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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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begreiffer izt, wohin es langen könne, daß
sie ihre Aussag wieder bestättigen müssen." --

Alles war so betroffen, daß ich wohl sa-
gen kann, von den dikern Bauren hatte kein
einziger seine natürliche Farbe mehr, als
der dikhautige Rabser, und der kathfarbige
Kienast, und auch diesen sah mans am Maul
an, daß sie sich entfärbt hätten, wenn sie
sich jemals hätten entfärben können.

Wenige Augenblike darauf kams dem Einen
in Sinn, er habe sein Schnupftuch verges-
sen, dem Andern sein Tobak, dem Dritten,
er habe nothwendig mit seiner Frau zu re-
den, dem Vierten, er habe etwas herum lie-
gen lassen, das ihm könnte gestohlen wer-
den -- Kurz, es kam einer Menge von ih-
nen zu Sinn, daß sie heim sollten. -- Der
Spekmolk fieng so gar an aus der Nase zu
bluten, damit er heim könne.

Aber der Harschier, der in der Lindengaß
stuhnd, hieß sie alle wieder zurük gehen,
rieth ihnen, Tobak und Schnupftuch bey
den Nachbarn zu entlehnen, und dießmal
das Nasenbluten bey dem Brunnen unter
der Linden zu stillen.

Kurz, sie mußten zurük, und auf ihren
Bänken erwarten, was der Vogt, und der
Waibel, und der Hünerträger und der Mi-

chel

begreiffer izt, wohin es langen koͤnne, daß
ſie ihre Auſſag wieder beſtaͤttigen muͤſſen.“ —

Alles war ſo betroffen, daß ich wohl ſa-
gen kann, von den dikern Bauren hatte kein
einziger ſeine natuͤrliche Farbe mehr, als
der dikhautige Rabſer, und der kathfarbige
Kienaſt, und auch dieſen ſah mans am Maul
an, daß ſie ſich entfaͤrbt haͤtten, wenn ſie
ſich jemals haͤtten entfaͤrben koͤnnen.

Wenige Augenblike darauf kams dem Einen
in Sinn, er habe ſein Schnupftuch vergeſ-
ſen, dem Andern ſein Tobak, dem Dritten,
er habe nothwendig mit ſeiner Frau zu re-
den, dem Vierten, er habe etwas herum lie-
gen laſſen, das ihm koͤnnte geſtohlen wer-
den — Kurz, es kam einer Menge von ih-
nen zu Sinn, daß ſie heim ſollten. — Der
Spekmolk fieng ſo gar an aus der Naſe zu
bluten, damit er heim koͤnne.

Aber der Harſchier, der in der Lindengaß
ſtuhnd, hieß ſie alle wieder zuruͤk gehen,
rieth ihnen, Tobak und Schnupftuch bey
den Nachbarn zu entlehnen, und dießmal
das Naſenbluten bey dem Brunnen unter
der Linden zu ſtillen.

Kurz, ſie mußten zuruͤk, und auf ihren
Baͤnken erwarten, was der Vogt, und der
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[157/0175] begreiffer izt, wohin es langen koͤnne, daß ſie ihre Auſſag wieder beſtaͤttigen muͤſſen.“ — Alles war ſo betroffen, daß ich wohl ſa- gen kann, von den dikern Bauren hatte kein einziger ſeine natuͤrliche Farbe mehr, als der dikhautige Rabſer, und der kathfarbige Kienaſt, und auch dieſen ſah mans am Maul an, daß ſie ſich entfaͤrbt haͤtten, wenn ſie ſich jemals haͤtten entfaͤrben koͤnnen. Wenige Augenblike darauf kams dem Einen in Sinn, er habe ſein Schnupftuch vergeſ- ſen, dem Andern ſein Tobak, dem Dritten, er habe nothwendig mit ſeiner Frau zu re- den, dem Vierten, er habe etwas herum lie- gen laſſen, das ihm koͤnnte geſtohlen wer- den — Kurz, es kam einer Menge von ih- nen zu Sinn, daß ſie heim ſollten. — Der Spekmolk fieng ſo gar an aus der Naſe zu bluten, damit er heim koͤnne. Aber der Harſchier, der in der Lindengaß ſtuhnd, hieß ſie alle wieder zuruͤk gehen, rieth ihnen, Tobak und Schnupftuch bey den Nachbarn zu entlehnen, und dießmal das Naſenbluten bey dem Brunnen unter der Linden zu ſtillen. Kurz, ſie mußten zuruͤk, und auf ihren Baͤnken erwarten, was der Vogt, und der Waibel, und der Huͤnertraͤger und der Mi- chel

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/175>, abgerufen am 21.11.2024.