Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

anderer beym Beicht-Wesen vorkommender Sachen.
aber dergleichen nunmehro gar wohl dulden. Jedoch muß
ein Fürste auf seiner Hut seyn/ daß man ohne seinem Vor-
bewust keine Ordnungen mache. Wenn auch solche heraus
gegeben werden/ so ist wohl zuzusehen/ daß solche zu keinem
Gewissens-Zwang gedeyhen. Wenn auch solcher nur zu-
fälliger weise daraus entstehet/ so erfordern die Regeln des
Christenthums/ daß man dergleichen verhindert.

§. II.

Es ist also bey dem Beicht-Wesen eine an sichWenn ein
Fürste er-
lauben soll,
bey einem
andern zu
beichten.

gut gemeinte Sache/ daß man gewisse Personen an einen
Priester gewiesen/ bey dem sie ordentlicher Weise beichten
sollen. Daß man aber die Leute also binden will/ daß sie
bey keinem andern die Beichte ablegen/ und die absolution
erwarten sollen; halte ich vor etwas unbilliges. Jch bil-

de
fehlshabere dürfften ihre Macht ausser ihrem Sprengel nicht
ausüben. Man theilete also auch das Volck ein; und eignete ei-
nem gewissen Hauffen eine besondere Kirche zu. Diese solten sich
an ihren Pfarrer halten, und er hinwiederum, solte sich um an-
dere Gemeinden nicht bekümmern. Dieses fienge sich unter Con-
stantino M.
an, unter welchem der Grund der Geistlichen Herr-
schafft geleget worden. Arnold hat recht, da er in der Abbil-
dung der ersten Christen
Lib. II. cap. 11. §. 3. also schreibet:
So hielte mans mit in der ersten Kirchen, und zwar oh-
ne Einschränckung in gewisse Gräntzen und Abtheilung
sonderbahrer Bezircke, darinnen solche vom Geist GOt-
tes getriebene Leute hätten bleiben sollen. Die Begier-
den den Namen GOttes zu verkündigen, und allen Men-
schen geholffen zu wissen, war viel zu groß, als daß sie
sich einspannen und umschräncken ließ. Und nachdem
die Gemeinden nun zugerichtet und gewissen Vorstehern
übergeben waren, hielten doch gewissenhaffte Lehrer vor
nützlich, wenn andere Freunde, auch wohl die, so noch
keine ordentliche Lehrer waren, das Volck öffentlich un-
terrichteten.

a) Man
(Recht der Beicht-Stühle.) b b b

anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen.
aber dergleichen nunmehro gar wohl dulden. Jedoch muß
ein Fuͤrſte auf ſeiner Hut ſeyn/ daß man ohne ſeinem Vor-
bewuſt keine Ordnungen mache. Wenn auch ſolche heraus
gegeben werden/ ſo iſt wohl zuzuſehen/ daß ſolche zu keinem
Gewiſſens-Zwang gedeyhen. Wenn auch ſolcher nur zu-
faͤlliger weiſe daraus entſtehet/ ſo erfordern die Regeln des
Chriſtenthums/ daß man dergleichen verhindert.

§. II.

Es iſt alſo bey dem Beicht-Weſen eine an ſichWenn ein
Fuͤrſte er-
lauben ſoll,
bey einem
andern zu
beichten.

gut gemeinte Sache/ daß man gewiſſe Perſonen an einen
Prieſter gewieſen/ bey dem ſie ordentlicher Weiſe beichten
ſollen. Daß man aber die Leute alſo binden will/ daß ſie
bey keinem andern die Beichte ablegen/ und die abſolution
erwarten ſollen; halte ich vor etwas unbilliges. Jch bil-

