daß man jemand zu einem Jrrthum zwingen soll, aber wohl zur Wahrheit. Dieses aber macht die Beschaffenheit der Wahrheit nicht besser: Denn der Jrrthum, der offt den Ti- tul der Wahrheit braucht, wird sich auch allezeit des Zwang- Rechts bedienen, und wird solches recht in der That ausü- ben; und GOtt kan dieses auf keine andere Weise hindern, als das er denen irrenden in der Religion entweder den Jrr- thum, dadurch sie betrogen werden, benimt, oder die Macht, zu zwingen aufhebt; daß er aber keines von beyden thut, bezeuget die Erfahrung durch alleSecula.Sodann wenn man dergleichen ausnimt, so wird zum voraus gesetzet, es sey in der Welt schon ausgemacht, wer unter denendissentiren- den Religionen recht glaubet, und wer irret? Jch gestehe, daß dergleichendecisionin meinem Gewissen sey; und wie ich davor halte, ist es recht, so daß ich ohne Anstand bey dem Ausspruch meines Gewissens verbleibe. Aber dieses ist noch nicht in der gantzen Welt aus gemacht; der Streit zwischen mir und denen, die anderer Meinung sind, welche das Gericht meines Gewissens nicht annehmen, ist dadurch nicht gestillet und gäntzlich aufgehoben. Es fraget sich also, wie es GOtt
ha-
aliter impedire non potest, nisi errantibus in religione aut exi- mat errorem, quo deluduntur, aut adimat facultatem cogendi; quorum neutrum eum facere, experientia omnium seculorum testatur. Deinde cum hoc excipitur, supponitur, jam in orbe decisum esse, quis inter dissidentes in religione recte sentiat, quis erret? Fateor, hoc decisum esse in mea conscientia; & recte, vt persuasus sum, decisum, ita vt sine vlla haesitatione in judicio conscientiae meae acquiescam. Sed hoc nondum decisum est in toto orbe, lis inter me & dissidentes, qui conscientiae meae tri- bunal non agnoscunt, composita est & penitus sublata. Quaeritur igitur, quomodo Deus velit, vt huiusmodi lites in orbe com- ponantur? Si voluit, vt omni vi remota, diiudicentur solis argumentis, vicit veritas aut tandem vincet. Sin jussit, vt vis litem decidat, manifeste Deus sententiam pronuntiauit in faue- rem erroris, quod sine impietate de eo cogitari non potest.
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anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen.
daß man jemand zu einem Jrrthum zwingen ſoll, aber wohl zur Wahrheit. Dieſes aber macht die Beſchaffenheit der Wahrheit nicht beſſer: Denn der Jrrthum, der offt den Ti- tul der Wahrheit braucht, wird ſich auch allezeit des Zwang- Rechts bedienen, und wird ſolches recht in der That ausuͤ- ben; und GOtt kan dieſes auf keine andere Weiſe hindern, als das er denen irrenden in der Religion entweder den Jrr- thum, dadurch ſie betrogen werden, benimt, oder die Macht, zu zwingen aufhebt; daß er aber keines von beyden thut, bezeuget die Erfahrung durch alleSecula.Sodann wenn man dergleichen ausnimt, ſo wird zum voraus geſetzet, es ſey in der Welt ſchon ausgemacht, wer unter denendiſſentiren- den Religionen recht glaubet, und wer irret? Jch geſtehe, daß dergleichendeciſionin meinem Gewiſſen ſey; und wie ich davor halte, iſt es recht, ſo daß ich ohne Anſtand bey dem Ausſpruch meines Gewiſſens verbleibe. Aber dieſes iſt noch nicht in der gantzen Welt aus gemacht; der Streit zwiſchen mir und denen, die anderer Meinung ſind, welche das Gericht meines Gewiſſens nicht annehmen, iſt dadurch nicht geſtillet und gaͤntzlich aufgehoben. Es fraget ſich alſo, wie es GOtt
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aliter impedire non poteſt, niſi errantibus in religione aut exi- mat errorem, quo deluduntur, aut adimat facultatem cogendi; quorum neutrum eum facere, experientia omnium ſeculorum teſtatur. Deinde cum hoc excipitur, ſupponitur, jam in orbe deciſum eſſe, quis inter diſſidentes in religione recte ſentiat, quis erret? Fateor, hoc deciſum eſſe in mea conſcientia; & recte, vt perſuaſus ſum, deciſum, ita vt ſine vlla hæſitatione in judicio conſcientiæ meæ acquieſcam. Sed hoc nondum deciſum eſt in toto orbe, lis inter me & diſſidentes, qui conſcientiæ meæ tri- bunal non agnoſcunt, compoſita eſt & penitus ſublata. Quæritur igitur, quomodo Deus velit, vt huiusmodi lites in orbe com- ponantur? Si voluit, vt omni vi remota, diiudicentur ſolis argumentis, vicit veritas aut tandem vincet. Sin jusſit, vt vis litem decidat, manifeſte Deus ſententiam pronuntiauit in faue- rem erroris, quod ſine impietate de eo cogitari non poteſt.
