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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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Geheimhaltung der Beichte.
§. XI.

Es stimmen also die Doctores ein/ daß alleDie grösten
Sünden,
wenn man
sie beichtet,
müssen ver-
schwiegen
bleiben.

und jede Laster und Sünden, wenn solche auch noch so groß
wären/ im Fall sie gebeichtet worden/ geheim zu halten.
Sie sagen/ es gezieme keinem Priester/ sich in weltliche Hän-
del zu mischen. Es sey derselbe kein Rächer und Richter
der Laster. Sein Amt bestünde darinnen/ daß er straffte/
wenn jemand unbußfertig. Die/ so Leid und Reue hätten/
müste er mit Trost aufrichten. Alles und jedes aber/ was
in dem Beicht-Stuhl vorgienge/ müste verschwiegen blei-
ben. Ja wenn ein Priester gleich meinete/ die Sünde sey
so groß/ daß es zum höchsten unbillig/ wenn solche unbe-
strafft bliebe/ so müste er dennoch reinen Mund halten. Er
müste die Rache GOtt befehlen a).

§. XII.
Zweiffel, daß auch das begangene Laster der beleidigten Ma-
jestät, der Obrigkeit anzuzeigen wären. Jedoch, da das erste-
re ohne Grund, so halte ich dafür, ein Priester sey nicht schul-
dig auch wegen des letztern, wenn nehmlich die That schon voll-
bracht, etwas aus der Beichte zu schwatzen.
a) Ein Priester solte in diesem Fall bedencken das bekannte Sprich-Wird noch
weiter erleu-
tert.

wort: Es ist nichts so klein gesponnen, es kommt endlich
an die Sonnen.
GOtt wüste tausend Wege, dasjenige an das
Licht zu bringen, was im Finstern verborgen wäre. Also soll ein
Priester nichts offenbahren, wenn ihm jemand beichtet, er stecke in
der und der Lehre. Er soll verschwiegen seyn, wenn man ihm offenbah-
ret, man hätte ein Laster der beleidigten Majestät begangen, das
Vaterland verrathen, Kirchen und Stätte angezündet, wider die
Obrigkeit rebellirt, und andere grobe Laster und Sünden began-
gen. Beyer cit. l. sect. 1. cap. 3. §. 56. Ja wenn auch jemand bekennet,
daß er Todschlag verübet. Lutherus selbst hat auf die Frage:
Wenn ein Pfarrer und Beicht-Vater ein Weib absolvirte, die
gebeichtet, daß sie ihr Kind erwürget, und solches würde hernach
ruchbar, ob auch der Pfarrer, so er darum gefraget würde,
beym Richter Zeugniß geben müste? geantwortet: Mit nichten
nicht:
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Geheimhaltung der Beichte.
§. XI.

Es ſtimmen alſo die Doctores ein/ daß alleDie groͤſten
Suͤnden,
wenn man
ſie beichtet,
muͤſſen ver-
ſchwiegen
bleiben.

und jede Laſter und Suͤnden, wenn ſolche auch noch ſo groß
waͤren/ im Fall ſie gebeichtet worden/ geheim zu halten.
Sie ſagen/ es gezieme keinem Prieſter/ ſich in weltliche Haͤn-
del zu miſchen. Es ſey derſelbe kein Raͤcher und Richter
der Laſter. Sein Amt beſtuͤnde darinnen/ daß er ſtraffte/
wenn jemand unbußfertig. Die/ ſo Leid und Reue haͤtten/
muͤſte er mit Troſt aufrichten. Alles und jedes aber/ was
in dem Beicht-Stuhl vorgienge/ muͤſte verſchwiegen blei-
ben. Ja wenn ein Prieſter gleich meinete/ die Suͤnde ſey
ſo groß/ daß es zum hoͤchſten unbillig/ wenn ſolche unbe-
ſtrafft bliebe/ ſo muͤſte er dennoch reinen Mund halten. Er
muͤſte die Rache GOtt befehlen a).

