jezt bey den Kindern Trübsal bliesen, wie die eine das Betbuch nähme -- die andere einen Krug Wein in Spreuer oder in Strohsack verberge; auch von ihren Buben und Mädchen, wie eines dem Vater helfe die Mutter betriegen, und ein anderes der Mutter helfe den Vater erwischen; und wie sie es als Buben auch so gemacht hätten und noch viel schlimmer. Dann kamen sie auf den armen Uli, der über etlichen solchen Narrenpossen ertappt worden, und elendiglich umgekommen wäre, am Galgen; wie er aber andächtig gebetet hätte, und gewiß selig gestorben wäre; nachdem er, wie man wohl wis- se, nicht das Halbe bekennet habe, aber doch um des unchnistlichen Pfarrers willen hätte ins Gras beissen müssen.
Sie waren eben an dieser Geschichte und an des Pfarrers Bosheit, als die Vögtinn ihrem Mann winkte, daß er heraus käme.
Wart, bis die Geschichte mit dem Gehängten vorüber ist, war seine Antwort. Sie aber sagt' ihm leise ins Ohr: Der Joseph ist da. Er antworte- te: Versteck ihn, ich will bald kommen.
Der Joseph hatte sich in die Küche geschlichen. Es war aber so viel Volk im Haus, daß die Vög- tiun befürchtete, man sehe ihn da.
Sie löschte das Licht aus, und sagte ihm: Joseph! ziehe deine Schuhe ab, und schleich mir
nach
jezt bey den Kindern Truͤbſal blieſen, wie die eine das Betbuch naͤhme — die andere einen Krug Wein in Spreuer oder in Strohſack verberge; auch von ihren Buben und Maͤdchen, wie eines dem Vater helfe die Mutter betriegen, und ein anderes der Mutter helfe den Vater erwiſchen; und wie ſie es als Buben auch ſo gemacht haͤtten und noch viel ſchlimmer. Dann kamen ſie auf den armen Uli, der uͤber etlichen ſolchen Narrenpoſſen ertappt worden, und elendiglich umgekommen waͤre, am Galgen; wie er aber andaͤchtig gebetet haͤtte, und gewiß ſelig geſtorben waͤre; nachdem er, wie man wohl wiſ- ſe, nicht das Halbe bekennet habe, aber doch um des unchniſtlichen Pfarrers willen haͤtte ins Gras beiſſen muͤſſen.
Sie waren eben an dieſer Geſchichte und an des Pfarrers Bosheit, als die Voͤgtinn ihrem Mann winkte, daß er heraus kaͤme.
Wart, bis die Geſchichte mit dem Gehaͤngten voruͤber iſt, war ſeine Antwort. Sie aber ſagt’ ihm leiſe ins Ohr: Der Joſeph iſt da. Er antworte- te: Verſteck ihn, ich will bald kommen.
Der Joſeph hatte ſich in die Kuͤche geſchlichen. Es war aber ſo viel Volk im Haus, daß die Voͤg- tiun befuͤrchtete, man ſehe ihn da.
Sie loͤſchte das Licht aus, und ſagte ihm: Joſeph! ziehe deine Schuhe ab, und ſchleich mir
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jezt bey den Kindern Truͤbſal blieſen, wie die eine
das Betbuch naͤhme — die andere einen Krug Wein
in Spreuer oder in Strohſack verberge; auch
von ihren Buben und Maͤdchen, wie eines dem
Vater helfe die Mutter betriegen, und ein anderes
der Mutter helfe den Vater erwiſchen; und wie ſie
es als Buben auch ſo gemacht haͤtten und noch viel
ſchlimmer. Dann kamen ſie auf den armen Uli, der
uͤber etlichen ſolchen Narrenpoſſen ertappt worden,
und elendiglich umgekommen waͤre, am Galgen;
wie er aber andaͤchtig gebetet haͤtte, und gewiß
ſelig geſtorben waͤre; nachdem er, wie man wohl wiſ-
ſe, nicht das Halbe bekennet habe, aber doch um
des unchniſtlichen Pfarrers willen haͤtte ins Gras
beiſſen muͤſſen.
Sie waren eben an dieſer Geſchichte und an des
Pfarrers Bosheit, als die Voͤgtinn ihrem Mann
winkte, daß er heraus kaͤme.
Wart, bis die Geſchichte mit dem Gehaͤngten
voruͤber iſt, war ſeine Antwort. Sie aber ſagt’ ihm
leiſe ins Ohr: Der Joſeph iſt da. Er antworte-
te: Verſteck ihn, ich will bald kommen.
Der Joſeph hatte ſich in die Kuͤche geſchlichen.
Es war aber ſo viel Volk im Haus, daß die Voͤg-
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Sie loͤſchte das Licht aus, und ſagte ihm:
Joſeph! ziehe deine Schuhe ab, und ſchleich mir
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/183>, abgerufen am 24.11.2024.
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