Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.III. Abth. I. Cap. Vom Recht der consistorien Ob Consi-storia die Beichte auch auf an- dere als biß- her gewöhn- liche Zeit verlegenkönnen. §. IV. An volckreichen Orten kommt es zum öfftern/ dieser zum Aband- mahl zu gehen.eine vortrefliche nützliche Sache, und durfften denjenigen, so der- selben gerne überhoben seyn wolte, wohl gar vor einen Ketzer oder schismaticum ansehen. Die Juristen, so mit in denen Consistoriis si- tzen, wenn sie gleich die Geistlichen an der Zahl übertreffen, sind ge- meiniglich mit eben solchen principiis eingenommen. Wenn sol- che aber auch erkenneten, daß das Ansuchen billig, so haben sie dennoch offt verschiedene Ursachen, der Geistligkeit hier nicht zu- wieder zu seyn. Darum dencke ich, man werde selten von den Consistoriis dergleichen Erlaubnüß erhalten. a) Anmerckung
von dem lege dioecesana.Wenn wegen der liturgie einiger Streit entstehet, so ist es wohl ausser Zweiffel, daß die Consistoria solchen schlichten können. Aus diesem Grund hat vielleicht auch Weber de jur. Consist. c. 27. de- nen Consistoriis die Erhaltung der Ceremonien zugeschrieben. Allein wenn wegen Aenderung der liturgie die Frage entstehet, so muß man die Sache genauer ansehen. Carpzov. in Iurispr. eccles. Lib. 3. def. 2. n. 11. mit ihm Brunnemann und andere sagen, das Consistorium könte sich alles zueignen, was ad legem dioe- cesanam, und zur jurisdiction gehörte. Dieses wird von ihnen mit verschiedenen Exempeln erleutert. Jch mercke hierbey an, daß die Canonisten selbst unter sich nicht einig sind, was vor Handlungen hie und dorthin zu rechnen. Also ist dieser Grund gantz undeutlich, und kan man darum nicht darauf fussen. Es ist auch etwas ungebührliches, aus solchen Gründen eine Sache ent- III. Abth. I. Cap. Vom Recht der conſiſtorien Ob Conſi-ſtoria die Beichte auch auf an- dere als biß- her gewoͤhn- liche Zeit verlegenkoͤnnen. §. IV. An volckreichen Orten kommt es zum oͤfftern/ dieſer zum Aband- mahl zu gehen.eine vortrefliche nuͤtzliche Sache, und durfften denjenigen, ſo der- ſelben gerne uͤberhoben ſeyn wolte, wohl gar vor einen Ketzer oder ſchiſmaticum anſehen. Die Juriſten, ſo mit in denen Conſiſtoriis ſi- tzen, wenn ſie gleich die Geiſtlichen an der Zahl uͤbertreffen, ſind ge- meiniglich mit eben ſolchen principiis eingenommen. Wenn ſol- che aber auch erkenneten, daß das Anſuchen billig, ſo haben ſie dennoch offt verſchiedene Urſachen, der Geiſtligkeit hier nicht zu- wieder zu ſeyn. Darum dencke ich, man werde ſelten von den Conſiſtoriis dergleichen Erlaubnuͤß erhalten. a) Anmerckung
von dem lege diœceſana.Wenn wegen der liturgie einiger Streit entſtehet, ſo iſt es wohl auſſer Zweiffel, daß die Conſiſtoria ſolchen ſchlichten koͤnnen. Aus dieſem Grund hat vielleicht auch Weber de jur. Conſiſt. c. 27. de- nen Conſiſtoriis die Erhaltung der Ceremonien zugeſchrieben. Allein wenn wegen Aenderung der liturgie die Frage entſtehet, ſo muß man die Sache genauer anſehen. Carpzov. in Iuriſpr. eccleſ. Lib. 3. def. 2. n. 11. mit ihm Brunnemann und andere ſagen, das Conſiſtorium koͤnte ſich alles zueignen, was ad legem diœ- ceſanam, und zur jurisdiction gehoͤrte. Dieſes wird von ihnen mit verſchiedenen Exempeln erleutert. Jch mercke hierbey an, daß die Canoniſten ſelbſt unter ſich nicht einig ſind, was vor Handlungen hie und dorthin zu rechnen. Alſo iſt dieſer Grund gantz undeutlich, und kan man darum nicht darauf fuſſen. Es iſt auch etwas ungebuͤhrliches, aus ſolchen Gruͤnden eine Sache ent- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0369" n="350"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">I.