de
fehlshabere duͤrfften ihre Macht auſſer ihrem Sprengel nicht
ausuͤben. Man theilete alſo auch das Volck ein; und eignete ei-
nem gewiſſen Hauffen eine beſondere Kirche zu. Dieſe ſolten ſich
an ihren Pfarrer halten, und er hinwiederum, ſolte ſich um an-
dere Gemeinden nicht bekuͤmmern. Dieſes fienge ſich unter Con-
ſtantino M.
an, unter welchem der Grund der Geiſtlichen Herr-
ſchafft geleget worden. Arnold hat recht, da er in der Abbil-
dung der erſten Chriſten
Lib. II. cap. 11. §. 3. alſo ſchreibet:
So hielte mans mit in der erſten Kirchen, und zwar oh-
ne Einſchraͤnckung in gewiſſe Graͤntzen und Abtheilung
ſonderbahrer Bezircke, darinnen ſolche vom Geiſt GOt-
tes getriebene Leute haͤtten bleiben ſollen. Die Begier-
den den Namen GOttes zu verkuͤndigen, und allen Men-
ſchen geholffen zu wiſſen, war viel zu groß, als daß ſie
ſich einſpannen und umſchraͤncken ließ. Und nachdem
die Gemeinden nun zugerichtet und gewiſſen Vorſtehern
uͤbergeben waren, hielten doch gewiſſenhaffte Lehrer vor
nuͤtzlich, wenn andere Freunde, auch wohl die, ſo noch
keine ordentliche Lehrer waren, das Volck oͤffentlich un-
terrichteten.

