Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Hierauf entstuhnd ein Gemurmel. Einige Bauern
sagten unter sich: Man muß sich doch in Acht neh-
men, was man verspricht.

Andere Bauern auch unter sich: Er kann das
so wenig beweisen, als daß der Teufel in Himmel
kömmt.

Wieder andere Bauern auch unter sich: Wir
haben nichts zu fürchten; er muß hinten abziehen.
Wir wollen daran setzen; er kann's nicht beweisen.

Bauern. (Laut) Ja, Junker! wenn ihr wollt
Wort halten, so redet; wir sind's zufrieden, wenn
ihr das, was ihr gesagt habt, daß ein Mensch das
Gebrüll, so wir gestern gehört haben, gemacht ha-
be; wenn ihr das beweisen könnt, daß es bewiesen
ist, und bewiesen heißt, so wollen wir die Gemeind-
waide theilen; aber sonst gewiß nicht.

Der Junker nimmt ein grosses weisses Schnupf-
tuch, giebt dem Hünerträger das Zeichen, und sagt
zu den Bauern: Nur eine Viertelstunde Bedenkzeit.

Diese lachten in allen Ecken, und etliche riefen:
Bis morgen, Junker! wenn ihr wollt.

Der Junker antwortete auf diese Grobheit kein
Wort; aber die auf dem Kirchhof, als sie den Hü-
nerträger gegen dem Gemeindplatz anrücken sahn,
lachten, was sie aus dem Halse vermochten.

Es träumte aber den Bauern vom Bösen, als
sie das laute Gelächter hörten, und den fremden

Mann

Hierauf entſtuhnd ein Gemurmel. Einige Bauern
ſagten unter ſich: Man muß ſich doch in Acht neh-
men, was man verſpricht.

Andere Bauern auch unter ſich: Er kann das
ſo wenig beweiſen, als daß der Teufel in Himmel
koͤmmt.

Wieder andere Bauern auch unter ſich: Wir
haben nichts zu fuͤrchten; er muß hinten abziehen.
Wir wollen daran ſetzen; er kann’s nicht beweiſen.

Bauern. (Laut) Ja, Junker! wenn ihr wollt
Wort halten, ſo redet; wir ſind’s zufrieden, wenn
ihr das, was ihr geſagt habt, daß ein Menſch das
Gebruͤll, ſo wir geſtern gehoͤrt haben, gemacht ha-
be; wenn ihr das beweiſen koͤnnt, daß es bewieſen
iſt, und bewieſen heißt, ſo wollen wir die Gemeind-
waide theilen; aber ſonſt gewiß nicht.

Der Junker nimmt ein groſſes weiſſes Schnupf-
tuch, giebt dem Huͤnertraͤger das Zeichen, und ſagt
zu den Bauern: Nur eine Viertelſtunde Bedenkzeit.

Dieſe lachten in allen Ecken, und etliche riefen:
Bis morgen, Junker! wenn ihr wollt.

Der Junker antwortete auf dieſe Grobheit kein
Wort; aber die auf dem Kirchhof, als ſie den Huͤ-
nertraͤger gegen dem Gemeindplatz anruͤcken ſahn,
lachten, was ſie aus dem Halſe vermochten.

Es traͤumte aber den Bauern vom Boͤſen, als
ſie das laute Gelaͤchter hoͤrten, und den fremden

