Yucatans, Mittelamerika's, Ecuadors, Peru's und Chile's, nicht nur nicht aussterben, sondern dass sie jetzt nach etwa 300 Jahren in ihrer Heimath wieder die herrschenden Racen werden, freilich zu- nächst mit einem Rückschritt ihrer Gesittung.
Wenn wir Jägerstämme mit schriftgelehrten Völkern vergleichen, sollten wir eins nie vergessen. Wir alle sind Knechte der Ge- sellschaft, mühsam abgerichtet von unsrer Jugend auf um den Dienst eines Rades im Räderwerke des bürgerlichen Lebens, oft genug nur den einer Spindel oder Schraube zu vollziehen. Freiheit allein geniesst der Botocude, der Australier, der Eskimo. Den Verlust der natürlichen Freiheit fühlen wir nie, weil man nicht ver- lieren kann, was man nie besessen hat. Damit man nicht in diesen Worten den Ausbruch von Klagen um ein verlornes Paradies im Geschmack von Georg Forster zu vernehmen glaube, wollen wir gleich hinzusetzen, dass der Mensch der Culturstaaten andrerseits eine Freiheit geniesst, um die ihn die farbigen Jäger wohl beneiden dürften, nämlich seine geistige Freiheit. Man hat oft gefragt, ob bei allen sogenannten Wilden religiöse Regungen gefunden werden. Ein Völkerkundiger wird diese Frage nicht stellen. Er weiss, dass mit der Annäherung an den Naturzustand immer mehr und mehr geglaubt wird. Die Herrschaft des Unglaubwürdigen ist nirgends stärker, als im Gemüthe des sogenannten Wilden und er zittert durch das ganze Leben vor den Gebilden seiner eignen Imagina- tion. So war unser Geschlecht vor die Wahl gestellt: Sklaven zu werden innerhalb einer bürgerlichen Ordnung aber frei zu sein von den Bedrängnissen der Einbildungskraft, oder aller geselligen Fes- seln ledig, als einzige Freiherren Jagdreviere zu durchschreiten, aber dafür eingeschüchtert zu werden von jedem fratzenhaften Traum und eine Beute zu bleiben der kindischen Gespensterfurcht.
2. Die Nahrungsmittel und ihre Zubereitung.
Als man über die früheste Entwicklung des Menschenge- schlechtes nachzudenken begann, galt es als selbstverständlich den Schauplatz seiner ersten Ausbreitung dorthin zu verlegen, wo von der Natur die Tagesnahrung freigebig jeder ausgestreckten Hand dargeboten wurde. Nur zwischen den Wendekreisen fand man diese Voraussetzung erfüllt und nicht anders als mit den Feder-
Die Nahrungsmittel und ihre Zubereitung.
Yucatans, Mittelamerika’s, Ecuadors, Peru’s und Chile’s, nicht nur nicht aussterben, sondern dass sie jetzt nach etwa 300 Jahren in ihrer Heimath wieder die herrschenden Racen werden, freilich zu- nächst mit einem Rückschritt ihrer Gesittung.
Wenn wir Jägerstämme mit schriftgelehrten Völkern vergleichen, sollten wir eins nie vergessen. Wir alle sind Knechte der Ge- sellschaft, mühsam abgerichtet von unsrer Jugend auf um den Dienst eines Rades im Räderwerke des bürgerlichen Lebens, oft genug nur den einer Spindel oder Schraube zu vollziehen. Freiheit allein geniesst der Botocude, der Australier, der Eskimo. Den Verlust der natürlichen Freiheit fühlen wir nie, weil man nicht ver- lieren kann, was man nie besessen hat. Damit man nicht in diesen Worten den Ausbruch von Klagen um ein verlornes Paradies im Geschmack von Georg Forster zu vernehmen glaube, wollen wir gleich hinzusetzen, dass der Mensch der Culturstaaten andrerseits eine Freiheit geniesst, um die ihn die farbigen Jäger wohl beneiden dürften, nämlich seine geistige Freiheit. Man hat oft gefragt, ob bei allen sogenannten Wilden religiöse Regungen gefunden werden. Ein Völkerkundiger wird diese Frage nicht stellen. Er weiss, dass mit der Annäherung an den Naturzustand immer mehr und mehr geglaubt wird. Die Herrschaft des Unglaubwürdigen ist nirgends stärker, als im Gemüthe des sogenannten Wilden und er zittert durch das ganze Leben vor den Gebilden seiner eignen Imagina- tion. So war unser Geschlecht vor die Wahl gestellt: Sklaven zu werden innerhalb einer bürgerlichen Ordnung aber frei zu sein von den Bedrängnissen der Einbildungskraft, oder aller geselligen Fes- seln ledig, als einzige Freiherren Jagdreviere zu durchschreiten, aber dafür eingeschüchtert zu werden von jedem fratzenhaften Traum und eine Beute zu bleiben der kindischen Gespensterfurcht.