§. XII.
Zweiffel, daß auch das begangene Laſter der beleidigten Ma-
jeſtaͤt, der Obrigkeit anzuzeigen waͤren. Jedoch, da das erſte-
re ohne Grund, ſo halte ich dafuͤr, ein Prieſter ſey nicht ſchul-
dig auch wegen des letztern, wenn nehmlich die That ſchon voll-
bracht, etwas aus der Beichte zu ſchwatzen.
a) Ein Prieſter ſolte in dieſem Fall bedencken das bekannte Sprich-Wird noch
weiter erleu-
tert.

wort: Es iſt nichts ſo klein geſponnen, es kommt endlich
an die Sonnen.
GOtt wuͤſte tauſend Wege, dasjenige an das
Licht zu bringen, was im Finſtern verborgen waͤre. Alſo ſoll ein
Prieſter nichts offenbahren, wenn ihm jemand beichtet, er ſtecke in
der und der Lehre. Er ſoll verſchwiegen ſeyn, weñ man ihm offenbah-
ret, man haͤtte ein Laſter der beleidigten Majeſtaͤt begangen, das
Vaterland verrathen, Kirchen und Staͤtte angezuͤndet, wider die
Obrigkeit rebellirt, und andere grobe Laſter und Suͤnden began-
gen. Beyer cit. l. ſect. 1. cap. 3. §. 56. Ja wenn auch jemand bekennet,
daß er Todſchlag veruͤbet. Lutherus ſelbſt hat auf die Frage:
Wenn ein Pfarrer und Beicht-Vater ein Weib abſolvirte, die
gebeichtet, daß ſie ihr Kind erwuͤrget, und ſolches wuͤrde hernach
ruchbar, ob auch der Pfarrer, ſo er darum gefraget wuͤrde,
beym Richter Zeugniß geben muͤſte? geantwortet: Mit nichten
nicht:
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[315/0334] Geheimhaltung der Beichte. §. XI. Es ſtimmen alſo die Doctores ein/ daß alle und jede Laſter und Suͤnden, wenn ſolche auch noch ſo groß waͤren/ im Fall ſie gebeichtet worden/ geheim zu halten. Sie ſagen/ es gezieme keinem Prieſter/ ſich in weltliche Haͤn- del zu miſchen. Es ſey derſelbe kein Raͤcher und Richter der Laſter. Sein Amt beſtuͤnde darinnen/ daß er ſtraffte/ wenn jemand unbußfertig. Die/ ſo Leid und Reue haͤtten/ muͤſte er mit Troſt aufrichten. Alles und jedes aber/ was in dem Beicht-Stuhl vorgienge/ muͤſte verſchwiegen blei- ben. Ja wenn ein Prieſter gleich meinete/ die Suͤnde ſey ſo groß/ daß es zum hoͤchſten unbillig/ wenn ſolche unbe- ſtrafft bliebe/ ſo muͤſte er dennoch reinen Mund halten. Er muͤſte die Rache GOtt befehlen a). Die groͤſten Suͤnden, wenn man ſie beichtet, muͤſſen ver- ſchwiegen bleiben. §. XII. (b) a) Ein Prieſter ſolte in dieſem Fall bedencken das bekannte Sprich- wort: Es iſt nichts ſo klein geſponnen, es kommt endlich an die Sonnen. GOtt wuͤſte tauſend Wege, dasjenige an das Licht zu bringen, was im Finſtern verborgen waͤre. Alſo ſoll ein Prieſter nichts offenbahren, wenn ihm jemand beichtet, er ſtecke in der und der Lehre. Er ſoll verſchwiegen ſeyn, weñ man ihm offenbah- ret, man haͤtte ein Laſter der beleidigten Majeſtaͤt begangen, das Vaterland verrathen, Kirchen und Staͤtte angezuͤndet, wider die Obrigkeit rebellirt, und andere grobe Laſter und Suͤnden began- gen. Beyer cit. l. ſect. 1. cap. 3. §. 56. Ja wenn auch jemand bekennet, daß er Todſchlag veruͤbet. Lutherus ſelbſt hat auf die Frage: Wenn ein Pfarrer und Beicht-Vater ein Weib abſolvirte, die gebeichtet, daß ſie ihr Kind erwuͤrget, und ſolches wuͤrde hernach ruchbar, ob auch der Pfarrer, ſo er darum gefraget wuͤrde, beym Richter Zeugniß geben muͤſte? geantwortet: Mit nichten nicht: (b) Zweiffel, daß auch das begangene Laſter der beleidigten Ma- jeſtaͤt, der Obrigkeit anzuzeigen waͤren. Jedoch, da das erſte- re ohne Grund, ſo halte ich dafuͤr, ein Prieſter ſey nicht ſchul- dig auch wegen des letztern, wenn nehmlich die That ſchon voll- bracht, etwas aus der Beichte zu ſchwatzen. r r 2

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/334>, abgerufen am 29.11.2024.