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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die Neger.
weisser Farbe und "europäischer Gesichtsbildung". Nur das Haar
war "glänzend schwarz und kraus" 1). Wenn wir also allein von
der Beschaffenheit des Haares uns leiten lassen wollten, müssten
wir diese Fulbe zu den Negern zählen. Rohlfs erwartet übrigens
nur von den Spracherforschungen Aufschluss über die Stellung
dieses Stammes in einem Lehrgebäude der Völkerkunde. Ihre
Sprache hat aber nach Barth's 2) Ausspruch zwar viel Gemeinsames
mit dem Hausa, allein dies beruhe auf späteren Entlehnungen.
Ferner sind in den Zahlwörtern wieder Anklänge zu den Präfix-
sprachen in Südafrika zu erkennen und endlich besteht eine wirk-
liche Verwandtschaft zu der Sprache der Joloffer, die echte Neger
sind, so wie mit dem Kadschaga, der Sprache des ehemaligen
Reiches Ghana, welche gänzlich vereinsamt steht. Am Senegal
waren die Fulbe nicht heimisch, sondern sie lebten als Viehzüchter
und Jäger im 7. Jahrh. nach Chr. noch in den Oasen von Tauat
und südlich von Marokko, empfingen auch Erziehungsmittel, wie
den Anbau von Reis und der Baumwolle aus den Händen der
Kadschaga. Entweder stellen sie also eine extreme Abweichung
der Negerrace oder ein frühzeitiges Mischlingsvolk von halb ber-
berischem, halb sudanischem Blute dar. Eine eigene Race aus
ihnen zu bilden oder in grauen Vorzeiten eine Einwanderung
aus Asien ihnen zuzumuthen, muss anderen mit Einbildungskraft
besser ausgestatteten Völkerkundigen überlassen werden.

Am mittleren Laufe des Niger sitzen die Sonrhay, deren
Sprache gänzlich isolirt steht. Zu bemerken ist jedoch, dass nach
Barth's Ansichten die Sprachen der Völker, die dem Südrande der
Sahara zunächst sitzen, ihre grammatische Ausbildung erst durch
Berührung mit Berbern und Arabern empfingen. Vor dieser Zeit
"besassen sie weder Declination noch Conjugation, sondern knüpften
die infinitive oder substantive Verbalwurzel einfach an einen Gegen-
stand oder eine Person an". Das Berberische wirkte übrigens in
diesem Sinne ungleich mächtiger als das Arabische 3).

Zwischen dem Niger und Bornu wird das wohlklingende und
formenreiche Hausa gesprochen. Es besitzt einige Verwandtschaft

1) Caillie (Voyage a Tembouctou. Paris 1830. tom. I, p. 328) sagt das
nämliche von den Fulbe in Futa-Djalon.
2) Petermann's Mittheilungen 1863. S. 373.
3) Heinr. Barth. Centralafrikanische Vocabularien. Gotha 1862. pag.
XXVIII sq.

Die Neger.
weisser Farbe und „europäischer Gesichtsbildung“. Nur das Haar
war „glänzend schwarz und kraus“ 1). Wenn wir also allein von
der Beschaffenheit des Haares uns leiten lassen wollten, müssten
wir diese Fulbe zu den Negern zählen. Rohlfs erwartet übrigens
nur von den Spracherforschungen Aufschluss über die Stellung
dieses Stammes in einem Lehrgebäude der Völkerkunde. Ihre
Sprache hat aber nach Barth’s 2) Ausspruch zwar viel Gemeinsames
mit dem Hausa, allein dies beruhe auf späteren Entlehnungen.
Ferner sind in den Zahlwörtern wieder Anklänge zu den Präfix-
sprachen in Südafrika zu erkennen und endlich besteht eine wirk-
liche Verwandtschaft zu der Sprache der Joloffer, die echte Neger
sind, so wie mit dem Kadschaga, der Sprache des ehemaligen
Reiches Ghana, welche gänzlich vereinsamt steht. Am Senegal
waren die Fulbe nicht heimisch, sondern sie lebten als Viehzüchter
und Jäger im 7. Jahrh. nach Chr. noch in den Oasen von Tauat
und südlich von Marokko, empfingen auch Erziehungsmittel, wie
den Anbau von Reis und der Baumwolle aus den Händen der
Kadschaga. Entweder stellen sie also eine extreme Abweichung
der Negerrace oder ein frühzeitiges Mischlingsvolk von halb ber-
berischem, halb sudanischem Blute dar. Eine eigene Race aus
ihnen zu bilden oder in grauen Vorzeiten eine Einwanderung
aus Asien ihnen zuzumuthen, muss anderen mit Einbildungskraft
besser ausgestatteten Völkerkundigen überlassen werden.

