Vogt. Und du spielst denn noch beym Pfar- rer den Frommen --
Marx. Um Gottes willen! sag's doch Nie- mand.
Vogt. Das ist doch hündisch -- du Heiliger, ja du Ketzer! Hörst du, das bist du, ein Ketzer! Denn so macht es kein Mensch. Du hast dem Pfaffen den Schlaghandel die vorige Woche auch erzählt. Kein Mensch als du. Du giengst eben um 12 Uhr, da es geschah, von einer frommen Fresseten heim, und neben meinem Haus vorbey.
Marx. Nein, um Gottes willen! glaub doch das nicht. Gott im Himmel weiß, daß es nicht wahr ist.
Vogt. Darfst du auch das sagen!
Marx. Weiß Gott, es ist nicht wahr. Vogt! ich wollte, daß ich nicht mehr hier vom Platze kä- me, wenn's wahr ist.
Vogt. Marx! darfst du das, was du jezt sagst, vor meinen Augen dem Pfarrer unter die Nase sagen? Ich weiß mehr, als du glaubst.
Der Marx stotterte -- ich weiß -- ich möch- te -- ich ha -- -- habe nicht davon angefangen.
So einen Hund und einen Lügner, wie du bist, habe ich in meinem Leben keinen gesehen. Wir kennen jezt einander, sagte der Vogt, gieng und erzählte alles in eben der Stunde des Pfarrers Kö- chinn, die sich denn fast zu Tode lachte ob dem from-
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Vogt. Und du ſpielſt denn noch beym Pfar- rer den Frommen —
Marx. Um Gottes willen! ſag’s doch Nie- mand.
Vogt. Das iſt doch huͤndiſch — du Heiliger, ja du Ketzer! Hoͤrſt du, das biſt du, ein Ketzer! Denn ſo macht es kein Menſch. Du haſt dem Pfaffen den Schlaghandel die vorige Woche auch erzaͤhlt. Kein Menſch als du. Du giengſt eben um 12 Uhr, da es geſchah, von einer frommen Freſſeten heim, und neben meinem Haus vorbey.
Marx. Nein, um Gottes willen! glaub doch das nicht. Gott im Himmel weiß, daß es nicht wahr iſt.
Vogt. Darfſt du auch das ſagen!
Marx. Weiß Gott, es iſt nicht wahr. Vogt! ich wollte, daß ich nicht mehr hier vom Platze kaͤ- me, wenn’s wahr iſt.
Vogt. Marx! darfſt du das, was du jezt ſagſt, vor meinen Augen dem Pfarrer unter die Naſe ſagen? Ich weiß mehr, als du glaubſt.
Der Marx ſtotterte — ich weiß — ich moͤch- te — ich ha — — habe nicht davon angefangen.
So einen Hund und einen Luͤgner, wie du biſt, habe ich in meinem Leben keinen geſehen. Wir kennen jezt einander, ſagte der Vogt, gieng und erzaͤhlte alles in eben der Stunde des Pfarrers Koͤ- chinn, die ſich denn faſt zu Tode lachte ob dem from-
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Vogt. Und du ſpielſt denn noch beym Pfar-
rer den Frommen —
Marx. Um Gottes willen! ſag’s doch Nie-
mand.
Vogt. Das iſt doch huͤndiſch — du Heiliger,
ja du Ketzer! Hoͤrſt du, das biſt du, ein Ketzer! Denn
ſo macht es kein Menſch. Du haſt dem Pfaffen
den Schlaghandel die vorige Woche auch erzaͤhlt.
Kein Menſch als du. Du giengſt eben um 12 Uhr,
da es geſchah, von einer frommen Freſſeten heim,
und neben meinem Haus vorbey.
Marx. Nein, um Gottes willen! glaub doch
das nicht. Gott im Himmel weiß, daß es nicht
wahr iſt.
Vogt. Darfſt du auch das ſagen!
Marx. Weiß Gott, es iſt nicht wahr. Vogt!
ich wollte, daß ich nicht mehr hier vom Platze kaͤ-
me, wenn’s wahr iſt.
Vogt. Marx! darfſt du das, was du jezt
ſagſt, vor meinen Augen dem Pfarrer unter die
Naſe ſagen? Ich weiß mehr, als du glaubſt.
Der Marx ſtotterte — ich weiß — ich moͤch-
te — ich ha — — habe nicht davon angefangen.
So einen Hund und einen Luͤgner, wie du biſt,
habe ich in meinem Leben keinen geſehen. Wir
kennen jezt einander, ſagte der Vogt, gieng und
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/162>, abgerufen am 16.07.2024.
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