Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.Geheimhaltung der Beichte. nicht zugeben a). Jch wollte vielmehr diesen Mittel-Wegwehlen/ und sagen: Wenn ein Priester von der Sache Wissenschafft hat/ ehe solche der Thäter beichtet, so wäre er nicht gehalten verschwiegen zu seyn. Man könte ihn sodann auch als einen Zeugen mitgebrauchen b). §. XIX. a) Einige halten dafür, wenn ein Priester gleich von einer SacheVerschiedene Meinung der Rechts-Lehrer. hie oder daher Wissenschafft hätte, so müste er dennoch verschwie- gen seyn, wenn man solche ihm auch gebeichtet. Sie meinen, daß sonst das Siegel der Beichte gebrochen würde. Sie brin- gen ferner folgende Ursache vor. Was man in der Beichte ge- offenbahret, solte und müste verschwiegen bleiben. Diese Pflicht könte die Wissenschafft, so man anderwärts erlanget, nicht auf- heben. Es würden über dieses die Leute von der Beichte abge- schrecket, wenn ein Priester das Siegel brechen dürffte, im Fall er anderwärts von der gebeichteten Sache etwas erfahren. Die Beichte sey auch viel zu heilig, als daß sie durch die gemeine Wis- senschafft könte umgestossen werden. Die, so anderer Meinung sind, machen einen Unterschied, ob der Beicht-Vater etwas aus- schwatzet, daß er es gesehen, gehöret etc. oder ob er inson- derheit sagte, daß es ihm gebeichtet worden. Das erstere sey erlaubt, aber das andere verboten. b) Wenn aber ein Priester nachmahls, da ihm etwas gebeichtetMeine Mei-
nung. worden, durch das gemeine Geschrey erfähret, so halte ich dafür, er müsse alles geheim halten. Allein wenn man überhaupt sagen wolte, daß ein Priester reinen Mund solte halten, über alles, was man ihm in der Beichte anvertrauet, so würden offt die grö- sten Leichtfertigkeiten bemäntelt werden. Ein Ubelthäter, wenn er Wissenschafft hätte, daß der Priester von seiner That dürfte Zeugnüß geben, könte ihm solche nachmahls beichten. Dadurch erlangte er, daß man ihm nichts beweisen könte. Wenn er eine Ubelthat in des Priesters Angesicht begangen, so hinderte er durch die Beichte, daß der Priester kein Zeugnüß geben könte. Wenn man dieses wohl überleget, wird man wieder meine Meinung nichts auszusetzen haben. a) Sie Geheimhaltung der Beichte. nicht zugeben a). Jch wollte vielmehr dieſen Mittel-Wegwehlen/ und ſagen: Wenn ein Prieſter von der Sache Wiſſenſchafft hat/ ehe ſolche der Thaͤter beichtet, ſo waͤre er nicht gehalten verſchwiegen zu ſeyn. Man koͤnte ihn ſodann auch als einen Zeugen mitgebrauchen b). §. XIX. a) Einige halten dafuͤr, wenn ein Prieſter gleich von einer SacheVerſchiedene Meinung der Rechts-Lehrer. hie oder daher Wiſſenſchafft haͤtte, ſo muͤſte er dennoch verſchwie- gen ſeyn, wenn man ſolche ihm auch gebeichtet. Sie meinen, daß ſonſt das Siegel der Beichte gebrochen wuͤrde. Sie brin- gen ferner folgende Urſache vor. Was man in der Beichte ge- offenbahret, ſolte und muͤſte verſchwiegen bleiben. Dieſe Pflicht koͤnte die Wiſſenſchafft, ſo man anderwaͤrts erlanget, nicht auf- heben. Es wuͤrden uͤber dieſes die Leute von der Beichte abge- ſchrecket, wenn ein Prieſter das Siegel brechen duͤrffte, im Fall er anderwaͤrts von der gebeichteten Sache etwas erfahren. Die Beichte ſey auch viel zu heilig, als daß ſie durch die gemeine Wiſ- ſenſchafft koͤnte umgeſtoſſen werden. Die, ſo anderer Meinung ſind, machen einen Unterſchied, ob der Beicht-Vater etwas aus- ſchwatzet, daß er es geſehen, gehoͤret ꝛc. oder ob er inſon- derheit ſagte, daß es ihm gebeichtet worden. Das erſtere ſey erlaubt, aber das andere verboten. b) Wenn aber ein Prieſter nachmahls, da ihm etwas gebeichtetMeine Mei-
