Bang und beklemmt in seinem Herzen, gieng der Vogt auch fort. Dieser Schlag hatte ihn so verwirrt, daß er die Leute, neben denen er durch die Laube und die Stiege hinunter vorbey gieng, nicht sah und nicht kannte. So, fast seiner selber nicht bewußt, kam er bis unten an die Schloßhalde zum alten dichtstämmigen Nußbaum, da steht er dann wieder still, und sagt zu sich selber: Ich muß Athem holen -- wie mir das Herz klopft -- ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht -- ohne einzu- treten in eine Klage -- ohne etwas auf mich zu beweisen -- bloß weil's ihm so beliebt -- -- -- soll ich nicht Vogt seyn oder nicht Wirth -- -- -- das ist über alle Grenzen -- -- -- kann er mich dazu zwingen -- ich glaub's nicht -- -- -- Den Mantel kann er mir ohne Klage nicht nehmen -- und das Wirthrecht ist gekauft -- aber wenn er sucht -- wenn er öffentlich Klage sucht, er findet was er will -- Von allen den verdammten Buben, denen ich diente, ist mir keiner, kein einziger treu. *) Was soll ich jezt machen -- vierzehn Tage ist end-
lich
*) Warum doch? Rathet, Kinder!
§. 57. Wie er ſich gebehrdet.
Bang und beklemmt in ſeinem Herzen, gieng der Vogt auch fort. Dieſer Schlag hatte ihn ſo verwirrt, daß er die Leute, neben denen er durch die Laube und die Stiege hinunter vorbey gieng, nicht ſah und nicht kannte. So, faſt ſeiner ſelber nicht bewußt, kam er bis unten an die Schloßhalde zum alten dichtſtaͤmmigen Nußbaum, da ſteht er dann wieder ſtill, und ſagt zu ſich ſelber: Ich muß Athem holen — wie mir das Herz klopft — ich weiß nicht, wo mir der Kopf ſteht — ohne einzu- treten in eine Klage — ohne etwas auf mich zu beweiſen — bloß weil’s ihm ſo beliebt — — — ſoll ich nicht Vogt ſeyn oder nicht Wirth — — — das iſt uͤber alle Grenzen — — — kann er mich dazu zwingen — ich glaub’s nicht — — — Den Mantel kann er mir ohne Klage nicht nehmen — und das Wirthrecht iſt gekauft — aber wenn er ſucht — wenn er oͤffentlich Klage ſucht, er findet was er will — Von allen den verdammten Buben, denen ich diente, iſt mir keiner, kein einziger treu. *) Was ſoll ich jezt machen — vierzehn Tage iſt end-
lich
*) Warum doch? Rathet, Kinder!
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0287"n="262"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>§. 57.<lb/><hirendition="#b">Wie er ſich gebehrdet.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">B</hi>ang und beklemmt in ſeinem Herzen, gieng<lb/>
der Vogt auch fort. Dieſer Schlag hatte ihn ſo<lb/>
verwirrt, daß er die Leute, neben denen er durch<lb/>
die Laube und die Stiege hinunter vorbey gieng,<lb/>
nicht ſah und nicht kannte. So, faſt ſeiner ſelber<lb/>
nicht bewußt, kam er bis unten an die Schloßhalde<lb/>
zum alten dichtſtaͤmmigen Nußbaum, da ſteht er<lb/>
dann wieder ſtill, und ſagt zu ſich ſelber: Ich muß<lb/>
Athem holen — wie mir das Herz klopft — ich<lb/>
weiß nicht, wo mir der Kopf ſteht — ohne einzu-<lb/>
treten in eine Klage — ohne etwas auf mich zu<lb/>
beweiſen — bloß weil’s ihm ſo beliebt ———<lb/>ſoll ich nicht Vogt ſeyn oder nicht Wirth ———<lb/>
das iſt uͤber alle Grenzen ——— kann er mich<lb/>
dazu zwingen — ich glaub’s nicht ——— Den<lb/>
Mantel kann er mir ohne Klage nicht nehmen —<lb/>
und das Wirthrecht iſt gekauft — aber wenn er<lb/>ſucht — wenn er oͤffentlich Klage ſucht, er findet<lb/>
was er will — Von allen den verdammten Buben,<lb/>
denen ich diente, iſt mir keiner, kein einziger treu. <noteplace="foot"n="*)">Warum doch? Rathet, Kinder!</note><lb/>
Was ſoll ich jezt machen — vierzehn Tage iſt end-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">lich</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[262/0287]
§. 57.
Wie er ſich gebehrdet.
Bang und beklemmt in ſeinem Herzen, gieng
der Vogt auch fort. Dieſer Schlag hatte ihn ſo
verwirrt, daß er die Leute, neben denen er durch
die Laube und die Stiege hinunter vorbey gieng,
nicht ſah und nicht kannte. So, faſt ſeiner ſelber
nicht bewußt, kam er bis unten an die Schloßhalde
zum alten dichtſtaͤmmigen Nußbaum, da ſteht er
dann wieder ſtill, und ſagt zu ſich ſelber: Ich muß
Athem holen — wie mir das Herz klopft — ich
weiß nicht, wo mir der Kopf ſteht — ohne einzu-
treten in eine Klage — ohne etwas auf mich zu
beweiſen — bloß weil’s ihm ſo beliebt — — —
ſoll ich nicht Vogt ſeyn oder nicht Wirth — — —
das iſt uͤber alle Grenzen — — — kann er mich
dazu zwingen — ich glaub’s nicht — — — Den
Mantel kann er mir ohne Klage nicht nehmen —
und das Wirthrecht iſt gekauft — aber wenn er
ſucht — wenn er oͤffentlich Klage ſucht, er findet
was er will — Von allen den verdammten Buben,
denen ich diente, iſt mir keiner, kein einziger treu. *)
Was ſoll ich jezt machen — vierzehn Tage iſt end-
lich
*) Warum doch? Rathet, Kinder!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/287>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.