten Papstthum hat man selbst nichts davon gewust/ bis Innocentius III. mit seiner so fameusen constitution herfür gebrochen. §. IV. Ohnerachtet die ersten Christen öffters dasVor diesem er- b) Sess. 13. cap. 7. Ecclesiastica autem consuetudo declarat, eam pro-Nothwendig- keit der Beichte vor dem A- bendmahl. bationem necessariam esse, vt nullus sibi conscius mortalis pecca- ti, quantumuis sibi contritus videatur, absque praemissa sacra- mentali confessione ad S. Eucharislam accedere debeat. a) Daß e e 3
man zur Beichte gehen ſoll. zur Beichte gehen/ und verachtet ſolche/ darum verachteter auch des HErrn Nachtmahl. Du ſprichſt: Genug/ die Beichte iſt die Vorbereitung dazu. Wo ſtehet aber dieſes geſchrieben? du wirſt alſobald heraus platzen: Es ſey ja ohnumgaͤnglich noͤthig/ daß man vor Genieſſung des A- bendmahls ſich wohl pruͤfe, ſein gantzes Leben unterſuche/ und die begangene Suͤnden bereue. Man wuͤrde ſonſt ein unwuͤrdiger Gaſt. Jch ſage ſolches auch. Aber iſt denn die Beichte zu ſolcher Pruͤfung unumgaͤnglich vonnoͤthen? Jch glaube ſolches nicht. Das Tridentiniſche concilium hat zwar verordnet b): Die Kirchen-Gewohnheit giebet zu verſtehen, diejenige Pruͤffung ſey noͤthig, damit niemand, der ſich einer Tod-Suͤnde bewuſt, ob er gleich meinet, er ha- be ein zerknirrſchtes Hertz, ohne geheime Beichte zum Abend- mahl gehen ſoll. Damit auch dieſe Verordnung deſto ſteiffer gehalten wuͤrde/ ſo hat gedachtes concilium zu- gleich feſte geſetzet/ diejenigen/ ſo anders lehreten/ ſolten ſogleich in dem Bann ſeyn. Aber was gehet uns dieſes an? Die erſten Chriſten waren auch wuͤrdige Gaͤſte bey dem Tiſch des Herrn/ ob ſie gleich durch die Beichte zu ſolchem nicht zubereitet worden. Hieraus wirſt du erkennen/ daß es etwas unrechtes ſey/ wenn man die Leute zum Beicht- gehen zwingen will. Jn dem groͤbſten Papſtthum hat man ſelbſt nichts davon gewuſt/ bis Innocentius III. mit ſeiner ſo fameuſen conſtitution herfuͤr gebrochen. §. IV. Ohnerachtet die erſten Chriſten oͤffters dasVor dieſem er- b) Sesſ. 13. cap. 7. Eccleſiaſtica autem conſuetudo declarat, eam pro-Nothwendig- keit der Beichte vor dem A- bendmahl. bationem neceſſariam eſſe, vt nullus ſibi conſcius mortalis pecca- ti, quantumuis ſibi contritus videatur, absque praemiſſa ſacra- mentali confesſione ad S. Euchariſlam accedere debeat. a) Daß e e 3
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bendmahls ſich wohl pruͤfe, ſein gantzes Leben unterſuche/
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unwuͤrdiger Gaſt. Jch ſage ſolches auch. Aber iſt denn
die Beichte zu ſolcher Pruͤfung unumgaͤnglich vonnoͤthen?
Jch glaube ſolches nicht. Das Tridentiniſche concilium
hat zwar verordnet b): Die Kirchen-Gewohnheit giebet zu
verſtehen, diejenige Pruͤffung ſey noͤthig, damit niemand,
der ſich einer Tod-Suͤnde bewuſt, ob er gleich meinet, er ha-
be ein zerknirrſchtes Hertz, ohne geheime Beichte zum Abend-
mahl gehen ſoll. Damit auch dieſe Verordnung deſto
ſteiffer gehalten wuͤrde/ ſo hat gedachtes concilium zu-
gleich feſte geſetzet/ diejenigen/ ſo anders lehreten/ ſolten
ſogleich in dem Bann ſeyn. Aber was gehet uns dieſes an?
Die erſten Chriſten waren auch wuͤrdige Gaͤſte bey dem
Tiſch des Herrn/ ob ſie gleich durch die Beichte zu ſolchem
nicht zubereitet worden. Hieraus wirſt du erkennen/ daß
es etwas unrechtes ſey/ wenn man die Leute zum Beicht-
gehen zwingen will. Jn dem groͤbſten Papſtthum hat
man ſelbſt nichts davon gewuſt/ bis Innocentius III. mit
ſeiner ſo fameuſen conſtitution herfuͤr gebrochen.
§. IV. Ohnerachtet die erſten Chriſten oͤffters das
Nachtmahl des HErrn empfiengen/ ſo wird doch niemand
er-
Vor dieſem
und bey de-
nen erſten
b) Sesſ. 13. cap. 7. Eccleſiaſtica autem conſuetudo declarat, eam pro-
bationem neceſſariam eſſe, vt nullus ſibi conſcius mortalis pecca-
ti, quantumuis ſibi contritus videatur, absque praemiſſa ſacra-
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