a) Man
(Recht der Beicht-Stuͤhle.) b b b
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0396" n="377"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">anderer beym Beicht-We&#x017F;en vorkommender Sachen.</hi></fw><lb/>
aber dergleichen nunmehro gar wohl dulden. Jedoch muß<lb/>
ein Fu&#x0364;r&#x017F;te auf &#x017F;einer Hut &#x017F;eyn/ daß man ohne &#x017F;einem Vor-<lb/>
bewu&#x017F;t keine Ordnungen mache. Wenn auch &#x017F;olche heraus<lb/>
gegeben werden/ &#x017F;o i&#x017F;t wohl zuzu&#x017F;ehen/ daß &#x017F;olche zu keinem<lb/>
Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Zwang gedeyhen. Wenn auch &#x017F;olcher nur zu-<lb/>
fa&#x0364;lliger wei&#x017F;e daraus ent&#x017F;tehet/ &#x017F;o erfordern die Regeln des<lb/>
Chri&#x017F;tenthums/ daß man dergleichen verhindert.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">II.</hi></head>
            <p>Es i&#x017F;t al&#x017F;o bey dem Beicht-We&#x017F;en eine an &#x017F;ich<note place="right">Wenn ein<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;te er-<lb/>
lauben &#x017F;oll,<lb/>
bey einem<lb/>
andern zu<lb/>
beichten.</note><lb/>
gut gemeinte Sache/ daß man gewi&#x017F;&#x017F;e Per&#x017F;onen an einen<lb/>
Prie&#x017F;ter gewie&#x017F;en/ bey dem &#x017F;ie <hi rendition="#fr">ordentlicher Wei&#x017F;e</hi> beichten<lb/>
&#x017F;ollen. Daß man aber die Leute al&#x017F;o binden will/ daß &#x017F;ie<lb/>
bey keinem andern die Beichte ablegen/ und die <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olution</hi><lb/>
erwarten &#x017F;ollen; halte ich vor etwas unbilliges. Jch bil-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">de</fw><lb/><note xml:id="i69" prev="#i68" place="foot" n="(b)">fehlshabere du&#x0364;rfften ihre Macht au&#x017F;&#x017F;er ihrem Sprengel nicht<lb/>
ausu&#x0364;ben. Man theilete al&#x017F;o auch das Volck ein; und eignete ei-<lb/>
nem gewi&#x017F;&#x017F;en Hauffen eine be&#x017F;ondere Kirche zu. Die&#x017F;e &#x017F;olten &#x017F;ich<lb/>
an ihren Pfarrer halten, und er hinwiederum, &#x017F;olte &#x017F;ich um an-<lb/>
dere Gemeinden nicht beku&#x0364;mmern. Die&#x017F;es fienge &#x017F;ich unter <hi rendition="#aq">Con-<lb/>
&#x017F;tantino M.</hi> an, unter welchem der Grund der Gei&#x017F;tlichen Herr-<lb/>
&#x017F;chafft geleget worden. <hi rendition="#aq">Arnold</hi> hat recht, da er in <hi rendition="#fr">der Abbil-<lb/>
dung der er&#x017F;ten Chri&#x017F;ten</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lib. II. cap. 11.</hi> §. <hi rendition="#i">3.</hi></hi> al&#x017F;o &#x017F;chreibet:<lb/><hi rendition="#fr">So hielte mans mit in der er&#x017F;ten Kirchen, und zwar oh-<lb/>
ne Ein&#x017F;chra&#x0364;nckung in gewi&#x017F;&#x017F;e Gra&#x0364;ntzen und Abtheilung<lb/>
&#x017F;onderbahrer Bezircke, darinnen &#x017F;olche vom Gei&#x017F;t GOt-<lb/>
tes getriebene Leute ha&#x0364;tten bleiben &#x017F;ollen. Die Begier-<lb/>
den den Namen GOttes zu verku&#x0364;ndigen, und allen Men-<lb/>
&#x017F;chen geholffen zu wi&#x017F;&#x017F;en, war viel zu groß, als daß &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich ein&#x017F;pannen und um&#x017F;chra&#x0364;ncken ließ. Und nachdem<lb/>
die Gemeinden nun zugerichtet und gewi&#x017F;&#x017F;en Vor&#x017F;tehern<lb/>
u&#x0364;bergeben waren, hielten doch gewi&#x017F;&#x017F;enhaffte Lehrer vor<lb/>
nu&#x0364;tzlich, wenn andere Freunde, auch wohl die, &#x017F;o noch<lb/>
keine ordentliche Lehrer waren, das Volck o&#x0364;ffentlich un-<lb/>
terrichteten.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">a)</hi> Man</fw></note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">(Recht der Beicht-Stu&#x0364;hle.)</hi> b b b</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[377/0396] anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen. aber dergleichen nunmehro gar wohl dulden. Jedoch muß ein Fuͤrſte auf ſeiner Hut ſeyn/ daß man ohne ſeinem Vor- bewuſt keine Ordnungen mache. Wenn auch ſolche heraus gegeben werden/ ſo iſt wohl zuzuſehen/ daß ſolche zu keinem Gewiſſens-Zwang gedeyhen. Wenn auch ſolcher nur zu- faͤlliger weiſe daraus entſtehet/ ſo erfordern die Regeln des Chriſtenthums/ daß man dergleichen verhindert. §. II. Es iſt alſo bey dem Beicht-Weſen eine an ſich gut gemeinte Sache/ daß man gewiſſe Perſonen an einen Prieſter gewieſen/ bey dem ſie ordentlicher Weiſe beichten ſollen. Daß man aber die Leute alſo binden will/ daß ſie bey keinem andern die Beichte ablegen/ und die abſolution erwarten ſollen; halte ich vor etwas unbilliges. Jch bil- de (b) Wenn ein Fuͤrſte er- lauben ſoll, bey einem andern zu beichten. (b) fehlshabere duͤrfften ihre Macht auſſer ihrem Sprengel nicht ausuͤben. Man theilete alſo auch das Volck ein; und eignete ei- nem gewiſſen Hauffen eine beſondere Kirche zu. Dieſe ſolten ſich an ihren Pfarrer halten, und er hinwiederum, ſolte ſich um an- dere Gemeinden nicht bekuͤmmern. Dieſes fienge ſich unter Con- ſtantino M. an, unter welchem der Grund der Geiſtlichen Herr- ſchafft geleget worden. Arnold hat recht, da er in der Abbil- dung der erſten Chriſten Lib. II. cap. 11. §. 3. alſo ſchreibet: So hielte mans mit in der erſten Kirchen, und zwar oh- ne Einſchraͤnckung in gewiſſe Graͤntzen und Abtheilung ſonderbahrer Bezircke, darinnen ſolche vom Geiſt GOt- tes getriebene Leute haͤtten bleiben ſollen. Die Begier- den den Namen GOttes zu verkuͤndigen, und allen Men- ſchen geholffen zu wiſſen, war viel zu groß, als daß ſie ſich einſpannen und umſchraͤncken ließ. Und nachdem die Gemeinden nun zugerichtet und gewiſſen Vorſtehern uͤbergeben waren, hielten doch gewiſſenhaffte Lehrer vor nuͤtzlich, wenn andere Freunde, auch wohl die, ſo noch keine ordentliche Lehrer waren, das Volck oͤffentlich un- terrichteten. a) Man (Recht der Beicht-Stuͤhle.) b b b

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/396
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/396>, abgerufen am 18.12.2024.