vor den Leuthen, daß du seinethalben nur lassest mit dir reden.
Meyerin. Schwester verschon mir über dieses; denn ich muß dir über diesen Punkt kurz sagen; du bist weder meine Mutter, noch meine Großmutter. Diese Beyden sind mir in Gottes Namen gestorben, und ich wüßte gar nicht woher dir irgend ein Recht zukommen sollte, dich über diesen Punkt an ihre Statt zu stellen.
Vögtin. Man darf doch etwa auch noch ein Wort mit dir reden!
Meyerin. Es ist ein Unterschied mit einem zu reden, und ein Unterschied grad mit Bettel- buben zu kommen, und mit Unglüksprophezey- ungen herumwerfen.
Vögtin. Ha -- du must jezt das nicht so nehmen; aber ich meyne auch, wenn man könne das bessere haben, so sollte man nicht das Schlimmre nehmen, und denn kann ich doch auch nicht sehen, was du gegen meinen guten Vetter haben kannst!
Meyerin. Ich hab nichs anders wieder ihn, als daß mir ein paar Sachen an ihm zu- wieder sind, die du wohl weissest.
Vögtin. Meynst wieder das Spekessen und das Mezgen?
Meyerin. Du weist es ja wohl.
Vögtin. Es ist doch auch nicht zu begreif-
vor den Leuthen, daß du ſeinethalben nur laſſeſt mit dir reden.
Meyerin. Schweſter verſchon mir uͤber dieſes; denn ich muß dir uͤber dieſen Punkt kurz ſagen; du biſt weder meine Mutter, noch meine Großmutter. Dieſe Beyden ſind mir in Gottes Namen geſtorben, und ich wuͤßte gar nicht woher dir irgend ein Recht zukommen ſollte, dich uͤber dieſen Punkt an ihre Statt zu ſtellen.
Voͤgtin. Man darf doch etwa auch noch ein Wort mit dir reden!
Meyerin. Es iſt ein Unterſchied mit einem zu reden, und ein Unterſchied grad mit Bettel- buben zu kommen, und mit Ungluͤksprophezey- ungen herumwerfen.
Voͤgtin. Ha — du muſt jezt das nicht ſo nehmen; aber ich meyne auch, wenn man koͤnne das beſſere haben, ſo ſollte man nicht das Schlimmre nehmen, und denn kann ich doch auch nicht ſehen, was du gegen meinen guten Vetter haben kannſt!
Meyerin. Ich hab nichs anders wieder ihn, als daß mir ein paar Sachen an ihm zu- wieder ſind, die du wohl weiſſeſt.
Voͤgtin. Meynſt wieder das Spekeſſen und das Mezgen?
Meyerin. Du weiſt es ja wohl.
Voͤgtin. Es iſt doch auch nicht zu begreif-
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vor den Leuthen, daß du ſeinethalben nur
laſſeſt mit dir reden.
Meyerin. Schweſter verſchon mir uͤber
dieſes; denn ich muß dir uͤber dieſen Punkt
kurz ſagen; du biſt weder meine Mutter, noch
meine Großmutter. Dieſe Beyden ſind mir in
Gottes Namen geſtorben, und ich wuͤßte gar
nicht woher dir irgend ein Recht zukommen
ſollte, dich uͤber dieſen Punkt an ihre Statt zu
ſtellen.
Voͤgtin. Man darf doch etwa auch noch
ein Wort mit dir reden!
Meyerin. Es iſt ein Unterſchied mit einem
zu reden, und ein Unterſchied grad mit Bettel-
buben zu kommen, und mit Ungluͤksprophezey-
ungen herumwerfen.
Voͤgtin. Ha — du muſt jezt das nicht ſo
nehmen; aber ich meyne auch, wenn man koͤnne
das beſſere haben, ſo ſollte man nicht das
Schlimmre nehmen, und denn kann ich doch
auch nicht ſehen, was du gegen meinen guten
Vetter haben kannſt!
Meyerin. Ich hab nichs anders wieder
ihn, als daß mir ein paar Sachen an ihm zu-
wieder ſind, die du wohl weiſſeſt.
Voͤgtin. Meynſt wieder das Spekeſſen und
das Mezgen?
Meyerin. Du weiſt es ja wohl.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/216>, abgerufen am 27.11.2024.
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