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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die Neger.
schliessen, nur dass sie noch negerhafter als Dolichocephalen mit
sehr stark gekräuseltem Haare sich darstellen 1). Gänzlich un-
verständlich bleibt es aber, dass sie mit den Fulbe in Westafrika
in Verbindung gesetzt werden konnten. Unmittelbar durch körper-
liche Merkmale, Sprache und Sitten reihen sich die Berthatneger
an die Fundjstämme an 2).

Es möchte manchem verfrüht erscheinen, jetzt schon zu
untersuchen, in welchem Maasse die wagrechte und senkrechte
Gliederung Afrika's seinen Bevölkerungen zum Segen oder zum
Verhängniss gereicht habe, da jener Welttheil immer noch grosse
Räume uns verbirgt, über die uns alle Kenntnisse fehlen.
Allmählig ist indessen das völlig unbekannte Afrika auf einen
etwa kreistörmigen Raum zusammengeschrumpft mit dem Aequator
als Durchmesser, der sich, je nachdem man streng oder milde
rechnet, auf ein Gebiet von 66,000 oder 56,000 deutschen Quadr.
Meilen beschränkt. Australien mit den Küsteninseln erstreckt sich
über eine Fläche von 138,529 Quadr.-Meilen, so dass also die afri-
kanische terra incognita dem Raume nach noch nicht der Hälfte
jenes Weltheils gleichkommt. Afrika selbst wird mit 543,570 Quadr.-
Meilen berechnet, wovon 11,000 für die zugehörigen Inseln abzu-
ziehen sind, der unbekannte Kern bildet also etwas mehr als 1/9
oder 1/10 des Festlandes, je nachdem zuvor reichlich oder knapp
gemessen worden war. Dieser Hohlraum unserer Kenntnisse ver-
mag des Unerwarteten noch vieles einzuschliessen, hohe Tafel-
länder vielleicht oder Schneegebirge, Seen bis zur Grösse des
kaspischen Meeres, oder Ströme, die ein geschlossenes Binnen-
system bilden. Es kann dort zu den bereits bekannten afrikanischen
Racen noch eine neue entdeckt werden, die entweder gar nichts
mit den übrigen gemeinsam hätte, oder die vielleicht als ein ver-
sprengtes anthropologisches Bruchstück sei es mit Nordafrikanern,
sei es mit der südlichen Hottentottenfamilie eine gemeinsame Ab-
kunft verriethe. Endlich wäre es nicht ausgeschlossen, dass in
jenem verschleierten Innern auf einem Hochlande sich eine afri-
kanische Cultur entwickelt hätte von gleichem gesellschaftlichen

1) Hartmann, Nilländer. S. 291. E. Rüppell, Reisen in Nubien.
Frankfurt 1829. S. 153.
2) Hartmann a. a. O. S. 283.

Die Neger.
schliessen, nur dass sie noch negerhafter als Dolichocephalen mit
sehr stark gekräuseltem Haare sich darstellen 1). Gänzlich un-
verständlich bleibt es aber, dass sie mit den Fulbe in Westafrika
in Verbindung gesetzt werden konnten. Unmittelbar durch körper-
liche Merkmale, Sprache und Sitten reihen sich die Berthâtneger
an die Fundjstämme an 2).

