Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

vor den Leuthen, daß du seinethalben nur
lassest mit dir reden.

Meyerin. Schwester verschon mir über
dieses; denn ich muß dir über diesen Punkt
kurz sagen; du bist weder meine Mutter, noch
meine Großmutter. Diese Beyden sind mir in
Gottes Namen gestorben, und ich wüßte gar
nicht woher dir irgend ein Recht zukommen
sollte, dich über diesen Punkt an ihre Statt zu
stellen.

Vögtin. Man darf doch etwa auch noch
ein Wort mit dir reden!

Meyerin. Es ist ein Unterschied mit einem
zu reden, und ein Unterschied grad mit Bettel-
buben zu kommen, und mit Unglüksprophezey-
ungen herumwerfen.

Vögtin. Ha -- du must jezt das nicht so
nehmen; aber ich meyne auch, wenn man könne
das bessere haben, so sollte man nicht das
Schlimmre nehmen, und denn kann ich doch
auch nicht sehen, was du gegen meinen guten
Vetter haben kannst!

Meyerin. Ich hab nichs anders wieder
ihn, als daß mir ein paar Sachen an ihm zu-
wieder sind, die du wohl weissest.

Vögtin. Meynst wieder das Spekessen und
das Mezgen?

Meyerin. Du weist es ja wohl.

Vögtin. Es ist doch auch nicht zu begreif-

vor den Leuthen, daß du ſeinethalben nur
laſſeſt mit dir reden.

Meyerin. Schweſter verſchon mir uͤber
dieſes; denn ich muß dir uͤber dieſen Punkt
kurz ſagen; du biſt weder meine Mutter, noch
meine Großmutter. Dieſe Beyden ſind mir in
Gottes Namen geſtorben, und ich wuͤßte gar
nicht woher dir irgend ein Recht zukommen
ſollte, dich uͤber dieſen Punkt an ihre Statt zu
ſtellen.

Voͤgtin. Man darf doch etwa auch noch
ein Wort mit dir reden!

Meyerin. Es iſt ein Unterſchied mit einem
zu reden, und ein Unterſchied grad mit Bettel-
buben zu kommen, und mit Ungluͤksprophezey-
ungen herumwerfen.

Voͤgtin. Ha — du muſt jezt das nicht ſo
nehmen; aber ich meyne auch, wenn man koͤnne
das beſſere haben, ſo ſollte man nicht das
Schlimmre nehmen, und denn kann ich doch
auch nicht ſehen, was du gegen meinen guten
Vetter haben kannſt!

Meyerin. Ich hab nichs anders wieder
ihn, als daß mir ein paar Sachen an ihm zu-
wieder ſind, die du wohl weiſſeſt.

Voͤgtin. Meynſt wieder das Spekeſſen und
das Mezgen?

Meyerin. Du weiſt es ja wohl.

Voͤgtin. Es iſt doch auch nicht zu begreif-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0216" n="194"/>
vor den Leuthen, daß du &#x017F;einethalben nur<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t mit dir reden.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Meyerin</hi>. Schwe&#x017F;ter ver&#x017F;chon mir u&#x0364;ber<lb/>
die&#x017F;es; denn ich muß dir u&#x0364;ber die&#x017F;en Punkt<lb/>
kurz &#x017F;agen; du bi&#x017F;t weder meine Mutter, noch<lb/>
meine Großmutter. Die&#x017F;e Beyden &#x017F;ind mir in<lb/>
Gottes Namen ge&#x017F;torben, und ich wu&#x0364;ßte gar<lb/>
nicht woher dir irgend ein Recht zukommen<lb/>
&#x017F;ollte, dich u&#x0364;ber die&#x017F;en Punkt an ihre Statt zu<lb/>
&#x017F;tellen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Vo&#x0364;gtin</hi>. Man darf doch etwa auch noch<lb/>
ein Wort mit dir reden!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Meyerin</hi>. Es i&#x017F;t ein Unter&#x017F;chied mit einem<lb/>
zu reden, und ein Unter&#x017F;chied grad mit Bettel-<lb/>
buben zu kommen, und mit Unglu&#x0364;ksprophezey-<lb/>
ungen herumwerfen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Vo&#x0364;gtin</hi>. Ha &#x2014; du mu&#x017F;t jezt das nicht &#x017F;o<lb/>
nehmen; aber ich meyne auch, wenn man ko&#x0364;nne<lb/>
das be&#x017F;&#x017F;ere haben, &#x017F;o &#x017F;ollte man nicht das<lb/>
Schlimmre nehmen, und denn kann ich doch<lb/>
auch nicht &#x017F;ehen, was du gegen meinen guten<lb/>
Vetter haben kann&#x017F;t!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Meyerin</hi>. Ich hab nichs anders wieder<lb/>
ihn, als daß mir ein paar Sachen an ihm zu-<lb/>
wieder &#x017F;ind, die du wohl wei&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Vo&#x0364;gtin</hi>. Meyn&#x017F;t wieder das Speke&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
das Mezgen?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Meyerin</hi>. Du wei&#x017F;t es ja wohl.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Vo&#x0364;gtin</hi>. Es i&#x017F;t doch auch nicht zu begreif-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0216] vor den Leuthen, daß du ſeinethalben nur laſſeſt mit dir reden. Meyerin. Schweſter verſchon mir uͤber dieſes; denn ich muß dir uͤber dieſen Punkt kurz ſagen; du biſt weder meine Mutter, noch meine Großmutter. Dieſe Beyden ſind mir in Gottes Namen geſtorben, und ich wuͤßte gar nicht woher dir irgend ein Recht zukommen ſollte, dich uͤber dieſen Punkt an ihre Statt zu ſtellen. Voͤgtin. Man darf doch etwa auch noch ein Wort mit dir reden! Meyerin. Es iſt ein Unterſchied mit einem zu reden, und ein Unterſchied grad mit Bettel- buben zu kommen, und mit Ungluͤksprophezey- ungen herumwerfen. Voͤgtin. Ha — du muſt jezt das nicht ſo nehmen; aber ich meyne auch, wenn man koͤnne das beſſere haben, ſo ſollte man nicht das Schlimmre nehmen, und denn kann ich doch auch nicht ſehen, was du gegen meinen guten Vetter haben kannſt! Meyerin. Ich hab nichs anders wieder ihn, als daß mir ein paar Sachen an ihm zu- wieder ſind, die du wohl weiſſeſt. Voͤgtin. Meynſt wieder das Spekeſſen und das Mezgen? Meyerin. Du weiſt es ja wohl. Voͤgtin. Es iſt doch auch nicht zu begreif-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/216
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/216>, abgerufen am 27.11.2024.