nung. worden, durch das gemeine Geſchrey erfaͤhret, ſo halte ich dafuͤr, er muͤſſe alles geheim halten. Allein wenn man uͤberhaupt ſagen wolte, daß ein Prieſter reinen Mund ſolte halten, uͤber alles, was man ihm in der Beichte anvertrauet, ſo wuͤrden offt die groͤ- ſten Leichtfertigkeiten bemaͤntelt werden. Ein Ubelthaͤter, wenn er Wiſſenſchafft haͤtte, daß der Prieſter von ſeiner That duͤrfte Zeugnuͤß geben, koͤnte ihm ſolche nachmahls beichten. Dadurch erlangte er, daß man ihm nichts beweiſen koͤnte. Wenn er eine Ubelthat in des Prieſters Angeſicht begangen, ſo hinderte er durch die Beichte, daß der Prieſter kein Zeugnuͤß geben koͤnte. Wenn man dieſes wohl uͤberleget, wird man wieder meine Meinung nichts auszuſetzen haben. a) Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0346" n="327"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Geheimhaltung der Beichte.</hi></fw><lb/> nicht zugeben <note place="foot" n="a)">Einige halten dafuͤr, wenn ein Prieſter gleich von einer Sache<note place="right">Verſchiedene<lb/> Meinung der<lb/> Rechts-Lehrer.</note><lb/> hie oder daher Wiſſenſchafft haͤtte, ſo muͤſte er dennoch <hi rendition="#fr">verſchwie-<lb/> gen ſeyn,</hi> wenn man ſolche ihm auch gebeichtet. Sie meinen,<lb/> daß ſonſt das Siegel der Beichte gebrochen wuͤrde. Sie brin-<lb/> gen ferner folgende Urſache vor. Was man in der Beichte ge-<lb/> offenbahret, ſolte und muͤſte verſchwiegen bleiben. Dieſe Pflicht<lb/> koͤnte die Wiſſenſchafft, ſo man anderwaͤrts erlanget, nicht auf-<lb/> heben. Es wuͤrden uͤber dieſes die Leute von der Beichte abge-<lb/> ſchrecket, wenn ein Prieſter das Siegel brechen duͤrffte, im Fall<lb/> er anderwaͤrts von der gebeichteten Sache etwas erfahren. Die<lb/> Beichte ſey auch viel zu heilig, als daß ſie durch die gemeine Wiſ-<lb/> ſenſchafft koͤnte umgeſtoſſen werden. Die, ſo anderer Meinung<lb/> ſind, machen einen Unterſchied, ob der Beicht-Vater etwas aus-<lb/> ſchwatzet, daß er es <hi rendition="#fr">geſehen, gehoͤret ꝛc.</hi> oder ob er inſon-<lb/> derheit ſagte, daß es ihm <hi rendition="#fr">gebeichtet worden.</hi> Das erſtere ſey<lb/> erlaubt, aber das andere verboten.</note>. Jch wollte vielmehr dieſen Mittel-Weg<lb/> wehlen/ und ſagen: Wenn ein Prieſter von der Sache<lb/> Wiſſenſchafft hat/ <hi rendition="#fr">ehe ſolche der Thaͤter beichtet,</hi> ſo waͤre<lb/> er nicht gehalten verſchwiegen zu ſeyn. Man koͤnte ihn<lb/> ſodann auch als einen Zeugen mitgebrauchen <note place="foot" n="b)">Wenn aber ein Prieſter nachmahls, da ihm etwas gebeichtet<note place="right">Meine Mei-<lb/> nung.</note><lb/> worden, durch das gemeine Geſchrey erfaͤhret, ſo halte ich dafuͤr,<lb/> er muͤſſe alles geheim halten. Allein wenn man uͤberhaupt ſagen<lb/> wolte, daß ein Prieſter reinen Mund ſolte halten, <hi rendition="#fr">uͤber alles,</hi><lb/> was man ihm in der Beichte anvertrauet, ſo wuͤrden offt die groͤ-<lb/> ſten Leichtfertigkeiten bemaͤntelt werden. Ein Ubelthaͤter, wenn<lb/> er Wiſſenſchafft haͤtte, daß der Prieſter von ſeiner That duͤrfte<lb/> Zeugnuͤß geben, koͤnte ihm ſolche nachmahls beichten. Dadurch<lb/> erlangte er, daß man ihm nichts beweiſen koͤnte. Wenn er eine<lb/> Ubelthat in des Prieſters Angeſicht begangen, ſo hinderte er durch<lb/> die Beichte, daß der Prieſter kein Zeugnuͤß geben koͤnte. Wenn<lb/> man dieſes wohl uͤberleget, wird man wieder meine Meinung<lb/> nichts auszuſetzen haben.<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">a)</hi> Sie</fw></note>.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. <hi rendition="#aq">XIX.</hi></fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [327/0346]
Geheimhaltung der Beichte.
