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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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Rudi. Lohns dir Gott für mich und mei-
ne Kinder!

Gertrud. Rudi! wenn deine Kinder wie
rechte Menschen erzogen werden sollen, so
muß alles bis auf die Schuhbürste hinunter
in eine andre Ordnung kommen: Und wir
wollen izt nicht schwazen, sonder die Händ
in den Taig stoßen; Es muß mir heut,
noch ehe die Sonne untergeht, in der Stu-
be aussehen, daß man sich nicht mehr drin
kennt: -- Tisch -- Fenster -- Boden --
alles muß abgewaschen und erluftet seyn --
Man kann ja nicht einmal Athem schöpfen
-- Und glaub mir, deine Kinder sehen un-
ter anderm auch darum so übel aus, weil so
viel hundertjähriger Mist in der Stube ist:
Es ist ein Unglük, daß deine Frau selig auf
die Lezte auch gar allen Muth verlohren,
und alle Hausordnung ein End hatte: So
arm man ist, so sollte an ihrem Mann und
Kindern noch das thun, was nichts kostet.

Rudi. Die Großmutter hat es ihr tau-
sendmal gesagt; aber sie ist auf die Lezte vor
Jammer worden, wie ein Stok, so daß ich
fast denken muß, es sey für mich und die
Kinder ein Glük gewesen, daß sie gestorben,
wenn sie nicht wieder anderst geworden wäre.
-- Aber, Gertrud! wenn sie es noch er-
lebt hätte, wie es mir izt gegangen, sie wäre

auch

Rudi. Lohns dir Gott fuͤr mich und mei-
ne Kinder!

Gertrud. Rudi! wenn deine Kinder wie
rechte Menſchen erzogen werden ſollen, ſo
muß alles bis auf die Schuhbuͤrſte hinunter
in eine andre Ordnung kommen: Und wir
wollen izt nicht ſchwazen, ſonder die Haͤnd
in den Taig ſtoßen; Es muß mir heut,
noch ehe die Sonne untergeht, in der Stu-
be ausſehen, daß man ſich nicht mehr drin
kennt: — Tiſch — Fenſter — Boden —
alles muß abgewaſchen und erluftet ſeyn —
Man kann ja nicht einmal Athem ſchoͤpfen
— Und glaub mir, deine Kinder ſehen un-
ter anderm auch darum ſo uͤbel aus, weil ſo
viel hundertjaͤhriger Miſt in der Stube iſt:
Es iſt ein Ungluͤk, daß deine Frau ſelig auf
die Lezte auch gar allen Muth verlohren,
und alle Hausordnung ein End hatte: So
arm man iſt, ſo ſollte an ihrem Mann und
Kindern noch das thun, was nichts koſtet.

Rudi. Die Großmutter hat es ihr tau-
ſendmal geſagt; aber ſie iſt auf die Lezte vor
Jammer worden, wie ein Stok, ſo daß ich
faſt denken muß, es ſey fuͤr mich und die
Kinder ein Gluͤk geweſen, daß ſie geſtorben,
wenn ſie nicht wieder anderſt geworden waͤre.
— Aber, Gertrud! wenn ſie es noch er-
lebt haͤtte, wie es mir izt gegangen, ſie waͤre

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[24/0042] Rudi. Lohns dir Gott fuͤr mich und mei- ne Kinder! Gertrud. Rudi! wenn deine Kinder wie rechte Menſchen erzogen werden ſollen, ſo muß alles bis auf die Schuhbuͤrſte hinunter in eine andre Ordnung kommen: Und wir wollen izt nicht ſchwazen, ſonder die Haͤnd in den Taig ſtoßen; Es muß mir heut, noch ehe die Sonne untergeht, in der Stu- be ausſehen, daß man ſich nicht mehr drin kennt: — Tiſch — Fenſter — Boden — alles muß abgewaſchen und erluftet ſeyn — Man kann ja nicht einmal Athem ſchoͤpfen — Und glaub mir, deine Kinder ſehen un- ter anderm auch darum ſo uͤbel aus, weil ſo viel hundertjaͤhriger Miſt in der Stube iſt: Es iſt ein Ungluͤk, daß deine Frau ſelig auf die Lezte auch gar allen Muth verlohren, und alle Hausordnung ein End hatte: So arm man iſt, ſo ſollte an ihrem Mann und Kindern noch das thun, was nichts koſtet. Rudi. Die Großmutter hat es ihr tau- ſendmal geſagt; aber ſie iſt auf die Lezte vor Jammer worden, wie ein Stok, ſo daß ich faſt denken muß, es ſey fuͤr mich und die Kinder ein Gluͤk geweſen, daß ſie geſtorben, wenn ſie nicht wieder anderſt geworden waͤre. — Aber, Gertrud! wenn ſie es noch er- lebt haͤtte, wie es mir izt gegangen, ſie waͤre auch

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/42>, abgerufen am 23.11.2024.