Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.Die Bewaffnung. Nagern, von denen die grösste an Wuchs ein wenig die Rattenübertraf. Jene Inseln, die Ueberreste grösserer Landmassen, müssen ihren Zusammenhang, mit dem nächsten Festlande, nämlich mit Südamerika, früh am Anbruch der Tertiärzeit schon verloren haben. Nordamerika aber lag ihnen noch weit ferner, denn die Halbinsel Florida ist eine ganz junge noch unfertige Schöpfung von Korallen. Da es auf jenen Inseln keine Jagd geben konnte, so bedienten sich auch die Einwohner nicht der Bogen und Pfeile, obgleich alle Stämme des ihnen so nahe liegenden Festlandes diese Geschosse führten. Doch muss zur Verschärfung des Gesagten hinzugefügt werden, dass doch auf den Antillen, nämlich an dem Ostrande Haitis, auf der östlichen Hälfte Puertorico's, sowie auf den "Inseln über dem Winde" Völkerschaften sassen, die mit Meisterschaft jene Waffen führten. Allein es waren frische Ankömmlinge, nämlich Cariben, die, seetüchtig wie kein anderer Völkerstamm Amerikas, die harmlosen Bewohner der Antillen heimsuchten, die Männer er- schlugen und die Frauen in Gefangenschaft schleppten, daher sich bei ihnen eine gesonderte Männer- und Frauensprache ausbildete. Die Cariben aber kamen vom Festlande, wo sie vom Ertrag der Jagd lebten, und daher erklärt sich, dass sie bei ihrer Verbreitung über die Antillen Bogen und Pfeile noch nicht gänzlich abgelegt hatten. Eine andere eigenthümliche Schusswaffe ist das Blasrohr, wel- 1) Peschel, Zeitalter der Entdeckungen. S. 217. 2) Mouhot, Travels in Indo-China, Cambodja and Laos. London 1864, tom. II, p. 144. F. Jagor, Singapur, Malacca, Java. Berlin 1866. S. 107. Latham, Varieties of man. London 1850. p. 136. 3) Waitz (Gerland), Anthropologie. Bd. 6. S. 599. 4) v. Martius, Ethnographie. Bd. 1. S. 660.
Die Bewaffnung. Nagern, von denen die grösste an Wuchs ein wenig die Rattenübertraf. Jene Inseln, die Ueberreste grösserer Landmassen, müssen ihren Zusammenhang, mit dem nächsten Festlande, nämlich mit Südamerika, früh am Anbruch der Tertiärzeit schon verloren haben. Nordamerika aber lag ihnen noch weit ferner, denn die Halbinsel Florida ist eine ganz junge noch unfertige Schöpfung von Korallen. Da es auf jenen Inseln keine Jagd geben konnte, so bedienten sich auch die Einwohner nicht der Bogen und Pfeile, obgleich alle Stämme des ihnen so nahe liegenden Festlandes diese Geschosse führten. Doch muss zur Verschärfung des Gesagten hinzugefügt werden, dass doch auf den Antillen, nämlich an dem Ostrande Haitis, auf der östlichen Hälfte Puertorico’s, sowie auf den „Inseln über dem Winde“ Völkerschaften sassen, die mit Meisterschaft jene Waffen führten. Allein es waren frische Ankömmlinge, nämlich Cariben, die, seetüchtig wie kein anderer Völkerstamm Amerikas, die harmlosen Bewohner der Antillen heimsuchten, die Männer er- schlugen und die Frauen in Gefangenschaft schleppten, daher sich bei ihnen eine gesonderte Männer- und Frauensprache ausbildete. Die Cariben aber kamen vom Festlande, wo sie vom Ertrag der Jagd lebten, und daher erklärt sich, dass sie bei ihrer Verbreitung über die Antillen Bogen und Pfeile noch nicht gänzlich abgelegt hatten. Eine andere eigenthümliche Schusswaffe ist das Blasrohr, wel- 1) Peschel, Zeitalter der Entdeckungen. S. 217. 2) Mouhot, Travels in Indo-China, Cambodja and Laos. London 1864, tom. II, p. 144. F. Jagor, Singapur, Malacca, Java. Berlin 1866. S. 107. Latham, Varieties of man. London 1850. p. 136. 3) Waitz (Gerland), Anthropologie. Bd. 6. S. 599. 4) v. Martius, Ethnographie. Bd. 1. S. 660.
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Die Bewaffnung.
Nagern, von denen die grösste an Wuchs ein wenig die Ratten
übertraf. Jene Inseln, die Ueberreste grösserer Landmassen, müssen
ihren Zusammenhang, mit dem nächsten Festlande, nämlich mit
Südamerika, früh am Anbruch der Tertiärzeit schon verloren haben.
Nordamerika aber lag ihnen noch weit ferner, denn die Halbinsel
Florida ist eine ganz junge noch unfertige Schöpfung von Korallen.
Da es auf jenen Inseln keine Jagd geben konnte, so bedienten
sich auch die Einwohner nicht der Bogen und Pfeile, obgleich alle
Stämme des ihnen so nahe liegenden Festlandes diese Geschosse
führten. Doch muss zur Verschärfung des Gesagten hinzugefügt
werden, dass doch auf den Antillen, nämlich an dem Ostrande
Haitis, auf der östlichen Hälfte Puertorico’s, sowie auf den „Inseln
über dem Winde“ Völkerschaften sassen, die mit Meisterschaft jene
Waffen führten. Allein es waren frische Ankömmlinge, nämlich
Cariben, die, seetüchtig wie kein anderer Völkerstamm Amerikas,
die harmlosen Bewohner der Antillen heimsuchten, die Männer er-
schlugen und die Frauen in Gefangenschaft schleppten, daher sich bei
ihnen eine gesonderte Männer- und Frauensprache ausbildete. Die
Cariben aber kamen vom Festlande, wo sie vom Ertrag der Jagd
lebten, und daher erklärt sich, dass sie bei ihrer Verbreitung über
die Antillen Bogen und Pfeile noch nicht gänzlich abgelegt
hatten.
Eine andere eigenthümliche Schusswaffe ist das Blasrohr, wel-
ches von malayischen Stämmen auf Borneo, dann aber auch auf
dem asiatischen Festlande von den malayochinesischen Laotiern am
Mekong, sowie den Orang kubit 1) und den Semang der Halbinsel
Malaka geführt wird 2). Von Malayen mögen es auch die Papuanen
auf Neu-Guinea sich angeeignet haben 3). Das Blasrohr ist aber nicht
bloss in Südostasien erfunden worden, sondern wir treffen es
auch in den Händen der Indianer des Amazonas, die damit
bis auf 250 Fuss Entfernung ihres Zieles sicher sind 4). Vor andern
Waffen besitzt das Blasrohr den Vorzug eines Rückladungsgewehres,
1) Peschel, Zeitalter der Entdeckungen. S. 217.
2) Mouhot, Travels in Indo-China, Cambodja and Laos. London 1864,
tom. II, p. 144. F. Jagor, Singapur, Malacca, Java. Berlin 1866. S. 107.
Latham, Varieties of man. London 1850. p. 136.
3) Waitz (Gerland), Anthropologie. Bd. 6. S. 599.
4) v. Martius, Ethnographie. Bd. 1. S. 660.
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