Mann
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <pb facs="#f0381" n="356"/>
        <p>Hierauf ent&#x017F;tuhnd ein Gemurmel. Einige Bauern<lb/>
&#x017F;agten unter &#x017F;ich: Man muß &#x017F;ich doch in Acht neh-<lb/>
men, was man ver&#x017F;pricht.</p><lb/>
        <p>Andere Bauern auch unter &#x017F;ich: Er kann das<lb/>
&#x017F;o wenig bewei&#x017F;en, als daß der Teufel in Himmel<lb/>
ko&#x0364;mmt.</p><lb/>
        <p>Wieder andere Bauern auch unter &#x017F;ich: Wir<lb/>
haben nichts zu fu&#x0364;rchten; er muß hinten abziehen.<lb/>
Wir wollen daran &#x017F;etzen; er kann&#x2019;s nicht bewei&#x017F;en.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Bauern.</hi> (Laut) Ja, Junker! wenn ihr wollt<lb/>
Wort halten, &#x017F;o redet; wir &#x017F;ind&#x2019;s zufrieden, wenn<lb/>
ihr das, was ihr ge&#x017F;agt habt, daß ein Men&#x017F;ch das<lb/>
Gebru&#x0364;ll, &#x017F;o wir ge&#x017F;tern geho&#x0364;rt haben, gemacht ha-<lb/>
be; wenn ihr das bewei&#x017F;en ko&#x0364;nnt, daß es bewie&#x017F;en<lb/>
i&#x017F;t, und bewie&#x017F;en heißt, &#x017F;o wollen wir die Gemeind-<lb/>
waide theilen; aber &#x017F;on&#x017F;t gewiß nicht.</p><lb/>
        <p>Der Junker nimmt ein gro&#x017F;&#x017F;es wei&#x017F;&#x017F;es Schnupf-<lb/>
tuch, giebt dem Hu&#x0364;nertra&#x0364;ger das Zeichen, und &#x017F;agt<lb/>
zu den Bauern: Nur eine Viertel&#x017F;tunde Bedenkzeit.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e lachten in allen Ecken, und etliche riefen:<lb/>
Bis morgen, Junker! wenn ihr wollt.</p><lb/>
        <p>Der Junker antwortete auf die&#x017F;e Grobheit kein<lb/>
Wort; aber die auf dem Kirchhof, als &#x017F;ie den Hu&#x0364;-<lb/>
nertra&#x0364;ger gegen dem Gemeindplatz anru&#x0364;cken &#x017F;ahn,<lb/>
lachten, was &#x017F;ie aus dem Hal&#x017F;e vermochten.</p><lb/>
        <p>Es tra&#x0364;umte aber den Bauern vom Bo&#x0364;&#x017F;en, als<lb/>
&#x017F;ie das laute Gela&#x0364;chter ho&#x0364;rten, und den fremden<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Mann</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[356/0381] Hierauf entſtuhnd ein Gemurmel. Einige Bauern ſagten unter ſich: Man muß ſich doch in Acht neh- men, was man verſpricht. Andere Bauern auch unter ſich: Er kann das ſo wenig beweiſen, als daß der Teufel in Himmel koͤmmt. Wieder andere Bauern auch unter ſich: Wir haben nichts zu fuͤrchten; er muß hinten abziehen. Wir wollen daran ſetzen; er kann’s nicht beweiſen. Bauern. (Laut) Ja, Junker! wenn ihr wollt Wort halten, ſo redet; wir ſind’s zufrieden, wenn ihr das, was ihr geſagt habt, daß ein Menſch das Gebruͤll, ſo wir geſtern gehoͤrt haben, gemacht ha- be; wenn ihr das beweiſen koͤnnt, daß es bewieſen iſt, und bewieſen heißt, ſo wollen wir die Gemeind- waide theilen; aber ſonſt gewiß nicht. Der Junker nimmt ein groſſes weiſſes Schnupf- tuch, giebt dem Huͤnertraͤger das Zeichen, und ſagt zu den Bauern: Nur eine Viertelſtunde Bedenkzeit. Dieſe lachten in allen Ecken, und etliche riefen: Bis morgen, Junker! wenn ihr wollt. Der Junker antwortete auf dieſe Grobheit kein Wort; aber die auf dem Kirchhof, als ſie den Huͤ- nertraͤger gegen dem Gemeindplatz anruͤcken ſahn, lachten, was ſie aus dem Halſe vermochten. Es traͤumte aber den Bauern vom Boͤſen, als ſie das laute Gelaͤchter hoͤrten, und den fremden Mann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/381
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/381>, abgerufen am 22.11.2024.