</hi> Cap. Vom Recht der <hi rendition="#aq">conſiſtori</hi>en</hi> </fw><lb/> <note place="left">Ob <hi rendition="#aq">Conſi-<lb/> ſtoria</hi> die<lb/><hi rendition="#g">Beichte</hi><lb/> auch auf an-<lb/> dere als biß-<lb/> her gewoͤhn-<lb/> liche Zeit<lb/><hi rendition="#g">verlegen</hi>koͤnnen.</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. <hi rendition="#aq">IV.</hi></head> <p>An volckreichen Orten kommt es zum oͤfftern/<lb/> daß wenn die Woche nur einmahl Beichte geſeſſen wird/<lb/> und wie gemeiniglich/ nur des Nachmittags vor denen<lb/> Sonn und Feſttaͤgen/ ſich ſolche biß in die ſpaͤte Nacht ver-<lb/> ziehet. Weil nun dieſes ſo wohl denen Beichtenden/ als<lb/> auch der Prieſterſchafft beſchwerlich faͤllet/ ſo entſtehet nicht<lb/> unbillig die Frage: Ob <hi rendition="#aq">Conſiſtoria</hi> ordnen koͤnnen/ daß<lb/> man auch <hi rendition="#fr">auſſer der gewoͤhnlichen Zeit Beichte ſitze.</hi> Jns-<lb/> gemein laſſen die <hi rendition="#aq">Proteſti</hi>renden <hi rendition="#aq">Juri</hi>ſten dem <hi rendition="#aq">Conſiſtorio</hi><lb/> nichts ſolches anordnen/ was <hi rendition="#aq">ad jus Sacrorum,</hi> ſondern<lb/> was nur <hi rendition="#aq">ad legem diœceſanam</hi> gehoͤret <note xml:id="i45" next="#i46" place="foot" n="a)"><note place="left">Anmerckung<lb/> von dem <hi rendition="#aq">lege<lb/> diœceſana.</hi></note>Wenn wegen der <hi rendition="#aq">liturgi</hi>e einiger Streit entſtehet, ſo iſt es wohl<lb/> auſſer Zweiffel, daß die <hi rendition="#aq">Conſiſtoria</hi> ſolchen ſchlichten koͤnnen. Aus<lb/> dieſem Grund hat vielleicht auch <hi rendition="#aq">Weber <hi rendition="#i">de jur. Conſiſt. c. 27.</hi></hi> de-<lb/> nen <hi rendition="#aq">Conſiſtoriis</hi> die <hi rendition="#fr">Erhaltung der Ceremonien</hi> zugeſchrieben.<lb/> Allein wenn wegen <hi rendition="#fr">Aenderung der</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">liturgi</hi></hi>e die Frage entſtehet,<lb/> ſo muß man die Sache genauer anſehen. <hi rendition="#aq">Carpzov. <hi rendition="#i">in Iuriſpr.<lb/> eccleſ. Lib. 3. def. 2. n. 11.</hi></hi> mit ihm <hi rendition="#aq">Brunnemann</hi> und andere ſagen,<lb/> das <hi rendition="#aq">Conſiſtorium</hi> koͤnte ſich alles zueignen, was <hi rendition="#aq">ad legem diœ-<lb/> ceſanam,</hi> und zur <hi rendition="#aq">jurisdiction</hi> gehoͤrte. Dieſes wird von ihnen<lb/> mit verſchiedenen Exempeln erleutert. Jch mercke hierbey an,<lb/> daß die Canoniſten ſelbſt unter ſich nicht einig ſind, was vor<lb/> Handlungen hie und dorthin zu rechnen. Alſo iſt dieſer Grund<lb/> gantz undeutlich, und kan man darum nicht darauf fuſſen. Es<lb/> iſt auch etwas ungebuͤhrliches, aus ſolchen Gruͤnden eine Sache<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ent-</fw></note>. Wie richtig<lb/> <fw place="bottom" type="catch">dieſer</fw><lb/><note xml:id="i44" prev="#i43" place="foot" n="(b)"><note place="left">zum Aband-<lb/> mahl zu gehen.