Es möchte manchem verfrüht erscheinen, jetzt schon zu
untersuchen, in welchem Maasse die wagrechte und senkrechte
Gliederung Afrika’s seinen Bevölkerungen zum Segen oder zum
Verhängniss gereicht habe, da jener Welttheil immer noch grosse
Räume uns verbirgt, über die uns alle Kenntnisse fehlen.
Allmählig ist indessen das völlig unbekannte Afrika auf einen
etwa kreistörmigen Raum zusammengeschrumpft mit dem Aequator
als Durchmesser, der sich, je nachdem man streng oder milde
rechnet, auf ein Gebiet von 66,000 oder 56,000 deutschen Quadr.
Meilen beschränkt. Australien mit den Küsteninseln erstreckt sich
über eine Fläche von 138,529 Quadr.-Meilen, so dass also die afri-
kanische terra incognita dem Raume nach noch nicht der Hälfte
jenes Weltheils gleichkommt. Afrika selbst wird mit 543,570 Quadr.-
Meilen berechnet, wovon 11,000 für die zugehörigen Inseln abzu-
ziehen sind, der unbekannte Kern bildet also etwas mehr als 1/9
oder 1/10 des Festlandes, je nachdem zuvor reichlich oder knapp
gemessen worden war. Dieser Hohlraum unserer Kenntnisse ver-
mag des Unerwarteten noch vieles einzuschliessen, hohe Tafel-
länder vielleicht oder Schneegebirge, Seen bis zur Grösse des
kaspischen Meeres, oder Ströme, die ein geschlossenes Binnen-
system bilden. Es kann dort zu den bereits bekannten afrikanischen
Racen noch eine neue entdeckt werden, die entweder gar nichts
mit den übrigen gemeinsam hätte, oder die vielleicht als ein ver-
sprengtes anthropologisches Bruchstück sei es mit Nordafrikanern,
sei es mit der südlichen Hottentottenfamilie eine gemeinsame Ab-
kunft verriethe. Endlich wäre es nicht ausgeschlossen, dass in
jenem verschleierten Innern auf einem Hochlande sich eine afri-
kanische Cultur entwickelt hätte von gleichem gesellschaftlichen

1) Hartmann, Nilländer. S. 291. E. Rüppell, Reisen in Nubien.
Frankfurt 1829. S. 153.
2) Hartmann a. a. O. S. 283.
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[505/0523] Die Neger. schliessen, nur dass sie noch negerhafter als Dolichocephalen mit sehr stark gekräuseltem Haare sich darstellen 1). Gänzlich un- verständlich bleibt es aber, dass sie mit den Fulbe in Westafrika in Verbindung gesetzt werden konnten. Unmittelbar durch körper- liche Merkmale, Sprache und Sitten reihen sich die Berthâtneger an die Fundjstämme an 2). Es möchte manchem verfrüht erscheinen, jetzt schon zu untersuchen, in welchem Maasse die wagrechte und senkrechte Gliederung Afrika’s seinen Bevölkerungen zum Segen oder zum Verhängniss gereicht habe, da jener Welttheil immer noch grosse Räume uns verbirgt, über die uns alle Kenntnisse fehlen. Allmählig ist indessen das völlig unbekannte Afrika auf einen etwa kreistörmigen Raum zusammengeschrumpft mit dem Aequator als Durchmesser, der sich, je nachdem man streng oder milde rechnet, auf ein Gebiet von 66,000 oder 56,000 deutschen Quadr. Meilen beschränkt. Australien mit den Küsteninseln erstreckt sich über eine Fläche von 138,529 Quadr.-Meilen, so dass also die afri- kanische terra incognita dem Raume nach noch nicht der Hälfte jenes Weltheils gleichkommt. Afrika selbst wird mit 543,570 Quadr.- Meilen berechnet, wovon 11,000 für die zugehörigen Inseln abzu- ziehen sind, der unbekannte Kern bildet also etwas mehr als 1/9 oder 1/10 des Festlandes, je nachdem zuvor reichlich oder knapp gemessen worden war. Dieser Hohlraum unserer Kenntnisse ver- mag des Unerwarteten noch vieles einzuschliessen, hohe Tafel- länder vielleicht oder Schneegebirge, Seen bis zur Grösse des kaspischen Meeres, oder Ströme, die ein geschlossenes Binnen- system bilden. Es kann dort zu den bereits bekannten afrikanischen Racen noch eine neue entdeckt werden, die entweder gar nichts mit den übrigen gemeinsam hätte, oder die vielleicht als ein ver- sprengtes anthropologisches Bruchstück sei es mit Nordafrikanern, sei es mit der südlichen Hottentottenfamilie eine gemeinsame Ab- kunft verriethe. Endlich wäre es nicht ausgeschlossen, dass in jenem verschleierten Innern auf einem Hochlande sich eine afri- kanische Cultur entwickelt hätte von gleichem gesellschaftlichen 1) Hartmann, Nilländer. S. 291. E. Rüppell, Reisen in Nubien. Frankfurt 1829. S. 153. 2) Hartmann a. a. O. S. 283.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/523>, abgerufen am 23.12.2024.