2. Die Nahrungsmittel und ihre Zubereitung.
Als man über die früheste Entwicklung des Menschenge- schlechtes nachzudenken begann, galt es als selbstverständlich den Schauplatz seiner ersten Ausbreitung dorthin zu verlegen, wo von der Natur die Tagesnahrung freigebig jeder ausgestreckten Hand dargeboten wurde. Nur zwischen den Wendekreisen fand man diese Voraussetzung erfüllt und nicht anders als mit den Feder-
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Die Nahrungsmittel und ihre Zubereitung.
Yucatans, Mittelamerika’s, Ecuadors, Peru’s und Chile’s, nicht nur
nicht aussterben, sondern dass sie jetzt nach etwa 300 Jahren in
ihrer Heimath wieder die herrschenden Racen werden, freilich zu-
nächst mit einem Rückschritt ihrer Gesittung.
Wenn wir Jägerstämme mit schriftgelehrten Völkern vergleichen,
sollten wir eins nie vergessen. Wir alle sind Knechte der Ge-
sellschaft, mühsam abgerichtet von unsrer Jugend auf um den
Dienst eines Rades im Räderwerke des bürgerlichen Lebens, oft
genug nur den einer Spindel oder Schraube zu vollziehen. Freiheit
allein geniesst der Botocude, der Australier, der Eskimo. Den
Verlust der natürlichen Freiheit fühlen wir nie, weil man nicht ver-
lieren kann, was man nie besessen hat. Damit man nicht in diesen
Worten den Ausbruch von Klagen um ein verlornes Paradies im
Geschmack von Georg Forster zu vernehmen glaube, wollen wir
gleich hinzusetzen, dass der Mensch der Culturstaaten andrerseits
eine Freiheit geniesst, um die ihn die farbigen Jäger wohl beneiden
dürften, nämlich seine geistige Freiheit. Man hat oft gefragt, ob
bei allen sogenannten Wilden religiöse Regungen gefunden werden.
Ein Völkerkundiger wird diese Frage nicht stellen. Er weiss, dass
mit der Annäherung an den Naturzustand immer mehr und mehr
geglaubt wird. Die Herrschaft des Unglaubwürdigen ist nirgends
stärker, als im Gemüthe des sogenannten Wilden und er zittert
durch das ganze Leben vor den Gebilden seiner eignen Imagina-
tion. So war unser Geschlecht vor die Wahl gestellt: Sklaven zu
werden innerhalb einer bürgerlichen Ordnung aber frei zu sein von
den Bedrängnissen der Einbildungskraft, oder aller geselligen Fes-
seln ledig, als einzige Freiherren Jagdreviere zu durchschreiten, aber
dafür eingeschüchtert zu werden von jedem fratzenhaften Traum
und eine Beute zu bleiben der kindischen Gespensterfurcht.
2. Die Nahrungsmittel und ihre Zubereitung.
Als man über die früheste Entwicklung des Menschenge-
schlechtes nachzudenken begann, galt es als selbstverständlich den
Schauplatz seiner ersten Ausbreitung dorthin zu verlegen, wo von
der Natur die Tagesnahrung freigebig jeder ausgestreckten Hand
dargeboten wurde. Nur zwischen den Wendekreisen fand man
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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/176>, abgerufen am 22.12.2024.
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