Am mittleren Laufe des Niger sitzen die Sonrhay, deren
Sprache gänzlich isolirt steht. Zu bemerken ist jedoch, dass nach
Barth’s Ansichten die Sprachen der Völker, die dem Südrande der
Sahara zunächst sitzen, ihre grammatische Ausbildung erst durch
Berührung mit Berbern und Arabern empfingen. Vor dieser Zeit
„besassen sie weder Declination noch Conjugation, sondern knüpften
die infinitive oder substantive Verbalwurzel einfach an einen Gegen-
stand oder eine Person an“. Das Berberische wirkte übrigens in
diesem Sinne ungleich mächtiger als das Arabische 3).

Zwischen dem Niger und Bornu wird das wohlklingende und
formenreiche Hausa gesprochen. Es besitzt einige Verwandtschaft

1) Caillié (Voyage à Tembouctou. Paris 1830. tom. I, p. 328) sagt das
nämliche von den Fulbe in Futa-Djalon.
2) Petermann’s Mittheilungen 1863. S. 373.
3) Heinr. Barth. Centralafrikanische Vocabularien. Gotha 1862. pag.
XXVIII sq.
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[502/0520] Die Neger. weisser Farbe und „europäischer Gesichtsbildung“. Nur das Haar war „glänzend schwarz und kraus“ 1). Wenn wir also allein von der Beschaffenheit des Haares uns leiten lassen wollten, müssten wir diese Fulbe zu den Negern zählen. Rohlfs erwartet übrigens nur von den Spracherforschungen Aufschluss über die Stellung dieses Stammes in einem Lehrgebäude der Völkerkunde. Ihre Sprache hat aber nach Barth’s 2) Ausspruch zwar viel Gemeinsames mit dem Hausa, allein dies beruhe auf späteren Entlehnungen. Ferner sind in den Zahlwörtern wieder Anklänge zu den Präfix- sprachen in Südafrika zu erkennen und endlich besteht eine wirk- liche Verwandtschaft zu der Sprache der Joloffer, die echte Neger sind, so wie mit dem Kadschaga, der Sprache des ehemaligen Reiches Ghana, welche gänzlich vereinsamt steht. Am Senegal waren die Fulbe nicht heimisch, sondern sie lebten als Viehzüchter und Jäger im 7. Jahrh. nach Chr. noch in den Oasen von Tauat und südlich von Marokko, empfingen auch Erziehungsmittel, wie den Anbau von Reis und der Baumwolle aus den Händen der Kadschaga. Entweder stellen sie also eine extreme Abweichung der Negerrace oder ein frühzeitiges Mischlingsvolk von halb ber- berischem, halb sudanischem Blute dar. Eine eigene Race aus ihnen zu bilden oder in grauen Vorzeiten eine Einwanderung aus Asien ihnen zuzumuthen, muss anderen mit Einbildungskraft besser ausgestatteten Völkerkundigen überlassen werden. Am mittleren Laufe des Niger sitzen die Sonrhay, deren Sprache gänzlich isolirt steht. Zu bemerken ist jedoch, dass nach Barth’s Ansichten die Sprachen der Völker, die dem Südrande der Sahara zunächst sitzen, ihre grammatische Ausbildung erst durch Berührung mit Berbern und Arabern empfingen. Vor dieser Zeit „besassen sie weder Declination noch Conjugation, sondern knüpften die infinitive oder substantive Verbalwurzel einfach an einen Gegen- stand oder eine Person an“. Das Berberische wirkte übrigens in diesem Sinne ungleich mächtiger als das Arabische 3). Zwischen dem Niger und Bornu wird das wohlklingende und formenreiche Hausa gesprochen. Es besitzt einige Verwandtschaft 1) Caillié (Voyage à Tembouctou. Paris 1830. tom. I, p. 328) sagt das nämliche von den Fulbe in Futa-Djalon. 2) Petermann’s Mittheilungen 1863. S. 373. 3) Heinr. Barth. Centralafrikanische Vocabularien. Gotha 1862. pag. XXVIII sq.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/520>, abgerufen am 23.12.2024.