Der Vogt. Träum ich, oder wach ich? Al- les war Irrthum, und ich muß unter den Galgen -- und ich kann nicht zürnen; es tobet keine Rache in mir, und ich muß unter den Galgen.
So redte ein jedes im allgemeinen Gemurmel seine Sprache nach seiner Empfindung.
Nach einer Weile stand Arner auf, lächelte ge- gen die Nachbaren, und sagte: Wie ist's jezt mit dem heiligen Bettag gegen die fürchterliche Erschei- nung des Teufels auf dem Berg?
Recht thun, und Gott lieben, und Niemand fürchten; das ist der einige, alte und wahre Glaube, und eure Erscheinungen und Gespenstergeschichten sind Dummheiten, die euch Kopf und Herz verder- ben.
Nun ist doch endlich die Vertheilung euers elen- den Waidgangs zu Stande gekommen, und ihr wer- det in kurzen Jahren sehn, wie das euch für Kinder und Kindskinder so nützlich und so gut ausschlagen wird, und wie ich Ursach hatte, diese Sache so ei- frig zu wünschen.
Ich habe befohlen, daß man euch einen Trunk auf das Gemeindhaus bringen soll. Trinkt ihn auf mein Wohlseyn und auf das Wohlseyn eurer vielen Armen, die bey eurer Waidtheilung nichts mehr
be-
Der Vogt. Traͤum ich, oder wach ich? Al- les war Irrthum, und ich muß unter den Galgen — und ich kann nicht zuͤrnen; es tobet keine Rache in mir, und ich muß unter den Galgen.
So redte ein jedes im allgemeinen Gemurmel ſeine Sprache nach ſeiner Empfindung.
Nach einer Weile ſtand Arner auf, laͤchelte ge- gen die Nachbaren, und ſagte: Wie iſt’s jezt mit dem heiligen Bettag gegen die fuͤrchterliche Erſchei- nung des Teufels auf dem Berg?
Recht thun, und Gott lieben, und Niemand fuͤrchten; das iſt der einige, alte und wahre Glaube, und eure Erſcheinungen und Geſpenſtergeſchichten ſind Dummheiten, die euch Kopf und Herz verder- ben.
Nun iſt doch endlich die Vertheilung euers elen- den Waidgangs zu Stande gekommen, und ihr wer- det in kurzen Jahren ſehn, wie das euch fuͤr Kinder und Kindskinder ſo nuͤtzlich und ſo gut ausſchlagen wird, und wie ich Urſach hatte, dieſe Sache ſo ei- frig zu wuͤnſchen.
Ich habe befohlen, daß man euch einen Trunk auf das Gemeindhaus bringen ſoll. Trinkt ihn auf mein Wohlſeyn und auf das Wohlſeyn eurer vielen Armen, die bey eurer Waidtheilung nichts mehr
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Der Vogt. Traͤum ich, oder wach ich? Al-
les war Irrthum, und ich muß unter den Galgen —
und ich kann nicht zuͤrnen; es tobet keine Rache in
mir, und ich muß unter den Galgen.
So redte ein jedes im allgemeinen Gemurmel
ſeine Sprache nach ſeiner Empfindung.
Nach einer Weile ſtand Arner auf, laͤchelte ge-
gen die Nachbaren, und ſagte: Wie iſt’s jezt mit
dem heiligen Bettag gegen die fuͤrchterliche Erſchei-
nung des Teufels auf dem Berg?
Recht thun,
und Gott lieben,
und Niemand fuͤrchten;
das iſt der einige, alte und wahre Glaube, und
eure Erſcheinungen und Geſpenſtergeſchichten ſind
Dummheiten, die euch Kopf und Herz verder-
ben.
Nun iſt doch endlich die Vertheilung euers elen-
den Waidgangs zu Stande gekommen, und ihr wer-
det in kurzen Jahren ſehn, wie das euch fuͤr Kinder
und Kindskinder ſo nuͤtzlich und ſo gut ausſchlagen
wird, und wie ich Urſach hatte, dieſe Sache ſo ei-
frig zu wuͤnſchen.
Ich habe befohlen, daß man euch einen Trunk
auf das Gemeindhaus bringen ſoll. Trinkt ihn auf
mein Wohlſeyn und auf das Wohlſeyn eurer vielen
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/387>, abgerufen am 22.11.2024.
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