</note>eine vortrefliche nuͤtzliche Sache, und durfften denjenigen, ſo der-<lb/> ſelben gerne uͤberhoben ſeyn wolte, wohl gar vor einen Ketzer oder<lb/><hi rendition="#aq">ſchiſmaticum</hi> anſehen. Die Juriſten, ſo mit in denen <hi rendition="#aq">Conſiſtoriis</hi> ſi-<lb/> tzen, wenn ſie gleich die Geiſtlichen an der Zahl uͤbertreffen, ſind ge-<lb/> meiniglich mit eben ſolchen <hi rendition="#aq">principiis</hi> eingenommen. Wenn ſol-<lb/> che aber auch erkenneten, daß das Anſuchen billig, ſo haben ſie<lb/> dennoch offt verſchiedene Urſachen, der Geiſtligkeit hier nicht zu-<lb/> wieder zu ſeyn. Darum dencke ich, man werde ſelten von den<lb/><hi rendition="#aq">Conſiſtoriis</hi> dergleichen Erlaubnuͤß erhalten.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [350/0369]
III. Abth. I. Cap. Vom Recht der conſiſtorien
§. IV. An volckreichen Orten kommt es zum oͤfftern/
daß wenn die Woche nur einmahl Beichte geſeſſen wird/
und wie gemeiniglich/ nur des Nachmittags vor denen
Sonn und Feſttaͤgen/ ſich ſolche biß in die ſpaͤte Nacht ver-
ziehet. Weil nun dieſes ſo wohl denen Beichtenden/ als
auch der Prieſterſchafft beſchwerlich faͤllet/ ſo entſtehet nicht
unbillig die Frage: Ob Conſiſtoria ordnen koͤnnen/ daß
man auch auſſer der gewoͤhnlichen Zeit Beichte ſitze. Jns-
gemein laſſen die Proteſtirenden Juriſten dem Conſiſtorio
nichts ſolches anordnen/ was ad jus Sacrorum, ſondern
was nur ad legem diœceſanam gehoͤret a). Wie richtig
dieſer
(b)
a) Wenn wegen der liturgie einiger Streit entſtehet, ſo iſt es wohl
auſſer Zweiffel, daß die Conſiſtoria ſolchen ſchlichten koͤnnen. Aus
dieſem Grund hat vielleicht auch Weber de jur. Conſiſt. c. 27. de-
nen Conſiſtoriis die Erhaltung der Ceremonien zugeſchrieben.
Allein wenn wegen Aenderung der liturgie die Frage entſtehet,
ſo muß man die Sache genauer anſehen. Carpzov. in Iuriſpr.
eccleſ. Lib. 3. def. 2. n. 11. mit ihm Brunnemann und andere ſagen,
das Conſiſtorium koͤnte ſich alles zueignen, was ad legem diœ-
ceſanam, und zur jurisdiction gehoͤrte. Dieſes wird von ihnen
mit verſchiedenen Exempeln erleutert. Jch mercke hierbey an,
daß die Canoniſten ſelbſt unter ſich nicht einig ſind, was vor
Handlungen hie und dorthin zu rechnen. Alſo iſt dieſer Grund
gantz undeutlich, und kan man darum nicht darauf fuſſen. Es
iſt auch etwas ungebuͤhrliches, aus ſolchen Gruͤnden eine Sache
ent-
(b) eine vortrefliche nuͤtzliche Sache, und durfften denjenigen, ſo der-
ſelben gerne uͤberhoben ſeyn wolte, wohl gar vor einen Ketzer oder
ſchiſmaticum anſehen. Die Juriſten, ſo mit in denen Conſiſtoriis ſi-
tzen, wenn ſie gleich die Geiſtlichen an der Zahl uͤbertreffen, ſind ge-
meiniglich mit eben ſolchen principiis eingenommen. Wenn ſol-
che aber auch erkenneten, daß das Anſuchen billig, ſo haben ſie
dennoch offt verſchiedene Urſachen, der Geiſtligkeit hier nicht zu-
wieder zu ſeyn. Darum dencke ich, man werde ſelten von den
Conſiſtoriis dergleichen Erlaubnuͤß erhalten.
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