Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.Die mittelländische Race. nen wir noch immer die Altägypter bei ihren Tagewerken belau-schen. Die Backsteine werden, wie noch heutigen Tages in For- men gestrichen, in die Mauern Thüren eingesetzt, die sich in senk- rechten Angeln drehen und mit Riegeln verschlossen werden. Im Innern der Wohngebäude erkennen wir alte Bekannte in den Hausgeräthen wieder, den grossväterlichen Lehnstuhl, sowie den Feldstuhl der sich in Form eines griechischen Kreuzes auseinan- der klappen lässt. Dort drehen die Frauen die Spindel, ander- wärts wird ihr Gespinnst zu gestreiftem oder gewürfeltem Zeuge verwebt. Treten wir in eine Schreinerwerkstatt, so führen Meister und Gesellen Beile, Holzhämmer, Handsägen, Meisel, Glätteisen und Drillbohrer1). Was dort zusammengesetzt wird, bestreicht mit Firniss ein andrer Handwerksmann und in seiner Hand erkennen wir den breiten Pinsel, wie ihn noch jetzt unsere Bürstenbinder feil halten. Gehen wir weiter zu einem Goldschmied, so finden wir bei ihm nicht blos Feilen und Zangen von allen Sorten, sondern auch mit Erstaunen das Löthrohr2), nur der Blasbalg, der mit Füssen getreten wird, ist der Verbesserung sehr bedürftig. Steigen wir in die Keller hinab, so gewahren wir, wie Küfer, bekannt mit der Heberbewegung durch gebogene Röhren Flüssigkeiten aus einem Gefässe in das andere abrinnen lassen3). Ohne Zweifel handelt es sich um Wein, denn der Rebstock wurde im alten Reiche eingeführt, im neuen fleissig gebaut und hielt sich selbst nach dem Eindringen des Islam noch im Fayaum, wo er erst unlängst in Folge der Traubenseuche verschwand4). Wir be- lauschen weiter im Frauengemach ägyptische Damen, die vor einem Metallspiegel ihr Haar mit einem hölzernen Kamm ord- nen, bemerken auch, dass schon für Perrücken und falschen Haarschmuck gesorgt ist. Am Nil selbst gewahren wir Fischer, die ihre Schleppnetze auswerfen, genau so wie wir es daheim ge- sehen haben. Ist das Glück uns günstig, so kommen wir gerade rechtzeitig zu einem Fest, bei dem sich die Fischer mit Stangen 1) Brugsch, Gräberwelt. S. 24. 2) Wilkinson, Manners and customs of the ancient Egyptians. London 1837. tom. III, p. 224. fig. 375. 3) Wilkinson l. c. p. 341. Das Denkmal gehört der Zeit von 1450 v. Chr. an. 4) R. Roesler im Ausland 1867. S. 776.
Die mittelländische Race. nen wir noch immer die Altägypter bei ihren Tagewerken belau-schen. Die Backsteine werden, wie noch heutigen Tages in For- men gestrichen, in die Mauern Thüren eingesetzt, die sich in senk- rechten Angeln drehen und mit Riegeln verschlossen werden. Im Innern der Wohngebäude erkennen wir alte Bekannte in den Hausgeräthen wieder, den grossväterlichen Lehnstuhl, sowie den Feldstuhl der sich in Form eines griechischen Kreuzes auseinan- der klappen lässt. Dort drehen die Frauen die Spindel, ander- wärts wird ihr Gespinnst zu gestreiftem oder gewürfeltem Zeuge verwebt. Treten wir in eine Schreinerwerkstatt, so führen Meister und Gesellen Beile, Holzhämmer, Handsägen, Meisel, Glätteisen und Drillbohrer1). Was dort zusammengesetzt wird, bestreicht mit Firniss ein andrer Handwerksmann und in seiner Hand erkennen wir den breiten Pinsel, wie ihn noch jetzt unsere Bürstenbinder feil halten. Gehen wir weiter zu einem Goldschmied, so finden wir bei ihm nicht blos Feilen und Zangen von allen Sorten, sondern auch mit Erstaunen das Löthrohr2), nur der Blasbalg, der mit Füssen getreten wird, ist der Verbesserung