nicht zugeben a). Jch wollte vielmehr dieſen Mittel-Weg
wehlen/ und ſagen: Wenn ein Prieſter von der Sache
Wiſſenſchafft hat/ ehe ſolche der Thaͤter beichtet, ſo waͤre
er nicht gehalten verſchwiegen zu ſeyn. Man koͤnte ihn
ſodann auch als einen Zeugen mitgebrauchen b).
§. XIX.
a) Einige halten dafuͤr, wenn ein Prieſter gleich von einer Sache
hie oder daher Wiſſenſchafft haͤtte, ſo muͤſte er dennoch verſchwie-
gen ſeyn, wenn man ſolche ihm auch gebeichtet. Sie meinen,
daß ſonſt das Siegel der Beichte gebrochen wuͤrde. Sie brin-
gen ferner folgende Urſache vor. Was man in der Beichte ge-
offenbahret, ſolte und muͤſte verſchwiegen bleiben. Dieſe Pflicht
koͤnte die Wiſſenſchafft, ſo man anderwaͤrts erlanget, nicht auf-
heben. Es wuͤrden uͤber dieſes die Leute von der Beichte abge-
ſchrecket, wenn ein Prieſter das Siegel brechen duͤrffte, im Fall
er anderwaͤrts von der gebeichteten Sache etwas erfahren. Die
Beichte ſey auch viel zu heilig, als daß ſie durch die gemeine Wiſ-
ſenſchafft koͤnte umgeſtoſſen werden. Die, ſo anderer Meinung
ſind, machen einen Unterſchied, ob der Beicht-Vater etwas aus-
ſchwatzet, daß er es geſehen, gehoͤret ꝛc. oder ob er inſon-
derheit ſagte, daß es ihm gebeichtet worden. Das erſtere ſey
erlaubt, aber das andere verboten.
b) Wenn aber ein Prieſter nachmahls, da ihm etwas gebeichtet
worden, durch das gemeine Geſchrey erfaͤhret, ſo halte ich dafuͤr,
er muͤſſe alles geheim halten. Allein wenn man uͤberhaupt ſagen
wolte, daß ein Prieſter reinen Mund ſolte halten, uͤber alles,
was man ihm in der Beichte anvertrauet, ſo wuͤrden offt die groͤ-
ſten Leichtfertigkeiten bemaͤntelt werden. Ein Ubelthaͤter, wenn
er Wiſſenſchafft haͤtte, daß der Prieſter von ſeiner That duͤrfte
Zeugnuͤß geben, koͤnte ihm ſolche nachmahls beichten. Dadurch
erlangte er, daß man ihm nichts beweiſen koͤnte. Wenn er eine
Ubelthat in des Prieſters Angeſicht begangen, ſo hinderte er durch
die Beichte, daß der Prieſter kein Zeugnuͤß geben koͤnte. Wenn
man dieſes wohl uͤberleget, wird man wieder meine Meinung
nichts auszuſetzen haben.
a) Sie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |