Indem wir vorläufig noch die Augen schliessen in welchem Sinne der doppelt grössere Raum der alten Welt anders als in der neuen vertheilt sei, wollen wir uns zuvor über die nächsten Folgen der grösseren Geräumigkeit klar werden. Vor allen Dingen dürfen wir vermuthen dass auf dem doppelt grösseren Raum die doppelt grössere Anzahl von Pflanzenarten und von Thierarten vorhanden sein möge. Bei dem gegenwärtigen unfertigen Zustand der botanischen Statistik musste leider ihr bester Kenner, der jüngere Decandolle, ausdrücklich erklären dass sich jetzt noch nicht die Zahl der Gewächsarten in der alten und in der neuen Welt vergleichen liesse, doch hätten die Botaniker das berech- tigte Vorgefühl, als ob sich schliesslich ergeben werde, dass Amerika wegen der vorherrschenden Richtung seiner Gebirge von Nord nach Süd im Vergleich zu seiner Grösse etwas reicher an Pflanzenarten sein möchte als die alte Welt. Dieses Vorgefühl würde uns also auf die Erkenntniss vorbereiten dass Amerika, ob- gleich um die Hälfte an Raum kleiner, doch nicht um die Hälfte an Pflanzenarten ärmer sei als die alte Welt. Immerhin aber bleibt die alte Welt reicher.
Ist aber diese reicher an wilden Arten, so wird sie wohl, schliessen wir weiter, auch reicher sein an Culturgewächsen. Bis- weilen hört man behaupten die neue Welt habe an bezähmten Pflanzen und Thieren der alten nichts zugeführt als den Mais, die Kartoffel, den Truthahn, das Meerschweinchen und die Moschus- ente. Wir werden uns jedoch rasch überzeugen, dass die Armuth der neuen Welt nicht so gross sei als man sie darzustellen liebt. Wenn wir uns nämlich nur an die wichtigsten Culturpflanzen halten, so fallen auf
die Alte Welt.
die Neue Welt.
Mehl-Hülsenfrüchten u. a.
Weizen
Mais
Roggen
Mandiocca
Gerste
Karteffel
Hafer
Chenopodium Quinoa
Die amerikanische Urbevölkerung.
[Spaltenumbruch]
Alte Welt:
Europa 178,150 Q. M.
Afrika 543,570 „
Zusammen 721,720 Q. M.
Asien 814,995 Q. M.
Zusammen 1,536,715 Q. M.
[Spaltenumbruch]
Neue Welt:
Nord-Amerika 416,450 Q. M.
Süd-Amerika 327,369 „
Zusammen 743,819 Q. M.
Indem wir vorläufig noch die Augen schliessen in welchem Sinne der doppelt grössere Raum der alten Welt anders als in der neuen vertheilt sei, wollen wir uns zuvor über die nächsten Folgen der grösseren Geräumigkeit klar werden. Vor allen Dingen dürfen wir vermuthen dass auf dem doppelt grösseren Raum die doppelt grössere Anzahl von Pflanzenarten und von Thierarten vorhanden sein möge. Bei dem gegenwärtigen unfertigen Zustand der botanischen Statistik musste leider ihr bester Kenner, der jüngere Decandolle, ausdrücklich erklären dass sich jetzt noch nicht die Zahl der Gewächsarten in der alten und in der neuen Welt vergleichen liesse, doch hätten die Botaniker das berech- tigte Vorgefühl, als ob sich schliesslich ergeben werde, dass Amerika wegen der vorherrschenden Richtung seiner Gebirge von Nord nach Süd im Vergleich zu seiner Grösse etwas reicher an Pflanzenarten sein möchte als die alte Welt. Dieses Vorgefühl würde uns also auf die Erkenntniss vorbereiten dass Amerika, ob- gleich um die Hälfte an Raum kleiner, doch nicht um die Hälfte an Pflanzenarten ärmer sei als die alte Welt. Immerhin aber bleibt die alte Welt reicher.
Ist aber diese reicher an wilden Arten, so wird sie wohl, schliessen wir weiter, auch reicher sein an Culturgewächsen. Bis- weilen hört man behaupten die neue Welt habe an bezähmten Pflanzen und Thieren der alten nichts zugeführt als den Mais, die Kartoffel, den Truthahn, das Meerschweinchen und die Moschus- ente. Wir werden uns jedoch rasch überzeugen, dass die Armuth der neuen Welt nicht so gross sei als man sie darzustellen liebt. Wenn wir uns nämlich nur an die wichtigsten Culturpflanzen halten, so fallen auf
die Alte Welt.
die Neue Welt.
Mehl-Hülsenfrüchten u. a.
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Roggen
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[439/0457]
Die amerikanische Urbevölkerung.
Alte Welt:
Europa 178,150 Q. M.
Afrika 543,570 „
Zusammen 721,720 Q. M.
Asien 814,995 Q. M.
Zusammen 1,536,715 Q. M.
Neue Welt:
Nord-Amerika 416,450 Q. M.
Süd-Amerika 327,369 „
Zusammen 743,819 Q. M.
Indem wir vorläufig noch die Augen schliessen in welchem
Sinne der doppelt grössere Raum der alten Welt anders als in
der neuen vertheilt sei, wollen wir uns zuvor über die nächsten
Folgen der grösseren Geräumigkeit klar werden. Vor allen Dingen
dürfen wir vermuthen dass auf dem doppelt grösseren Raum die
doppelt grössere Anzahl von Pflanzenarten und von Thierarten
vorhanden sein möge. Bei dem gegenwärtigen unfertigen Zustand
der botanischen Statistik musste leider ihr bester Kenner, der
jüngere Decandolle, ausdrücklich erklären dass sich jetzt noch
nicht die Zahl der Gewächsarten in der alten und in der neuen
Welt vergleichen liesse, doch hätten die Botaniker das berech-
tigte Vorgefühl, als ob sich schliesslich ergeben werde, dass
Amerika wegen der vorherrschenden Richtung seiner Gebirge von
Nord nach Süd im Vergleich zu seiner Grösse etwas reicher
an Pflanzenarten sein möchte als die alte Welt. Dieses Vorgefühl
würde uns also auf die Erkenntniss vorbereiten dass Amerika, ob-
gleich um die Hälfte an Raum kleiner, doch nicht um die Hälfte
an Pflanzenarten ärmer sei als die alte Welt. Immerhin aber
bleibt die alte Welt reicher.
Ist aber diese reicher an wilden Arten, so wird sie wohl,
schliessen wir weiter, auch reicher sein an Culturgewächsen. Bis-
weilen hört man behaupten die neue Welt habe an bezähmten
Pflanzen und Thieren der alten nichts zugeführt als den Mais,
die Kartoffel, den Truthahn, das Meerschweinchen und die Moschus-
ente. Wir werden uns jedoch rasch überzeugen, dass die Armuth
der neuen Welt nicht so gross sei als man sie darzustellen liebt.
Wenn wir uns nämlich nur an die wichtigsten Culturpflanzen
halten, so fallen auf
die Alte Welt. die Neue Welt.
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Weizen Mais
Roggen Mandiocca
Gerste Karteffel
Hafer Chenopodium Quinoa
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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/457>, abgerufen am 23.12.2024.
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