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anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen.
daß man jemand zu einem Jrrthum zwingen ſoll, aber wohl
zur Wahrheit. Dieſes aber macht die Beſchaffenheit der
Wahrheit nicht beſſer: Denn der Jrrthum, der offt den Ti-
tul der Wahrheit braucht, wird ſich auch allezeit des Zwang-
Rechts bedienen, und wird ſolches recht in der That ausuͤ-
ben; und GOtt kan dieſes auf keine andere Weiſe hindern, als
das er denen irrenden in der Religion entweder den Jrr-
thum, dadurch ſie betrogen werden, benimt, oder die Macht,
zu zwingen aufhebt; daß er aber keines von beyden thut,
bezeuget die Erfahrung durch alle Secula. Sodann wenn
man dergleichen ausnimt, ſo wird zum voraus geſetzet, es ſey
in der Welt ſchon ausgemacht, wer unter denen diſſentiren-
den Religionen recht glaubet, und wer irret? Jch geſtehe,
daß dergleichen deciſion in meinem Gewiſſen ſey; und wie ich
davor halte, iſt es recht, ſo daß ich ohne Anſtand bey dem
Ausſpruch meines Gewiſſens verbleibe. Aber dieſes iſt noch
nicht in der gantzen Welt aus gemacht; der Streit zwiſchen
mir und denen, die anderer Meinung ſind, welche das Gericht
meines Gewiſſens nicht annehmen, iſt dadurch nicht geſtillet
und gaͤntzlich aufgehoben. Es fraget ſich alſo, wie es GOtt
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(b) aliter impedire non poteſt, niſi errantibus in religione aut exi-
mat errorem, quo deluduntur, aut adimat facultatem cogendi;
quorum neutrum eum facere, experientia omnium ſeculorum
teſtatur. Deinde cum hoc excipitur, ſupponitur, jam in orbe
deciſum eſſe, quis inter diſſidentes in religione recte ſentiat, quis
erret? Fateor, hoc deciſum eſſe in mea conſcientia; & recte,
vt perſuaſus ſum, deciſum, ita vt ſine vlla hæſitatione in judicio
conſcientiæ meæ acquieſcam. Sed hoc nondum deciſum eſt in
toto orbe, lis inter me & diſſidentes, qui conſcientiæ meæ tri-
bunal non agnoſcunt, compoſita eſt & penitus ſublata. Quæritur
igitur, quomodo Deus velit, vt huiusmodi lites in orbe com-
ponantur? Si voluit, vt omni vi remota, diiudicentur ſolis
argumentis, vicit veritas aut tandem vincet. Sin jusſit, vt vis
litem decidat, manifeſte Deus ſententiam pronuntiauit in faue-
rem erroris, quod ſine impietate de eo cogitari non poteſt.
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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/400>, abgerufen am 19.12.2024.
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