sehr bedürftig. Steigen wir in die Keller hinab, so gewahren wir, wie Küfer, bekannt mit der Heberbewegung durch gebogene Röhren Flüssigkeiten aus einem Gefässe in das andere abrinnen lassen3). Ohne Zweifel handelt es sich um Wein, denn der Rebstock wurde im alten Reiche eingeführt, im neuen fleissig gebaut und hielt sich selbst nach dem Eindringen des Islam noch im Fayûm, wo er erst unlängst in Folge der Traubenseuche verschwand4). Wir be- lauschen weiter im Frauengemach ägyptische Damen, die vor einem Metallspiegel ihr Haar mit einem hölzernen Kamm ord- nen, bemerken auch, dass schon für Perrücken und falschen Haarschmuck gesorgt ist. Am Nil selbst gewahren wir Fischer, die ihre Schleppnetze auswerfen, genau so wie wir es daheim ge- sehen haben. Ist das Glück uns günstig, so kommen wir gerade rechtzeitig zu einem Fest, bei dem sich die Fischer mit Stangen 1) Brugsch, Gräberwelt. S. 24. 2) Wilkinson, Manners and customs of the ancient Egyptians. London 1837. tom. III, p. 224. fig. 375. 3) Wilkinson l. c. p. 341. Das Denkmal gehört der Zeit von 1450 v. Chr. an. 4) R. Roesler im Ausland 1867. S. 776.
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Die mittelländische Race.
nen wir noch immer die Altägypter bei ihren Tagewerken belau-
schen. Die Backsteine werden, wie noch heutigen Tages in For-
men gestrichen, in die Mauern Thüren eingesetzt, die sich in senk-
rechten Angeln drehen und mit Riegeln verschlossen werden. Im
Innern der Wohngebäude erkennen wir alte Bekannte in den
Hausgeräthen wieder, den grossväterlichen Lehnstuhl, sowie den
Feldstuhl der sich in Form eines griechischen Kreuzes auseinan-
der klappen lässt. Dort drehen die Frauen die Spindel, ander-
wärts wird ihr Gespinnst zu gestreiftem oder gewürfeltem Zeuge
verwebt. Treten wir in eine Schreinerwerkstatt, so führen
Meister und Gesellen Beile, Holzhämmer, Handsägen, Meisel,
Glätteisen und Drillbohrer 1). Was dort zusammengesetzt wird,
bestreicht mit Firniss ein andrer Handwerksmann und in seiner
Hand erkennen wir den breiten Pinsel, wie ihn noch jetzt unsere
Bürstenbinder feil halten. Gehen wir weiter zu einem Goldschmied,
so finden wir bei ihm nicht blos Feilen und Zangen von allen
Sorten, sondern auch mit Erstaunen das Löthrohr 2), nur der
Blasbalg, der mit Füssen getreten wird, ist der Verbesserung sehr
bedürftig. Steigen wir in die Keller hinab, so gewahren wir, wie
Küfer, bekannt mit der Heberbewegung durch gebogene Röhren
Flüssigkeiten aus einem Gefässe in das andere abrinnen lassen 3).
Ohne Zweifel handelt es sich um Wein, denn der Rebstock wurde
im alten Reiche eingeführt, im neuen fleissig gebaut und hielt
sich selbst nach dem Eindringen des Islam noch im Fayûm, wo
er erst unlängst in Folge der Traubenseuche verschwand 4). Wir be-
lauschen weiter im Frauengemach ägyptische Damen, die vor
einem Metallspiegel ihr Haar mit einem hölzernen Kamm ord-
nen, bemerken auch, dass schon für Perrücken und falschen
Haarschmuck gesorgt ist. Am Nil selbst gewahren wir Fischer,
die ihre Schleppnetze auswerfen, genau so wie wir es daheim ge-
sehen haben. Ist das Glück uns günstig, so kommen wir gerade
rechtzeitig zu einem Fest, bei dem sich die Fischer mit Stangen
1) Brugsch, Gräberwelt. S. 24.
2) Wilkinson, Manners and customs of the ancient Egyptians. London
1837. tom. III, p. 224. fig. 375.
3) Wilkinson l. c. p. 341. Das Denkmal gehört der Zeit von 1450
v. Chr. an.
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